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C-
DIE SAGE
VON
TRISTAN UND ISOLDE.
S T U D I E
ÜBER IHRE
ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG IM MITTELALTER
VON
DR WOLFGANG GOLTHER.
MÜNCHEN 1887.
CHRISTIAN KAISER.
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V
VORWORT.
Die vorliegende abhandlung über die sage "von Tristan und
Isolde wurde im verflossenen winter auf rat des herrn professor
Conrad Hofraann in angriff genommen, es wurde zunächst beab-
sichtigt, sämtliches erreichbare materiai heranzuziehen und das
gegenseitige verhältniss der verschiedenen erhaltenen fassungen
festzustellen, es liessen sich unterscheidende merkmale der beiden
hauptgruppen leicht erkennen und es galt nur mehr deren gründe
klar zu legen, das Thomasgedicht hat in den letzten jähren ver-
schiedene bearbeitungen erfahren und diese frage darf in den
hauptpuncten wenigstens als erledigt gelten, dagegen hat die
Berol- oder Eilhart-version längere zeit keine eingehendere Unter-
suchung mehr erfahren, durch Lichtensteins ausgäbe, wenn man
auch gegen die textconstituirung bedenken erheben kann, ist doch
für die uns hier in erster linie beschäftigenden zwecke der ver-
gleichenden Sagenforschung das notwendige materiai in vollständiger
weise zur band gelegt, so konnte ein ähnlicher versuch, wie er
bereits mit dem Thomasgedicht gemacht wurde, auch mit der
zweiten gruppe unternommen werden, ich bin mir der Schwierig-
keiten dieser aufgäbe wol bewusst, und glaube durchaus nicht zu
ganz unverrückbaren resultaten gelangt zu sein, man hkt hier
vor allem von französischer seite auf neue publicationen, auf das
schaffen einer festen basis, wo wir bisher noch in vielen puncten
auf unsichere grundlage angewiesen waren, zu rechnen, im grossen
ganzen haben wir zwar auf neue entdeckungen nicht mehr zu hoffen,
bereits die älteren forscher, wie Michel in seiner Tristanausgabe
und Hagen im vierten bände der Minnesinger in der abhandlung
über Gottfried von Straösburg haben ziemlich vollständig alles
IV
beigezogen und besprochen, unsere aufgäbe besteht heute darin,
das teilweise noch ganz kritiklos und ungeordnet neben einander
liegende zu sichten und zu ordnen; eine grössere anzahl von
meinungen, welche bei genauerer betrachtung sich als keineswegs
stichhaltig erweisen, deren autorität meistens nur durch die macht
langer gewohnheit gestützt wird, muss aus der litteraturgeschichte
des mittelalters entfernt werden, bei der arbeit musste unwill-
kürlich die frage nach dem Ursprung und dem entstehen der sage
auftauchen, die ganze masse von differirenden zügen der sage
konnte doch unmöglich als jedesmal von neuem aus keltischen
originalen übernommen betrachtet werden, es hält schwer, eine
grenze zu ziehen, wo die sage beginnt, sich als bereits nationale
französische weiter zu entwickeln, das muss aber unstreitig schon
ziemlich früh der fall gewesen sein, an verschiedenen orten waren
treffende bemerkungen zur Tristansage niedergelegt, dieser oder
jener zug als ein der mittelalterlichen novelleu- und märchen-
litteratur entnommener nachgewiesen, ich habe mich bemüht, im
ersten abschnitt alles hierher gehörige zusammenzustellen, die
keltische sage trat dabei aber immer mehr in deu hintergrund,
verschwand fast vollständig, es dürfte namentlich schwer halten,
dasjenige, was man den nationalen geist einer sage nennt, für
keltische entstehung geltend zu machen, abgesehen von dem stoffe,
der nicht keltisch scheint, ist form und geist französisch, wenn
auch mein verfahren vielleicht zu radical erscheinen dürfte, so
wird man doch das eine zugaben müssen, dass dem französischen
dichter eine wichtigere Stellung in der entstehungsgeschichte der
bretonischen sagen einzuräumen ist, als es für gewöhnlich geschieht,
auch das verhältniss zwischen dem höj&schen epos und dessen not-
wendiger grundlage, dem epischen gedichte des roheren Jongleurs
darf einige beachtung beanspruchen.
Als meine arbeit ziemlich abgeschlossen war, kam mir erst
das letzte heft des XV. bandes der Romania zu. es konnte noch
in den anmerkungen verwertet werden, die Tristanfrage ist von
berufenster seite, von Gaston Paris auf die tagesordnung gesetzt,
und wir dürfen auf höchst interessante aufschlüsse hoffen, ich
glaube aber, zur Veröffentlichung meiner studie gerade im gegen-
wärtigen zeitpuncte berechtigt zu sein, in der geschichte der
litteratur des mittelalters ist die deutsche und die französische
forschung innig verwachsen und nur aus einer möglichst voll-
ständigen berücksichtigung der deutschen und franzosischen werke
kann man sichere erkenntniss schöpfen, so hoffe ich, dass bei
den Untersuchungen über die altfranzösischen Tristandichtungen
die vorliegende arbeit nicht ganz unwillkommen sein wird, indem
ja auch sie sich zur aufgäbe macht, aus den deutschen übersetzungs-
werken ein bild der originale zu gewinnen, was bisher in bezug
auf die deutschen dichtungen in dieser hinsieht festgestellt wurde,
wurde verwertet, es ist gleichsam eine skizze, welche wir zur
berichtigung und ausführung denjenigen übergeben, welche die
originale selbst besser zu beurteilen und verstehen vermögen.
Ich habe mich am ende noch darüber zu rechtfertigen, dass
ich einige Seiten text des altfrauzösischen prosaromanes stehen liess,
den ich nach dem mir zugänglichen drucke excerpirte, nachdem
nunmehr^) diese teile correct nach der handschrift edirt sind, es
geschah nur aus äusseren gründen, um mit den vorher benützten
stellen in Übereinstimmung zu bleiben, für welche mir ja eine
correcte handschriftliche lesung nicht zu geböte stand, für die
bequemere orientirung des lesers liess ich die ausserdem nur so
weit als mit Eilhart correspondirend ausgehobenen stücke stehen.
^) im XV. bände der Bomania.
München, juli 1887. .
W. Golther.
INHALTSVERZEICHNISS.
pag.
I. Der Stoff nnd Inhalt der Tristansage 1—29
Einleitende bemerkungen 1—2
Die namen stammen teils aus dem französischen, teils aus
dem keltischen 2—6
Zeugnisse für das bestehen einer sage von Tristan und Isolde,
die aus historischen oder halbhisi^rischen quellen . . . 6—7
aus kymrischen sagen 7, — 10
aus bretonischen sagen 10
aus den Ortsnamen zu entnehmen sind 10 — 11
Das vorhandene keltische material bietet keinerlei irgendwie
beweiskräftige anhaltspuncte für die annähme einer aus-
gebildeten keltischen Tristansage dar . . . . . . . 11
Beziehungen zur keltischen und indogermanischen mythologie 11 — 12
Die sage setzt sich aus einzelnen episoden zusammen ... 13
Der reinigungseid 13 — 15
Tristans drachenkampf 15
Fahrt nach der Jungfrau mit dem goldenen haare . . . . 15 — 16
Eahedin und das zauberkissen 16—17
Die Midasepisode 17
Genovevalegende 17
Tristans Verkleidungen 17 — 18
Kleinere züge 18
Züge, welche sonst im sog. bretonischen Sagenkreise parallelen
haben 18—20
Die episoden und einzelnen scenen, aus denen sich die sage
zusammensetzt, stammen aus der im mittelalter sehr ver-
breiteten, in ihren letzten Ursprüngen nach dem Orient
zurückreichenden novellen- und märchenlitteratur ... 20
Spuren keltisch-bretonischer sagen sind vorhanden, aber sie
sind von untergeordneter, secundärer bedeutung . . . 20—22
Der stand der keltischen litteratur, soweit man sich nach dem
vorhandenen materiale ein urteil zu bilden vermag, lässt
auch nicht mehr erwarten, als wir besten falles vorfinden 22 — 24
VII
Ausserkel tische, germanische elemente der sage .... 24
Antike sagenelemente 24 — 27
' Der schluss der Tristansage, die blumensage 27 — 29
Als resultat ergibt sich, dass man aus der betrachtung des
inhaltes keineswegs auf eine keltische sage schliessen darf 29
II. Die spielmannsTersion der Tristansage 30—100
Die sage erwuchs in Frankreich, bereits um 1150 existirten
zusammenhängende darstellungen 30
Das verhältniss des französischen höfischen kunstdichters zu
seinem stofPe. aus seinen angaben ist zu entnehmen,
dass bereits anderweitige spielraanns-dichtungen seinem
werke vorangegangen waren 30—33
In bezug auf die entstehung und bildung der sage herrscht
ein parallelismus zwischen den epen des national-fran-
zösischen und des bretonischen Sagenkreises 33 — 35
Die lais und die französischen spielleute in ihrem verhältniss
zu ihnen, sie sind teilweise als Übersetzer tätig; die-
selben männer können aber nicht zugleich als dias-
keuasten und cykliker tätig sein 36—39
Nicht alle lais sind notwendig als Übersetzungen aus dem
bretonischen aufzufassen, der lais de Chevrefoil ist keine
Übersetzung aus dem keltischen, sondern ein auf einer
bereits ausgebildeten französischen Tristansage beruhen-
des gedieht 39—41
Die form der lais ist aber wichtig, weil in ihr einzelne epi-
soden erzählt werden 41 — 42
Der versuch der gesamtbearbeitung wurde mehrfach unter-
nommen: Berol- und Thomasversion 42 — 43
Der französische prosaroman:
Handschriften und drucke 43 — 45
Textstellen aus dem romane 46 — 71
Der roman repräsentirt eine version, welche in ihren grund-
zügen zu dem bei Berol, Eilhart, Ulrich von Türheim
und Heinrich von Freiberg überlieferten stimmt . . . 71 — 72
Mit demjenigen, was der roman über seine quellen und
seine entstehung angibt, darf man nicht für die ent-
stehungsgeschichte der sage überhaupt argumentiren.
die angaben sind in der letzterwähnten beziehuhg wert-
los und unglaubhaft 72 — 74
Die von Michel edirten sog. Berol-fragmente sind Überreste
von' Spielmannsdichtungen, in denen die handlung noch
unfertig und im flusse begriffen ist 74 — 78
VIII
pag-
Die stellimg der mittelalterlichen dichter zu ihren quellen
und der wert ihrer angaben 78—80
Berol hat die bereits schriftlich fixirte und namentlich *
aber auch mündlich Überlieferte sage behandelt . . . 80—82
Aus yarianten mehrerer bearbeitungen, welche auTs fran-
zösische zurückführen, geht hervor, dass im französischen
verschiedene fassungen vorhanden waren 82 — 83
Auch aus Eilharts werten darf auf mehrfache versuche von
Tristanversionen im XII. Jahrhundert geschlossen werden 84
Das von Michel im 1. bände edirte fragment (Berol) zerfällt
in zwei hälften, die verschiedenen Ursprunges sind . . 85 — 89
Ein unterschied in der stofflichen anordnung ist in den
verschiedenen bearbeitungen der spielmannsversion zu
constatiren 89—92
Der stil der französischen fragmente 92—95
Ulrich von Türheim, Heinrich von Freiberg und ihre vor-
lagen . . . > 95—97
Der (^chische Tristan 97
Spuren anderer Versionen 98 — 99
Characteristik der spielmannsversion 99—100
III. Die höfische Torsion^ das Thomasgedicht 101—114
Einleitende bemerkungen. der vom spielmann verarbeitete
Stoff wird vom höfischen kunstdichter übernommen . . 101 — 102
Thomas und sein Vorgänger Breri 102 — 107
Principiell« unterschiede zwischen der vorläge des Thomas
und der spielmannsversion in bezug auf stoff und inhalt
sind nicht vorhanden 107 — 109
Des Thomas eigenes dichterisches verdienst und sein stil 109 — 113
In den französischen fragmenten des Thomasgedichtes
(Michel II und III), in der englischen und nordischen
Version und bei Gottfried von Strassburg haben wir
verschiedene redactionen eines und desselben gedichtes
gegenüber den verschiedenartigen bearbeitungen der
spielmannsversion 114
Der Tristan des Chrestien von Troyes 114 — 116
Der Tristanstoff in Norwegen, Island, auf den Feeröem
und in Dänemark 116—124
ERSTES CAPITEL.
Der stofT und Inhalt der Trietansage.
Die sage von Tristan und Isolde hat im Mittelalter wol unter
allen den übrigen beliebten und viel bearbeiteten stoffen die grösste
Verbreitung gefunden, von Frankreich nahm sie ihren ausgangs-
punct, und wurde in die vulgärsprachen teilweise übersetzt, teil-
vreise auch mit mehr oder weniger freiheit bearbeitet, die liebe,
welche mit unbesieglicher macht herrorbrechend alle schranken
zertrümmert, in ihren ewigen kämpfen sich in schuld verwickelt,
endlich zum sühnenden tode führt und damit ihre unüberwindlich-
keit besiegelt, ist ein rein menschliches motiv, das nicht zum
wenigsten dazu beitrug, dass die sage noch mehr als die andern,
welche doch allerlei fremde demente in sich schlössen, überall
anklang fand und uns auch heute nahe steht, es ist von interesse,
dem Stoffe, in den diese in der gemütsweit beruhende dichterische
Schöpfung sich kleidete, soweit als möglich nachzugehen und zu
versuchen, eine darstellung der geschichte vom Ursprung und von
der entwicklung der sage zu entwerfen, es liegt bereits eine
grössere anzahl von einzeluntersuchungen vor, die zum teile vor-
treffliches bieten, auch in den litteraturgeschichten kamen diese
fragen zur erörterung, wurden aber sehr widersprechend und un-
klar beantwortet, die specialarbeiten, wie z. b. die abhandlungen
von Heinzel (z. f. d. a. XIV, pag. 272—447) und von Kölbing
(die nordische und die englische version der Tristansage bd. I
und II) sind auf die fragen nach dem Ursprung als ausserhalb
ihres gebietes liegend nicht eingegangen, den darstellungen, die
vom gesamtgesichtspuncte ausgehen, haftet aber meistens eine ge-
Golther, Tristan. 1
- 2 -
wisse Oberflächlichkeit an, und die resultate, welche sich aus einer
genauen berücksichtigung des materiales gewinnen lassen, werden
darum nicht erreicht, oft auch findet sich eine wertvolle bemer-
kung an einer entfernten stelle niedergelegt, der versuch einer
erneuten darstellung darf somit wol als berechtigt erscheinen.
Unsere frage hängt zusammen mit dem für die litteratur-
und kulturgeschichte gewiss wichtigen probleme, auf welche art
und weise sich der Übergang der keltischen stoffe, des sogenannten
bretonischen Sagenkreises in die französische epische dichtung voll-
zog, auch hier vermisst man eine durchaus befriedigende dar-
stellung. im einzelnen stösst man auf sehr schwankende ansichten,
oft geradezu auf blosse Phantastereien, der bretonische kreis gilt
als von den keltischen bewohnern der Bretagne und Englands
überkommen, das Vorhandensein irgend welcher züge einer sage
im keltischen, vorzugsweise in cymrischen mabinogion, genügt
einer entsprechenden classificirung. vollkommen unklar bleibt das
verhältniss, in welchem grosse meister höfischer dichtkunst, ein
Thomas oder Ghrestien sich dem stoffe ihrer rittergedichte gegen-
über befanden, teilweise betrachtet man die afz. prosaromane, den
angaben ihrer Verfasser folgend, als die ausgangspuncte für die
epischen gedichte, teilweise aber auch sind diese machwerke ihrem
wahren werte nach als späte elaborate erkannt und dem ent-
sprechend beurteilt, gerade die Tristansage bietet in dieser be-
ziehung in den erhaltenen französischen fragmenten und in den
zahlreichen ausländischen bearbeitungen ein material dar, das
vielleicht einen etwas klareren einblick in die verschiedenen stadien
zu eröffnen vermag, bei ihr lä^t sich erkennen, was ursprünglich
wirklich keltisch war, was dann um einen gegebenen mittelpunct
sich krjstallisirte, und wo und unter wessen bänden solches ge-
schah, endlich wie der stoff soweit gedeihen konnte, dass daraus
jene epochemachenden poetischen kunstwerke hervorgiengen, welche
einen mächtigen einfluss auf die gesamte europäische litteratur
auszuüben bestimmt waren.
Die Tristansage nimmt im bretonischen kreise insofern eine
Sonderstellung ein, indem sie selbstständig auftritt und ihre Ver-
bindung mit den sagen von Arthar rein äusserlicher natur ist
und auch erst spät zum Vorschein kommt. Gotfried von Monmouth
— 3 -
erwähnt bei Arthur unserer sage nicht, kein märchen, kein
mabinogi ist überliefert, dass die Tristansage, uns in ähnlicher
gestalt vorführen würde, wie die entsprechenden mabinogion von
Peredur, Owenn etc., wodurch- die annahtne gerechtfertigt schiene,
dass unsere sage ursprünglich als ein product keltischen volks-
geistes aufzufassen wäre, wenn wir uns bestreben, die etwa in
keltischer tradition vorhandenen grundzüge aufzudecken, aus denen
sich Aie sage aufbaute, so ist zunächst das vorhandene material in
bezugauf die ihm beizumessende bedeutung zu untersuchen, hieraus
wird sich am ehesten eruirea lassen, was keltisch ist. zunächst
lassen sich aus den namen Schlüsse ziehen, wobei jedoch darauf
rücksicht zu nehmen ist, dass die "Schreibweise der namen zuweilen
schon in den französischen, noch weit mehr in den auslän-
dischen bearbeitungen ziemlich differirt. Volksetymologie, lautliche
Umgestaltungen können zerstörend eingewirkt haben, so dass die
richtige form nur schwer zu ermitteln ist. über die Variabilität
der form cfr. Leith, on the legend of Tristan, pag. 35, der, obwol
nicht einmal erschöpfend, doch eine recht bunte reihe für Tristan,
Isolde, Marke, Brangaene und Morold verzeichnet, am besten hat
wol Gottfried die frz. namen wiedergegeben. Tristan und Isolde^)
(Essylt im Brut Tysilio) werden als keltische namen aufgefasst. ihre
^) Isolt findet sich bereits in einer Urkunde des 8. Jahrhunderts;
Foerstemann altdeutsches namenbuch l, 804. es ist darum allerdings die
möglichkeit vorhanden, dass wir es hier mit einem ursprünglich germa-
nischen und gar nicht mit einem keltischen namen zu tun haben, nemlich
tswalda = Eiswalterin, wozu die alte form vortrefflich stimmt Isalt; cfr.
Gregor Sarrazin, ztschr. f. vergleichende litteraturgeschichte bd. I, 1887,
pag. 266. der name Isold erscheint ja erst im 12. Jahrhundert in Irland, mit
der sage selbst, er scheint vorher nicht belegt werden zu können, cfr. Hertz
Tristan und Isolde pag. 579. unsere ansieht, dass die sage gar nicht kelt.
Ursprunges ist, wird durch diese mir sehr wahrscheinlich dankende ableitung
des namens sehr gestützt. Über die formen in der afz. Überlieferung cfr.
unten, der Name , Isolt* ist uns in einer Urkunde vom 1. april des Jahres
792 überliefert (Zeuss, traditiones possessionesque Wizenburgenses pag. 199).
femer findet er sich im verbrüderungsbuche von St. Peter ed. Earajan
pag. 53, hier im 10. Jahrhundert eingezeichnet, an beiden stellen bleibt
unsicher, ob wir es mit männlicher oder weiblicher form zu tun haben,
dagegen findet sich im polyptychon St. Remigii ed. Gudrard die form
— 4 —
deutung liegt im dunkeln (cfr. auch Hertz, Tristan u. Isolde pag.542).
Marke^) wird mit dem altgall. marka = pferd in Verbindung gebracht.
Riwalin repräsentirt den aremorischen namen Rigobilinus, der als
Rivelin, Rivilin, Rivilen, Rivelen, Riwelen erscheint (Zeuss gram,
celt.* pag. 87), oder wie Bacmeister, kelt. briefe, Strassb. 1874,
pag. 86 will, Rigovellaunus d. i. königlicher held, cfr. Glück, die
bei Cäsar vorkommenden keltischen namen, München 1857, pag. 2,
164, 178. Rigolin (Gottfried 18878 u. a.) und Rlole (Eilhart
5542 u. o.) sind nur Umgestaltungen desselben namens. Brangaene
ist = Brangwen des cymrischen mabinogi (bei Lady Guest III,
pag. 197), d. h. Weissbrust, im 'selben mabinogi kpmmt ein
irischer held mit namen Matholuch vor, der mit dem Morold des
Tristan in Verbindung stehen soll, die form Morold weisst aller-
dings eher auf deutschen Ursprung, etwa Morwalt zurück. Urgan
ist der name Uryen; Morgan ist ein keltisches resp. cymrisches wort
und bedeutet meeranwohner. Marjado, (Sir Tr. Mefjadok) stimmt
ylsoldus''. der deutschen heldensage ist ebenfalls die männliche form be-
kannt, Isolt ist ein manne Etzels, Grimm heldensage pag. 198. die Zu-
sammensetzungen mit ^is' sind ziemlich hftu6g, cfr. Iso, Isbert, Isger, Is-
man, Ismar, Ismund, Isulf, Isher, Isovin, demin. Isilo, Isikö, fem. Isula;
Isgild, Islind, Isburg, (Foerstemann altd. namenbuch I, pag. 803 ff.);
auch im nord. lassen* sich entsprechende compositionen finden, Isolfr, Israudi*,
lsmä.1. auch die mittelhochdeutsche dichtung kennt den namen, in der
klage kommt die herzogin Isalde vor, Grimm, heldensage pag. 118. man
könnte hier zwar an entlehnung aus der Tristansage denken, doch ist kein
grund dazu vorhanden, die namen, welche wir als Urformen für alle übrigen
ansetzen müssen, lauteten im frz. Isalt, Isolt, Iselt. Isalt und Isolt erklären
sich direct aus Iswalt, das im frz. als Isoalt erschien. Iselt aber kann unter
dem einfluss einer andern ableitung entstanden gedacht werden: Isgildis
(polypt. Irminonis ed. Guärard 72, 257) aus Ishilt, Ishilt aber repräsentirt
sich leicht als Iselt. wenn wir einmal Ysiaut finden = Isialt, so kann
auch hier formübertragung tätig gewesen sein, indem Is- wie ein -i stamm
behandelt wurde z. b. Hildiold (pol. Irm. 231). somit steht der ableitung
des namens aus dem germanischen nichts im wege, zumal ja der name aus
fränkischen Urkunden belegt werden kann, und die erklärung unstreitig
allen andern versuchen vorzuziehen ist.
^) Marc und Marco muss nicht notwendig aus dem keltischen erklärt
werden, da derselbe name auch im deutschen häufig belegt werden kann,
Foerstemann I, pag. 912 ff.
— 5 —
zu dem namen Meriadus^) im lai de Guigemar der Marie de France
vers 692 u. ö. im altfranzösischen prosaromane heisst Isoldes
vater, der könig von Irland Anguis, zuweilen verschrieben Argius.
Hertz pag. 579 hält es ftir eine entstellung aus Hengist; vielleicht
aber repräsentirt dies auch den irischen namen Oengus. bei Gott-
fried hei»ät Isoldes vater Gurmun. diese persönlichkeit stammt
natürlich von überall eher als aus keltischer sage, cfr. die aus-
führungen darüber bei Hertz pag. 569 S. Jovelin bei Gottfried
ist eine fehlerhafte form, das richtige bietet Eilhart: Havelin,
der franz. prosaroman Howel = dem bretonischen namen Hoel,
Houel (Zeuss gr.* pag. 93). Eaherdin erklärt Villemarque,
(les romans de la table ronde, Paris 1860, pag. 83) aus dem
cymrischen Kaerden d. h. schöner mann, an Ortsnamen finden
wir Develln, Karliun, und das feenland der bretonischen sagen
Avelun. die namen der hauptpersonen weisen auf einen ausser-
französischen Ursprung hin. daneben aber stehen personennamen,
die ein deutliches französisches gepräge tragen und für deren heimat
und Ursprung wir frz. Verhältnisse vorauszusetzen haben, man
könnte zwar dagegen geltend machen, dass die frz. namen viel-
leicht frühere keltische verdrängt hätten, wie z. b. Gurmun und
Anguis. aber eine directe notwendigkeit zu solcher annähme liegt
ganz und gar nicht vor. Blancheflur heisst Tristan^s mutter., das
seltsame BlensinbiP) der nordischen saga ist aus irgend einer ver-
derbten lesart zu erklären, man darf darin nicht etwa einen fremden
ursprünglichen namen suchen wollen, dem steht schon das über-
einstimmende zeugniss Gottfrieds, des Sir Tr, und Eilharts entgegen.
Rugier (Gottfried 18842) ist ein französischer^) name, der aus
dem altnorrönischen Rodgeir abzuleiten ist; ebenso stammt Rual
^) Meriadoc heisst ein könig der Bretagne bei Gotfried von Monmouth
ed. San Marte pag. 292.
^) Gottfried N liest Blanze-flur, Blansi-flur, hieraus ist leicht für den
ersten teil eine etwa mit dem nordischen übereinstimmende lesung Blansi-
oder Blensi-flnr zu entnehmen, auch Eilhart H liest Blantze-fluor , und
noch treffender 633 Blanczen-flur. bei GottMed M findet sich auch häufig
i Blanschen-flur.
') zu den französ.-germanischen namen cfr. auch Sarrazin ztschr.
f. vergl. litteraturgesch. bd. I, 1887, pag. 263.
— 6 -
li foitenant aus Kohault, d. i. Hrodo — Hruodwalt; seine gattiu
Floraete = florata die blühende, Kurvenal — Gouvernail ist ein
name, der aus der erzieherischen tätigkeit seines tragers abzuleiten
ist. neben die rein keltischen namen stellen sich also
rein französische, welche nur auf französischem boden,
unter den bänden französischer dichter der sage ein-
verleibt werden konnten, mit den namen an und für sich
ist ja noch keineswegs auch schon eine sage gegeben.
Auf grundlage der namen darf man nach etwa vorhandenen
historischen Verhältnissen suchen. Morolds zug nach Cornwall
enthält eine erinnerung an kriege zwischen Irland und Cornwall.
dem bereits erwähnten mabinogi li^en vielleicht ähnliche erinne-
rungen zu gründe; die cymrischen triaden erwähnen mehrfacher
kämpfe mit den Gwyddelian, den Irländern; ebenso häufig die
bardenlieder. aber es ist gewagt und wertlos, aus dem ersten
teile der Tristansage auf grund sehr vager und unbestimmter an-
haltspuncte unsichere hypothesen zu bauen, wie Sullivan-O'Curry,
on the manners and customs of the ancient Irish I, p. XXXIX,
und Estlander, acta societatis scientiarum Fennicae 1867, tom.
YIII, pars II, pag. 427. dagegen sind allerdings einige notizen
vorhanden, welche man in directen Zusammenhang mit der
Tristansage bringen darf, im leben des heiligen Paul von
Leon, der am ende des V. Jahrhunderts geboren wurde, heisst es
' (ASS. mens. mart. tom. II, pag. 114^^ 12. märz): ßex quidam
Marcus nomine in vicino (seil. Comubia vel Cambria) florebat
eodem tempore, cujus imperii dominatus leges dabat quatuor gen-
tibus, linguarum famine dissidentibus. bei Gotfried von Monmouth
lib. II, 2, 4, 5 erscheint eine Estrildis (in der entsprechenden stelle
des Brut Tysilio Essylt). man bringt diese Estrildis^) in ver-
^) Estrildis ist offenbar ein germanischer name, mit bilde zusammen-
gesetzt ags. form für östarbilt (Foerstemaun altd. namenbucb pag. 184 ff.)>
Brut Tysilio ist eine Übersetzung von Gottfrieds werk, cfr. Heeger, über
die Trojanersage der Britten, München 1886, pag. 79 f. warum er gerade
Essylt an stelle von Estrildis setzt, kann ich mir nicht erklären, am
ende ist es ein reiner zufall und hätte die stelle überhaupt gar nichts
mit Essylt-Isolde zu tun. nach dem texte bei G. v. M. würde niemand
auf irgend welchen Zusammenhang schliessen können, das einzige medium
- 7 —
bindung mit der gleich nachher zu erwähnenden Essylt der triaden.
in der Schilderung ihrer Schönheit und des Unfriedens, den diese
anrichtet, findet man einen hinweis auf die liebesgeschichte von
Tristan und Isolde, die weite zurückversetzung in die urzeit deute
auf ein hohes alter der Tristansage (San Marte. Gotfried von
Monmouth pag. 212 f.). jener Marcus rex kann recht wol unser
Marke sein und die Estrildis Isolde, aber damit ist noch nichts
für das hohe alter der sage bewiesen, es ist hieraus nur zu ent-
nehmen, dass die historischen personen, an deren namen später
die sage sich anknüpfte, in einer frühen zeit lebten, die Tristan-
sage ist damit so wenig gegeben, als die sage von Karl dem
grossen mit dessen regierungszeit oder die Dietrichsage mit Theo-
dorich, verschiedene namen also sind keltisch, auch der Schauplatz
ist hauptsächlich Oornwall und Irland, erst in zweiter linie das
bretoniscbe Frankreich, auch letzterer umstand darf nicht ohne
weiteres als ein beweis für den notwendigen keltischen Ursprung
der sage angeführt werden, deutsche, und französische sagen
nationalen Stoffes spielen auf spanischem, italienischem und orien-
talischem boden, ohne darum etwa von dorther zu stammen.
In zweiter linie kommen vorhandene reste und spuren
in keltischer sage selbst in betracht. an erster stelle stehen die
angaben der sogenannten cymrischen triaden, in denen annalen-
ist der name Essylt. bezüglich dieses aber hege ich bedenken, ich
halte eher dafür, dass auch er aus dem frz. stammt, aus der
form Iselt ^= Yseut. meines wissens gibt es keine belegstellen, welche
ihn als keltisch erweisen würden, und die erklärungsversnche aus dem
cymrischen sind keiner weiteren debatte wert, die kelt. sprachen ver-
fahren mit fremdwörtern sehr frei, ein Essylt aus Yselt erklärt sich leicht,
aber schwer können wir ein frz. Ysalt Ysolt Yselt aus Essylt uns zurecht
legen, wenn aber diese unsere ansieht richtig ist, so ^llt natürlich jegliche
bedeutung der triaden, die ja übrigens ohnehin fast nichts bieten, und sie
sind gleichwie der entlehnte name ganz wertlose auf grund der bereits
bestehenden sage fabricirte machwerke. mit den chronologischen Verhält-
nissen lässt sich unsere ansieht recht wohl in einklang bringen. G.'s historia
regum ßritanniae erschien um 1136. die wälsche Übersetzung dürfte um
die mitte des 12. Jahrhunderts angefertigt worden sein, in welcher zeit
wir bereits eine franz. sage von Tristan und Isolde vorauszusetzen haben,
den aus ihr übernommenen namen setzte sie an stelle von Estrildis des
latein. originales.
— 8 —
massig immer drei für Britannien besonders wichtige ereignisse oder
Personen zusanmien genannt werden, diese sanmilungen stammen
aus sehr verschiedenen perioden, aus dem XII. — XV. Jahrhundert,
ihrem inhalte nach kann allerdings manches vielleicht älter sein,
(über die triaden cfr. Stephens, geschichte der wälschen litteratur
übersetzt von San Marte verschiedenen ortes.) eine sachlich correcte
arbeit über diese für die sagengeschichte teilweise wichtigen denk-
mäler fehlt, die angaben sind jedenfalls mit grösster vorsieht zu
betrachten, der cymrische text findet sich in der Mjvyriau
archaiology of Wales tom. II. es kommen für die Tristansage
in betracht die Sammlungen pag. 1 — 22 (tr. no XX, XXIV, XXX,
LIII, LVI, LXXXIX, und im lyvyr coch o Bergest XXV, XXXVI,
LVI) und pag. 57 f. (no 32, 69, 78, 102, 105, 113). daraus
geht hervor, dass Trystan, der söhn des Tallwch ein häuptling
des VI. Jahrhunderts gewesen ist; er ist einer der drei diadem-
tragenden fürsten der insel Britannien , einer der drei herolde,
einer der drei hartnäckigen, welche nichts von ihrem einmal ge-
fassten entschlusse abschrecken konnte, die liebe zur gattin seines
oheims March ab Meirion, Essylt, erwarb ihm die bezeichnung
eines der drei brennenden liebhaber von Britannien, es wird ihm
die fähigkeit zugeschrieben, sich in jede beliebige gestalt ver-
wandeln zu. können, einmal hütete er seines oheims schweine,
während deren gewöhnlicher hirte mit einer botschafk an Essylt
von ihm betraut war. darum zählt er zu den drei Schweinehirten.
Essylt Fyngwen d. i. weissmähne, die blonde, die tochter des
Culfynawyd, Tristans geliebte, und ihre Schwestern Penarwen und
Bun sind die drei unkeuschen frauen. Marke ist einer der drei
fiottenführer der insel Britannien, ein gespräch zwischen Tristan
und Gwalchmai, worin letzterer den unbesieglichen beiden aufsucht
und an Arthurs hof führt, findet sich Myvyr. Arch. I, pag. 178;
übersetzt von Villemarque, les romans de la table ronde
pag. 70 — 72, San Marte Arthursage pag. 161 ff. ein sonst
unbekanntes Tristanfragment erwähnt Owen (cfr. Villemarque
a. a. 0. pag. 78). das ist alles, was die cymrische sage über-
liefert, die notizen sind einerseits sehr dürftig und mager, so dass
man nicht aus ihnen für das Vorhandensein einer lebensvollen
keltischen Tristansage argumentiren darf, andererseits sind sie
— 9 —
überdiess noch in bezug auf ihre ächtheit und ihren wert sehr
anzuzweifeln, einzelne angaben der triaden dürften viel eher die
französische sage bereits voraussetzen und demgemäss aus ihr sich
erklären, nicht zur erklärung der französischen sage beigezogen
werden, so enthalten z. b. die triaden eine notiz über die bekannte
erzahlung von dem mantel, den die damen an Artus hofe an-
probiren müssen, bei allem, was Villemarque im genannten werke
als quelle aufstellt, ist es eher glaubhaft, dass es vielmehr umge-
kehrt steht, nemlich die romane die quelle sind, die verschiedenen
gestalten, die Tristan anzunehmen vermag, will er in Zusammen-
hang mit den häufigen Verkleidungen Tristans in der sage bringen
(a. a. o. 78). das schweinehüten Tristans hängt auch nicht mit
dem göttlichen sonneneber zusammen (Leith, on the legend of
Tristan pag. 20), woraus auch das wappenbild Tristans, ein eher
sich erklären soll, berücksichtigen wir, dass bei dieser beschäftigung
von Arthur, Marke, Cai und Bedwyr ein versuch gemacht wurde,
dem hirten durch bestechung, kauf, list oder gewalt ein schwein
zu rauben, so zeigt uns dies Tristan in Verbindung mit Artus,
was immer auf eine sehr späte zeit der entwicklung der sage hin-
weist, und wir werden besser hierin ein beliebiges spät gedichtetes,
vielleicht etwas schwankhaft gehaltenes abenteuer zu erkennen
haben, wie sie in den französischen prosaromanen der Artusritter
an der tagesordnung sind, das gespräch zwischen Tristan und
Gwalchmai könnte abgesehen von den stilistischen eigentümlich-
keiten geradezu aus dem roman übersetzt sein, die Verbindung
Tristans mit der tafeirunde ist anerkanntermaassen späte erfindung,
sie ist rein äusserlich und durchaus unorganisch, in der eigent-
lichen Tristansage ist gar kein platz zu solchen dingen vorhanden,
im französischen prosaroraane ist dies am meisten entwickelt, aber
auch um so äusserlicher. es kommt am ende so weit, dass der
name Tristan rein statistisch unter den beiden der tafeirunde
fungirt, ohne dass auf seine wirkliche sage überhaupt nur bezug
genommen wird, z. b. in ülrich's von Zatzikhovens Lanzelet 6234,
6394, 6979, 7030, 7289, 7601. so aber erscheint er im gründe
auch in jenem gespräche. auch den Zusammenhang mit andern
bardischen dichtungen, mit dem zauberkessel der Ceridwen und
mit Taliesin, den Villemarque pag. 70 constatirt, kann ich als
- 10 -
auf zu vagen, unaicheren äusserlichkeiten beruhend nicht aner-
kennen, aus dem, was die cymrische sagentradition
selbst berichtet, dürfen wir für das Vorhandensein einer
keltischen Tristansage kaum mehr entnehmen, als was
bereits die namen und die wenigen halbhistorischen
notizen an die band gaben, neu ist allein d^r bestimmte
hinweis auf das liebesverhältniss zwischen Trystan und Essylt,
aber in anbetracht des oben bemerkten ist nicht einmal sicher,
ob das nicht eher auf den einfluss der bereits entwickelten fran-
zösischen sage zurückgeführt werden muss.
Im Bretonischen lassen sich verwandte sagenzüge aufweisen.
Villemarque erkennt in einem volksliede, Bran ou le prisonnier
de guerre (Barzas Breiz tom. I, pag. 205) die grundlage der
Tristansage, cfr. auch les romans de la table ronde pag. 82 ff.
die Übereinstimmungen sind schlagend, mit der anderung, dass
'^die mutter des gefangenen an stelle der geliebten tritt, ferner dass
die wache und nicht Isolde Weisshand dem harrenden die falsche
künde bringt, dass die flagge des herannahenden schiffes schwarz
sei, repräsentirt das fragliche lied in kurzer fassung den schluss
der Thomasversion, es vei^leicht sich in der handlung ganz dem
isländischen liede von Tristram. als die mutter ans land steigt,
ertönt glockenhall und ein alter mann erteilt ihr auf befragen
künde vom hinscheiden des Bran. sie stirbt über der leiche. die
bretonischen Volkslieder stammen zwar aus einer viel späteren
zeit, als das XII. Jahrhundert, jedoch könnten sie ja ihrem stoffe
nach, wie dies auch Villemarque postulirt, viel älter sein, gerade
die allzu genaue Übereinstimmung erregt bedenken, das lied steht
im selben verhältniss zur französischen sage, wie das isländische
zur norwegischen saga, es ist aus ihr geflossen und darf nicht im
sinne Yillemarque^s als beweis für das Vorhandensein keltischer
sage angeführt werden.
Es finden sich einige Ortsnamen, aus denen man für die ur-
sprüngliche heimat der sage Schlüsse ziehen könnte, in der nähe
der in trümmern liegenden stadt Tintajoel in Cornwall findet sich
Tristans sprung und die minnehöhle, San Marte, Arthursage
pag. 64. eine insel „Tristan** liegt in der Bretagne, bei der bucht
von Douarnenez, cfr. Michel, Tristan I, pag. 6. in Irland, in
- 11 —
Dublin waren irische orte nach Isolde und Gurmun benannt, aber
auch diese Zeugnisse sind nur von geringer bedeutung. die sage
zeigt einen localisierungstrieb. in Irland war die sage von Tristan
und Isolde bis zur anglonormannischen eroberung im XII. Jahr-
hundert unbekannt, von da ab aber giengen die namen rasch
über, cfr. Hertz pag. 579. der name Tristan wird überhaupt
beliebt, wo die sage hinkommt, sogar in Island, cfr. Espolin Isl.
ärb. III, 20 ad. an. 1506 Tristram Buason. die betreffenden Ort-
schaften erhielten ihre benennung ebenso leicht aus der franzö-
sischen sage.
Aus dem keltischen materiale erhalten wir also
nichts sicheres, bedeutendes, man könnte nun allerdings
entgegenhalten, da&s ein mabinogi von Tristan wol existirt haben
könne, auch wenn uns nichts davon erhalten ist. ein schluss ex
silentio dürfe nicht ohne weiteres eintreten, das märchen ver-
schwand, weil es eine isolirte Stellung einnahm und nicht mit dem
Arthurkreise in Verbindung stand, wie die meisten übrigen cym-
rischen mabinogion. ohne die möglichkeit vollständig ableugnen
zu wollen, glaube ich doch auf grund der unten mitzuteilenden
erwägungen, dass die Wahrscheinlichkeit der existenz eine sehr
geringe ist.
Ob in der Tristansage züge keltischer mythologie vor-
handen sind, so dass wir etwa nur heroisirte urkeltische gott-
heiten vor uns hätten, scheint mir sehr fraglich, die phan-
tastischen anschauungen von Davies (the mythologie and rites
of the british bards London 1809) und Mone (in der ein-
leitung zu Groote's ausgäbe von Tristan und Isolde, Berlin 1821,
und über die sage von Tristan etc. Heidelberg 1822) wird
niemand teilen, züge keltischen Volksglaubens finden sich jedoch,
ob ein indogermanischer mythus^) zu gründe liegt, ist eben-
^) für das zu gruode liegen eines idg. mythos tritt ein Sarrazin,
f^erman. sagenmotive im Tristanromane, ztschr. f. vergl. litteraturgesch.
bd. I, 1887, pag. 262 —272. diese arbeit enthält beachtenswerte gedanken.
die Zusammenstellung mit deutschen und nordischen sagen ist aber nicht
immer sehr überzeugend, zumal da die nord. sagen zum t>eile apokrypher
natur sind, wir tun aber einen einblick gleichsam in die masse der Vor-
stellungen und motive, aus denen sich die sagen bildeten und welche sich
mehrfach kreuzen, ihr Ursprung scheint mir zum grossen teile in derselben
— 12 —
falls zweifelhaft, dafür eingetreten sind Herrn. Kurz (in der ein-
leitung zu seiner Tristantibersetzung) und Leith (on the legend
of Tristan, Bombay 1868); Vermutungen über Zusammenhang mit
persischen sagen bei Hagen, minnesinger IV, pag. 564 — 565.
Leith führt Tristan (Tritans) auf den avestisch-vedischen Thrae-
tona-Trita zurück, aus dem drachenkampf des Gottes und aus
dem Soma soll Tristans drachenkampf und der liebestrank zu er-
klären sein, zunächst müsste vor allem festgestellt sein, dass
Tritans wirklich die ursprüngliche, und echte form des namens
repräsentirt. dies ist aber ganz und gar nicht der fall, allein im
Berner manuscript von Tristans narrheit begegnet diese form,
man hat derartigen mythologischen erklärungsversuchen gegenüber
immer ein skeptisches verfahren einzuhalten, man müsste zu
diesem behufe die sagen auf die älteste urform zurückverfolgen
können, aber viele sagen sind eben erst im XII. Jahrhundert
entstanden, so ist sicher auch der grösste teil der Tristansage
eine neue dichtung. nur ganz skizzenhafte grundlinien blieben
allenfalls der mythologiscTien deutung übrig, z. b. die beiden
Isolden als göttin der ober- und unterweit, Tristan als frühlings-
und Sonnengott, Marke als wintergott. eine in der menschlichen
gemütsweit bedingte liebessage mag auch der Tristansage zu gründe
liegen, wie die von Pyramus und Thisbe, Hero und Leander, Romeo
und Julie; über diesen allgemeinen gehalt^) der liebessage cfr.
quelle zu suchen zu sein, wie hier, nemlich in dem überkommenen märchen-
und novellenhorte, der mit den echt einheimischen bildungen sich in ver-
schiedentlicher art verbindet, die Zusammenstellung mit der Siegfriedsage
(268 ff.) ist darum hinfällig, weil Sarrazin, obwol er pag. 262 von der aus
beiden frz. gedichten zu erschliessenden alten normannischen sage spricht,
hier doch nur die Thomasversion in Wahrheit berücksichtigt, aber nichts
berechtigt zu der annähme, dass gerade ihr stoff und inhalt der ältere und
ursprüngliche sei.
^) diese liebessage, deren grundlage einzig die liebe zweier durch
vom Schicksal verhängte hindernisse schliesslich zum Untergang getriebener
menschenherzen ist, wobei sich die hemnisse in den verschiedensten formen
zeigen können, ist in zahllosen Volksliedern behandelt, die meistens mit den
aus den gräbem aufkeimenden blumen enden, sie ist aber so allgemeiner
natur, dass in ermangelung besonderer characteristischer merkmale ein
näherer Zusammenhang nicht angenommen werden darf, der natur der
Sache nach kann sie ja bei jedem volke, zu jeder zeit entstehen.
- 13 -
Simrock, quellen des Shakespeare III, pag. 139—162; Bartsch,
gesammelte vortrage und au&atze, Freiburg 1883 ^über Tristan
und Isolde".
Ehe wir betrachten, welchen Verhältnissen und personen die
ausbildung der Tristansage beizumessen ist, haben wir den stoff
selbst etwas näher ins äuge zu fassen, die handlung ist nur bis
zu einem gewissen grade eine feste und bestimmte, nemlich in
demjenigen teile, der auf historische Verhältnisse zurückzugehen
scheint, Tristans kämpf mit Morold und vielleicht auch der friedens-
schluss zwischen Cornwall und Irland bei der Werbung um Isolde,
im übrigen besteht die sage aus einer reihe von episoden, die nur
lose unter einander zusammenhängen, die leicht als gesondert ge-
dacht und beliebig ausgeschieden werden können, so hat z. b.
Eilhart^s gedieht die scene, in der Isolde durch einen irischen
ritter entfuhrt wird, ausgeschieden, ohne dass dadurch der erzählung
irgend wie eintrag geschieht, ganz entsprechend hat auch die
moderne bearbeitung (Hertz) aus Gottfrieds gedichte die episoden
von Gandin und vom hündchen Petitcriu gestrichen, da sie in
ganz auffallig losem zusammenhange mit dem übrigen stehen.
Eine der bekanntesten episoden ist Isoldes eid und das Gottes-
urteil, es ist längst anerkannt, dass die scene der mittelalterlichen
fabel- und novellenlitteratur angehört und in letzter instanz bis in
ihre ursprüngliche heimat, nach Indien zurückverfolgt werden
kann. cfr. Benfey, Pantschatandra I, pag. 457 — 459; arabisch
bei Cardonne, melanges de litt, orient. I, pag. 43 — 46 (eine mit
recht des ehebruchs angeklagte frau lässt sich auf dem wege
zum bassin d'epreuve von ihrem als narr verkleideten liebhaber
umarmen, sie schwört, ausser von ihrem manne nur von diesem
narren berührt worden zu sein und steigt, ohne unterzusinken, in
das eidwasser). auch mongolisch ist diese sage vorhanden, cfr.
Jnlg, mongol. märchensammlung, die neun märchen des Siddhi
Kür und die geschichte des Ardschi-Bordschi Chan, Innsbruck 1868,
pag. 245—252, und mong. märchen, erzählung aus der Sammlung
Ardschi-Bordschi, ein seitenstück zum Gottesgericht in Tristan und
Isolde (text und Übersetzung), Innsbruck 1867. auf die von Jülg
pag. 8—9 hervorgehobenen übereinstimmenden züge ist kein
gewicht zu legen, ferner bei Straparola, piac. notti IV, 2, im
— 14 —
auszug bei von der Hagen, gesamtabenteuer II, pag. XXXIX S.
weiteres auch bei Hertz pag. 599 — 603. in des Achilles Tatius
roman tcc xora ^evninTitjv aal Kkeiftoq^wvxa VIII, 11, 12, 14
wird erzählt, dass Thersander um die buhlschaft seiner frau Melite
mit Eleitophon festzustellen, diese zwingt, in das Styxwasser hinab-
zusteigen, das die eigenschaft hat, dass es meineidigen frauen bis
zum halse steigt, vor reinen dagegen zurückweicht, ein tafelchen
um den hals, auf dem der schwur geschrieben steht, sie habe mit
Kleitophon keinen geschlechtlichen verkehr gehabt, solange Ther-
sander abwesend war. die tat geschah nemlich, als er bereits
zurückgekehrt war. der eid wird darum auch richtig und ohne
gefahr in dem Styxwasser geleistet, cfr. Erwin Roh de, der
griechische roman, pag. 484 anm. 1. hier fehlt die narren Ver-
kleidung, nur der eid mit reserve ist vorhanden, man bringt
diese erzählungen von der Verkleidung des liebhabers und des darauf
hin geleisteten zweideutigen eides direct mit dem bericht bei Gott-
fried (oder besser des trouvere Thomas = Sir Tristrem = Tristram-
saga) zusammen, aber hier hat sich noch ein weiteres moment
hinzngesellt, nemlich das Gottesurteil, das glühende eisen, richtiger
stellt man sie zu dem bei Michel, Tristan I, pag. 185 ff., 196 ff.
tiberlieferten, sogenannten Berolgedichte, woran sich auch der
bericht der Grettissage anschliesst. diese erzählt im Spesapättr
(cap. 90 — 91), dass Thorsteinn Dromundr mit Spes, der frau des
Sigurdr mehrere Zusammenkünfte gehabt hatte, aber immer den
nachstellungen entgangen war. Sigurdr verlangte nunmehr einen
reinigungseid, am bestimmten tage erwartete sie Thorsteinn an
einer sumpfigen stelle, welche zu passiren war, trug als bettler
verkleidet sie hinüber und fiel mit ihr hin. darauf wurde vor
dem bischof der eid gestabt. das niederfallen kommt allerdings
nicht in den Berolfragmenten, sondern nur bei Thomas vor; jedoch
geht die Grettissage darin, dass sie die eisenprobe fallen lässt, in
der bettlerverkleidung, in der beschreibung des tatortes als einer
sumpfigen wegstelle genau mit Berol zusammen, während bei
Thomas Tristan als pilger erscheint und der Vorfall beim verlassen
des Schiffes vor sich geht, die Grettissaga darf demnach als ein
selbstständiges zeugniss beigezogen werden, in der uns vorliegenden
gestalt wurde die saga am äussersten ende des XIII., wahrscheinlich
- 15 —
am anfange des XIV. Jahrhunderts (1310 — 1313) verfasst; cfr.
Gudbrand Vigfusson, prolegomena zur Sturlunga pag. XL VIII
bis XLIX. das material ist freilich grossenteils älter, der letzte
teil, der Spesa|>ättr ist offenbar ganz unorganisch angeschwemmt,
da die Übersetzung der Tristansage durch den bruder Robert ins
jähr 1226 fallt (Tr. saga cap. I), so wäre eine entlehnung aus
dieser, wie dies auch Hert» pag. 603 annimmt, sehr wol denk-
bar, bei genauerer betrachtung erweist sie sich jedoch ihrem in-
halte nach als auf einer anderen version fassend und ist wol direct
aus der bekanntschaft mit der anglönormännischen spielmannapoesie
geflossen. Thomas^ version, zumal Gottfried mit seiner polemik
gegen das Gottesurteil steht auf einer anderen stufe und bereits
hier also sehen wir zwei schichten neben einander li^en.
Tristans drachenkampf enthält wol ein mythisches element,
das ja in vielen indogermanischen ssugen und märchen wiederkehrt,
nemlich dass der held durch besiegung des Ungeheuers die Jung-
frau zum weibe gewinnt, wenn dieser kern auch auf urver-
wandte sage zurückzuführen wäre, so ist zu diesem ein weiterer
zug hinzugetreten, welcher der fabellitteratur angehört und demnach
als entlehnt zu betrachten ist. Tristan schneidet dem drachen die
zunge aus, als Wahrzeichen, um sich später vor dem könige und
Isolde dem truchsess gegenüber als den wahren sieger auszuweisen,
in dem entscheide Isoldes zwischen Tristan und dem truchsess
schimmert vielleicht noch die erinnerung an den in der indischen
sage so bekannten svayamvara, die gattenwahl durch, europäische
märchen und sagen bieten eine bedeutende an^ahl von Variationen
der erzählung von der ausgeschnittenen zunge. bei Firdüsi kehrt
sie wieder in der geschichte des Guschtasp. in Indien hängt
damit zusammen die sage von Hir und Ranjha, die im Pandjab
in liedern gefeiert wird. cfr. E. Rohde, der griechische roman
pag. 47 anmerk. 1 und pag 138 anm.; R. Köhler in Ebert's
Jahrbuch für englische und romanische litteratur bd. VII, pag. 133.
Nach dem berichte bei Eilhart wird Tristan ausgesandt, um
diejenige frau für könig Marke zu gewinnen, die ein haar besitze
so goldig, wie dasjenige, welches eine schwalbe in Markes saal
getragen hatte, aufs gerade wol fährt Tristan aus und wird
wiederum nach Irland verschlagen» am goldenen haare erkennt
— le-
er in Isolde die gesuchte Jungfrau, bei seinem ersten aufenthalte
nemiich hatte Tristan Isolde niemals zu gesieht bekommen, E 1217
,alsus heilte in die vrauwe mit miehelicher truwe, daz her sie ni
an gesach*^. dieser an und fär sich sehr unwahrscheinliche zug
scheint absichtlich zu sein, denn wenn Tristan Isolde bereits
kennt, so muss er doch auch eine erinnerung an ihr goldhaar
haben und braucht nicht planlos in. die weit zu fahren, nach
dem romane in frz. prosa sieht Tristan die ärztin, aber der roman
hat die sage vom goldhaar und von der schwalbe gestrichen., wir
können hier erkennen, wie dieser märchenstoff gleichsam gewaltsam
in die sage hineingezwungen wird, wir haben auch hier einen
weitverbreiteten märchenstoff. cfr. R. Köhler, Tristan und Isolde
und das märchen von der goldharigen Jungfrau und den wassern
des todes und des lebens, Germania XI, pag. 359 — 406. wenn
Köhler nicht zu entscheiden wagt, ob das märchen aus der Tristan-
dichtung oder umgekehrt diese aus jenem oder beide aus einer
dritten quelle entlehnen, so muss doch entschieden punct 1 ver-
neint werden, es wäre eine arge' verkennung des wahren Sach-
verhaltes, die Tristansage zum ausgangspuncte alter märchen zu
machen; ferner ist die fahrt nach der unbekannten Jungfrau ja
bereits im mongolischen erzählt (cfr. Jülg, mongol. märchen
Siddhi Kür pag. 193 ff.), und darum zweifelsohne indischen Ur-
sprunges, gehöH; zu der entlehnten litteratur, nicht zum urver-
wandten sagen- und mythenhorte. für die scene mit der schwalbe
liefert die nordische sage (Gaungu Rolfs-saga cap. 10 in Fomaldar-
Sögur Nordrlanda III, pag. 266 — 267) eine parallele, ^forgnyr
jarl sat a haugi drottningar sinnar, ok var leikit fyrir honum, at
svala ein Saug yfir bann, ok feldi nidr einn silkiklüt i kne honum,
ok flaug burt sidan. jarl tök ok leysti til, ok sa par i eitt
mannshar sva langt, at f^at var mjök mannhätt, ok gullslitr ä.
|)ötti flestum, sem konuhär mundi vera. jarl mselti: {»ess
strengi ek heit, at fä pä konu, er harit er af, edr liggja daudr
eUa, ef ek veit, at hvers baejar er at leita, edr a hverju landi
hun er.«
Der freund Tristans, Kaedin oder Kehenis, der ihn nach
Comwall begleitet, verliebt sich daselbst in Brangäne oder eine
andere dame an Isoldes hofe. er will mit ihr beilager halten,
— 17 -
was dadurch vereitelt wird , dass ihm ein zauberkissen unteres
haupt geschoben wird, welches ihn sofort in tiefsten schlaf ver-
senkt, dem entsprechend findet sich in griechischen Volksliedern
der zug, dass moschus auf das kissen gestreut wird, infolge dessen
der liebhaber fest einschläft und am ende höhn und spott davon
trägt, cfr. Liebrecht, zur Volkskunde pag. 166 und 217. über
zauberkissen, zauberbrief, schlafrunen, womit die spröde im an-
fange die absieht des liebenden narrt, bis sie sich zuletzt doch
ergiebt, cfr Simrock, quellen des Shakespeare III, pag. 199 — 200.
ferner gesta Bomanorum ed. Oesterley pag. 603 ff.; R. Köhler
in der Glarns saga keisarasonar ed. Gederschiöld pag. 11.^)
Die französische sage (Michel I, pag. 64 ff., vers 1267 — 1314)
erzählt von Marke die Midasgeschiehte, dass er pferdeohren gehabt
habe, diese geschichte hat sich im irischen und bretonischen
auch noch an andere namen geknüpft; cfr. darüber Michel, Tristan
II, pag. 312 — 316; für das bretonische Cambry, voyage dans le
Finistere II, pag. 287. über die sage an und für sich J. Grimm,
kleinere schriften IV, pag. 216.
Die scene, wie Brangäne von den mördem in den wald ge-
führt, aber dort begnadigt und gerettet wird, ist der viel ver-
breitete zug der Genovevalegende, im französischen z. b. an die
sage von Berte au grand pied anknüpfend; cfr. Berte au grant
pied publie par Scheler, Bruxelles 1874, pag. 21 f.
Lassen sich auf diese weise verschiedene scenen als direct aus
der novellistik und mittelalterlichen fabellitteratur übernommen
nachweisen, so ist es für andere dringend wahrscheinlich, wenn
auch keine directen parallelen beigebracht werden können, zu
wiederholten malen benützt Tristan Verkleidungen, um dadurch
eine Zusammenkunft mit Isolde zu erreichen, als aussätziger,
pilger, mönch (Bechstein, Heinrich von Freiberg, Tristan, ein-
leitung pag. VII), knappe und narr.^) namentlich Tristans narr-
1) Bomania VIII, pag. 59—60. ein besonderes dänisches Volkslied
behandelt diese scene cfr. Grundtvig, Danmarks gamle folkeviser II, no 81,
pag. 837: sövneruneme.
2) auch als spielmann verkleidet erscheint Tristan bei Gottfried 7564 ff.
über dieses sehr häufig verwertete motiv cfr. Freymond, Jongleurs et niene-
strels, Halle 1883, pag. 15, anm. 8.
Golther, Tristan. 2
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heit wird mit besonderer Vorliebe ausgeführt, die scenen sind
vielleicht als Weiterbildungen jener in verschiedenen ländern vor-
handenen erzählungen aufzufassen, wonach es einem liebhaber
gelingt, dadurch da^ er sich närrisch stellt, seine wünsche zu Er-
reichen, beispiele dieser sehr variablen sage Liebrecht, zur
Volkskunde pag. 141 — 153 „der verstellte narr**, im afz. prosa-
romane (fol. LY comment par le moyen de Basille [der geliebten
des Andred] Tristans fut prins) schleicht sich Tristan zu der in
einem festen türme verwahrten Isolde in frauenkleidern. hier
also haben wir eine Variation des weitverbreiteten motives von
dem als frau verkleideten liebhaber, dessen grundtypus wol in der
sage von Achilleus bei den töchtern des Lykomedes zu suchen ist.
beispiele cfr. Jänicke, deutsches heldenbuch IV, XL — XLII;
Grundtvig, Danmarks gamle folkeviser I, 271; III, 796; Land-
stad, norske folkeviser no 59.
Die Vertretung Isoldes durch Brangäne ist ein motiv, dass
wol auch aus der novellenlitteratur entnommen wurde, ähnliche
fälle Meon, contes et fabliaux II, pag. 267 ff.; Dunlop- Lieb-
recht, geschichte der prosadichtung pag. 104; Grimm, altdän.
heldenlieder pag. 195; ü hl and, Schriften zur geschichte der dichtung
und sage III, pag. 121.^) die scene, wie Tristan und Isolde den
auf dem bäume lauschenden Marke durch ganz ähnliche zweideutige
beteuerungen, wie beim eidschwur vor gericht täuschen (Isolde
sagt Michel Tristan I, pi^. 4: mais Dex plevis ma loiaute, qui
sor mon cors mete flaele s'onques, fors eil qui m'ot pucele, out
m'amistie encor nul jor = Gottfried 14764 — 70), kann leicht
auch aus diesem gebiete stammen, ins gebiet der schwanklitteratur
gehört die bei Eilhart, Heinrich von Freiberg und etwas modi-
ficirt auch im französischen prosaromane überlieferte scene am
Artushofe, directe parallelen hiezu vermag ich keine beizu-
bringen.^)
Neben den scenen, welche der allgemeinen novellistik
angehören, finden sich auch noch solche, welche speciell in der
') weiteres bei Sv. Grundtvig» Danmarks gamle folkeviser V, pag. 312.
2) R. Köhler (Germania 14, pag. 246) bringt zu der stelle von Isolde
Weisshand und dem wasser, das kühner war als der kühne Tristan (G. 6143),
einen verwandten zug aus einem gälischen märchen bei.
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bretonisohen sagentradition und der von ihr abhängigen nnd
beeinfluBsten litteratur yorzukommen pflegen, in wieweit die be<
treffenden stücke einen doch weiter zurückliegenden Ursprung haben
oder wirklich nur in keltischen Verhältnissen entstanden sind^ kann
ich hier nicht entscheiden, es finden sich in den epen des Artus-
kreises mehrfach wiederkehrende züge, ursprünglich wol einzelne
lais, die, nachdem, sie einmal übersetzt und bekannt geworden
waren, eigentnm der französischen spielleute wurden und in den
verschiedensten romanen Verwendung fanden, zuweilen sind sie wol
auch direct aus einem romane für einen zweiten entlehnt worden,
jedenfalls darf aber auch hier nicht unbedingt die Tristansage
als quelle und ausgangspunct betrachtet werden, vielmehr hat sie
entlehnt, die version d«s Thomas (Tristramsaga cap. LXXl) er-
zählt von einem riesen, welcher sich aus den härten der von ihm
besiegten könige einen mantel anfertigen lässt. diese episode deckt
sich mit dem, was die Bretasögur cap. 37 erzählen, ebenso
die Örvar-Oddsaga, Fomaldarsögur Nordrlanda, II, pag. 253; cfr.
Gottfried von Monmouth ed. San Harte pag. 402 ff.; Foerster,
Zt. f. roman. phil. I, pag. 91 f. Kölbing, Tristramsaga I,
pag. 212. ein irischer ritter gewinnt Isolde dadurch, dass er sich
von Marke fßr sein harfenspiel zum voraus dasjenige versprechen
lässt, was ihm gut dünke, dies gesteht Marke ihm zu, worauf
er um Isolde bittet, die scene findet sich zwar bei Eilhart nicht,
aber', wenn auch etwas variirt, im frz. prosaroman; so entführt Hörn
die königin als bedungenen lohn seines saitenspieles (King Hörn),
nach Heinrich's von dem Türlln ^ Kröne* 13183 ff. gewinnt der
Zauberer Gtinsguoter die königin, Artus mutter auf ähnliche weise:
»die er mit videlenne erwarp, do Uterpendragün starp*. infolge
thörichter Versprechungen muss Artus frttu sich einem ritter hin-
geben. Hartmann Iwein 4530 ff. cfr. Martin, zur gralssage pag. 43.
Lanzelet (im Chevalier de la charette des Chrestien von Troyes)
befreit die infolge leichtsinniger Versprechungen von Meleagant
entführte königin Ginevra. die' entführung der Ginevra ist am
häufigsten (cfr. Gotfried v. Monmouth ed. San Marte pag. 381)
und auf sie sind vielleicht die übrigen entführungsgeschichten
zurückzuführen, zum beweise dafür, wie sich nachweisbar dem
Tristanstoffe in späterer zeit fabeln verbanden, die ursprünglich
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anderen ortes erscheinen, kann der frz. prosaroman dienen, der
folio LIII verso ~ LIV berichtet, wie ein ritter den bekannten
becher als keuschheitsprobe an Marke's hof bringt, also den inhalt
des lai du corn des Robert Bikez; Heinrich von dem Ttirlln in
der Kröne dasselbe; cfr. Perd. Wolf, über die lais, Sequenzen
und leiche pag. 173 anm. 13 und pag. 378 ff. hier ist vielleicht
noch auf weiter zurückliegenden ausgangspunct, auf die allgemeine,
von Indien stammende novellistik zu recurriren, cfr. Deslong*
champs, fahles indiennes pag. 107, Leith, on the legend of
Tristan pag. 15.
Für eine grössere anzahl von episoden, — und
es ist gerade ein characteristicum der Tristansage,
dass sie sich durchweg aus derartigen ziemlich lose
unter einander verbundenen stücken zusammen-
fügt — ist die abstammung aus der allgemeinen,
im mittelalter beliebten märchen und novellen-
litteratur zu constatiren- der Ursprung dieser teile ist
also keineswegs im keltischen altertum, in keltischer sage und
mythologie zu suchen, sie müssen demnach auch jung sein und
aus einer zeit stammen, in welcher eine derartige litterarische
tatigkeit und geschmacksrichtung herrschte, man könnte ja für
das eine oder das andere der angeführten beispiele die keltische
durchgangsstafe behaupten wollen, und damit also doch die sage
als in nächster instanz aus dem keltischen entlehnt betrachten,
aber ein stricter nachweis dafür lässt sich nirgends führen, und
die annähme wäre doch sehr gezwungen und unwahrscheinlich,
träger und schöpfer dieser sagenbildungen müssen die im XII. jähr*
hundert ungemein tätigen und fruchtbaren spielleute des nor-
mannischen und anglonormännischen Stammes gewesen sein, welche
den ausgangspunct der epischen dichtung des mittelalters bilden.
Es finden sich aber in der uns überlieferten gestalt der sage
auch unleugbar spuren von ursprünglicher keltischer Überlieferung
vor, namentlich sofeme es sich um den Zusammenhang mit den
so beliebten nationalen feenmärchen handelt, so scheint der bos-
hafte zwerg mit seinen geheimen küusten aus dem keltischen Volks-
glauben zu stammen; (Villemarque, les romans de la table
ronde pag. 421 ; über die neben den feen häufigen zwerge der
— 21 —
sage cfr. Souvestre, foyer Breton. II, pag. 113 flf.; Ville-
marque, Barzaz Breiz 6. ed. Paris 1867, pag. LIV). daa feen-
hündlein Petitcriu ward dem herzog Oilän „uz Avelün, der feinen
lant, von einer gotinne durch liebe und durch minne^ gesandt
(Gottfried 15812 - 14). es wird hier auf eine jener beliebten und
verbreiteten feensagen angespielt, welche das liebesverhältniss
zwischen einem sterblichen und einer göttin schildern; aber dieser
zug ist sehr episodisch und ohne jede bedeutung für die Tristan-
sage selber, dagegen ist vielleicht ein anderer zug enger in die
Tristansage verwoben, der lais von Guigemar (bei Marie de
France) erzählt, wie dieser held bei der jagd auf eine hindin ver-
wundet wurde und nur durch eine frau, die für seine liebe alles
leidet, geheilt werden kann, er begibt sich nunmehr ans ufer
und findet dort einen leeren nachen, den er besteigt, und der ihn
ganz von selber ohne segel und steuer zum ersehnten ziele führt,
zu einer schonen frau, welche aufs eifersüchtigste bewacht wird,
sie ergeht sich mit einer dienerin gerade am ufer, als der nachen
anlandet. Guigemar findet bei der Jungfrau heilung und liebe,*
um welche er ausgefahren war. das übrige gehört nicht mehr
hierher, ick erkenne hierin einen lais, wie ein ähnlicher auch
der fahrt des siechen Tristan zu gründe liegt, welche nach der
alten, richtigen tradition (cfr. über diesen punct Eolbing, Tri-
stramsaga pag. LIV— L VI) ebenfalls ohne alle nähere kenntniss
und ohne bestimmtes ziel .nach wane« unternommen wird, die
ursprüngliche sage, aus der die Tristansage schöpft, hat wol auch
hier eine entrückung ins feenland gemeint; die beiden hauptzüge,
planlose fahrt und heilung, schimmern noch deutlich durch, nach
einigen sagen wurde auch der tödHch verwundete Ari^s auf einem
schiffe nach Avalun geführt, cfr. Dunlop-Liebrecht, ge-
schichte der prosadichtung pag. 529 ff., anh. no 7; San Marte,
Gottfried von Monmouth pag. 419 — 430. auch Ogier wird zu
schiff nach Avalun geführt, ebenso wie Renoart, Roland, Iwain,
Gawain und wol auch noch andere beiden (Gervasius von Til-
bury, otia imperialia ed. Liebrecht pag. 151 anmerk.).
Die beiden auf's gradewohl unternommenen, eigentlich zu-
sammenhangslosen fahrten Tristans erhalten dadurch eine erklärung:
die erste ^fahrt nach der heilung stammt aus keltischer sage, die
— 22 —
zweite nach der goldbarigen Jungfrau aus der allgemeinen märchen-
litteratur. die äusserliche Zusammensetzung des Stoffes, die einer
wirklichen Verarbeitung entbehrt, wird aus der etwas seltsamen
Stellung dieser scenen in den verschiedenen Tristandiehtungen klar
(cfr. oben pag. 16). die epen des bretonischen Sagenkreises sind
reich an schlossern und bürgen, von denen allerlei Wunderdinge
erzählt werden.^) auch die bürg Montsalvat, die ja nur för den
berufenen sichtbar ist, gehört hierher, so wird vom königsschlosse
von Tintagöl (Michel II, pag. 95, vers 131 f.) erzählt, dass es
von riesen auf eine gar künstliche art erbaut worden sei. zweimal
im jähre war die bürg vollkommen unsichtbar^
Chastel-Fai fut dit ä droit,
kar douz faiz le an se perdeit.
Holland (Chrestiens von Troyes, eine litterargeschichtliche
Untersuchung, Tübingen 1854, pag. 49) bemerkt, den sagen von
Clige, Lancelqt, Tristan könnte allen die sage von Mordreds ehe-
brecherischer liebe zu seines oheims Artus weibe (Gottfried v. Mon-
mouth 10, 13) zu gründe liegen, demnach könnte also auch das
verhältniss zwischen Marke, Tristan und Isolde aus einem zuge
der keltischen sage hervorgegangen sein, doch ist dieser be-
rührungspunct sehr allgemeiner natur und damit für die ent-
wicklung der sage selbst nur sehr wenig geboten.
Damit halte ich diejenigen züge für. erschöpft, welche direct
auf nationalkeltischen sagenursprung zurückgeführt werden können,
er spielt offenbar eine sehr untergeordnete rolle
und kommt eigentlich nur in nebenzügen zur gel-
tung, ohne den kern der sage bestimmend zu tan-
giren. betrachten wir diejenigen keltischen litteraturen , die
überhaupt in frage kommen, in bezug auf ihren inhalt, auf
1) dieser art von sagen ist vielleicht die minnegrotte bei Gottfried
zuzurechnen, zumal wenn wir in betracht ziehen, was der französ. prosa-
roman (fol. 56) davon berichtet: ein ritter hat sie für seine geliebte erbauen
lassen, bis zu ihrem tode verweilen sie drin, la damoyselle scavoit trop
d'enchantements quant ses ennemys la queroyent et venoyent devant ce
rechet, si ne scavoyent veoir le rechet ne eulx. die dame ist eine weise
(saige) frau, also wol eine fee. x
-- 23 —
dasjenige material, welches sie enthalten und darum auch allein
zur entlehnung darzubieten vermöchten, so treffen wir auf die
umfangreiche kunstpoesie der cymrisphen barden. es sind ähnlich
den norwegisch-isländischen Skaldenliedem vorwiegend encomiastisch
gehaltene gesänge, daneben auch produete lyrischer gattung. cfr.
Stephens, geschichte der wälschen litteratur übersetzt von San
Marte. diese kunstpoesie ist aber schon an und für sich für die
auf bewahrung oder gar Weiterbildung epischer sagenstoffe total un-
geeignet und andererseits ist ihre berührung mit der französischen
poesie eine jedenfalls sehr unbedeutende; wahrscheinlich haben
gar keine einflussreichen beziehungen stattgefunden, die triaden
sind nur dürre aufzeiehnungen von sehr verschiedenem werte,
demnach bleibt allein die volkspoesie. die Volkslieder stammen
aus einer späteren zeit, von belang werden mabinogion und feen-
märchen, die ja auch in reicher fülle vorhanden sind, die mabi-
nogion kommen für die Artusromane mehr in betracht. die
mabinogion selber aber sind auch oft sehr junge bildungen und
ihre aufstellung als quelle für die frz. dichtungen ist nur mit der
grössten vorsieht zu wagen, auch stehen die mabinogion bereits
unter dem einfluss der novellistik z. b. im märchen von Taliesin,
wenn die magd für Elphins weib substituirt wird und Rhun dieser
einen finger abschneidet, eine erzählung deckt sich mit der ge-
schichte des zweiten kalenders aus 1001 nacht, Stephens a. a. o.
pag. 558, anm. 4. was wir demnach von der keltischen dichtung
wissen, das genügt lange nicht, um daraus ein werk wie die
Tristansage zu erklären, es könnten auch solche werke nicht spur-
los verschwunden sein, was also nicht ganz offenbar auf keltischen
Ursprung zurückweist, das ist bezüglich seiner keltischen herkunft
anzuzweifeln, nachweisbar liegt ja auch der grösste teil der scenen
unserer sage in seinem Ursprung auf ganz anderen gebieten.
Es scheint demnach für die Tristansage ganz zutreffend, was
Holtzmann^) in einer anmerkung zimi Wolfdietrich pag. XCIV
bezüglich des Lanzelet aussprach: ,die ritterromane haben ihre
heimat nicht bei den britischen Völkern, wie noch allgemein ge-
1) cfr. auch den interessanten aufsatz über Artus, Germania 12,
pag. 257—284.
— 24 -
lehrt wird, sondern im Orient/ eine nähere ausfährung dieses
gedankens hat Holtzmann nicht gegeben, was erzählt wird, ist
grössten teiles nicht autochthones oder urverwandtes eigentum aus
dem sagenhorte der Indogermanen, sondern teilweise wol erst im
XII. Jahrhundert nach Europa transferirt. nicht in unbe-
kannten fernen verliert sich der Ursprung der er-
zählungen der Tristansage, sondern die scenen sind
abdrücke schon geprägter geschichten, die sich nur
nach costüm und habitus angepasst haben.
In der sage finden sich einige gebrauche, die nicht keltisch^)
sind, der holmgang Tristans und Morolds ist sicher auf skandi-
navischen einfluss zurückzuführen; holmgänge werden ja in den
saga's sehr häufig erzählt z. b. Vigaglumssaga ; Ketillhaengss. ;
Gunnlaugssaga ormstunga etc. die Dänen landeten allerdings
bereits im IX. Jahrhundert (835) in Cornwall, somit konnte dieser
gebrauch auch bereits in die cornische oder cymrische sage ein-
dringen, glaubhafter aber scheint mir die erklärung aus nor-
mannischem einflusse. die sitte des trennenden Schwertes, die j^
auch bei Tristan und Isolde vorkommt, ist germanischen, hier also
wol fränkischen oder normannischen Ursprunges, cfr. R. A. pag. 168
bis 170; die sagen cfr. bei A. v. Keller, roman des sept sages
pag. CCXXXV und zu Diocletianus leben pag. 64.
Noch auf eine weitere quelle werjäen wir hingewiesen, nem-
lich auf antike sagen, dass die classische sagen weit auch von
den keltischen Völkern angenommen und geradezu als lai-
stoflF verwertet wurde, geht aus dem lai von Sir Orfeo und Nar-
cissus hervor, ein anglonormännisches gedieht berichtet von den
urbewohnern Albions, den riesen, eine fabel, welche offenbar der
Danaidensage nachgebildet wurde; cfr. Jubinal, nouveau recueil
de contes, dits et fabliaux, Paris 1839, 11, pag. 354; Wright,
gesta regum Britanniae, pag. 199. bei Gotfried von Monmouth
erhält Cornwall einen heros eponymos aus der antiken sage, den
Corynaeus. im Jourdains de Blaivies ist ein ganzer griechischer
roman, ApoUonius von Tyrus in die französische sage übergegangen
^) cfr. auch Sarrazin, germanische sagbnmotive im Tristanroman,
ztschr. für vergleich, litteraturgeach. bd. I, 1887, pag. 262—272.
- 25 —
(cfr. C. Hof mann, Amis et Amiles und Jourdains de Blaivies*
pag. XXXIII ff.), des Chrestien von Troyes Cliget enthält eben-
falls ähnliche elemente : das b^rabniss der Fenice entspricht scenen
im romane des Chariton 7€eQl Xaigiav xai Kah.qqorpf iQWTixd
ditiyrifjiata I, 6, und des Xenophon ^EqBaiana xara ^vd'lav xai
uißQorKOfjnqv in, 5 — 7. Tessale, die kammerfrau der Fenice ist die
zauberkundige Thessalierin (cfr. F. Wolf, jahrb. für wissenschaftl.
kritik 1837, I, no 117, pag. 934), von welcher vielleicht Brangäne
züge entlehnt hat. es stehen demnach zwei wege offen für den ein-
fluss der antiken sagenweit, direct durch die Franzosen seit ihren Ver-
bindungen mit Griechenland, oder auch, namentlich wenn wir Sophus
Bugge^s ansichten über die schon sehr frühe in Irland verbreitete
und von dort fruchtbringend hinausgetragene bekanntschafb mit
der classischen sagenweit berücksichtigen, durch die Kelten selber.
Liebrecht, Germania XII, 25 hat auf die ähnlichkeit hinge-
wiesen, die zwischen dem Schlüsse der Tristansage und der griech-
ischen vom tode des Paris besteht; Parthenius n^ql SQOfTixwv
naxhfjftccTüJv erzählt: Tcegl Oivwvtjg (iaTOQei NixavÖQog sv T<p negi
noirfvwv xal Keqxxixov 6 Fegyiöiog iv TQcoixoig), IdXi^avdqog 6
JlQidfiov ßovxoXüv nard ti^v *'ldijv xj^aihfi tijg KeßQVjvog dvyazQog
Oivwvtjg. liy&vat de xavxriv ix tov x^ewv xarexoidivrp^ x^eani^eiv
Tttql Ttüv fielXovtiov, xal aXhag de hei avviaei q)Qevwv ercl fjLeya
diaßeßorio%^ai, 6 ovv l^ki^avdQog avTrjv dyayofxevog naqd tov
TtoTQog elg tijV "/diyv, ottoi; avzi^ ol arad-ftoi r^oav^ cl^c yrvalxa,
xai avrf q>iXoq>Qovovfievog fÄtjöafda vniaxcto 7rQoXeiifjeiv^ iv neqiooo^
xiQ(f TB tifxji o^eiv. tj öi avvuvai fiiv €g>aax€v, elg ro Tcagov (og
df) ndw dvTfjg e^^i}, XQ^^^^ f^evroi Tivd ysyrioeo-^ai, bv (j> dnak-
Id^ag of^TijV Big ttjv EvQWTtjjv Tteoaiio-ih^aeTai xoxbi TCTorjx^Blg B7tl
yvvaixl ^ivTj noXBfjiov irtd^Brav voig olxeioig, e^yslxo de wg öbI
(xvTOv iv T<p noXBfji({i TQU-d-rivai, xal ort ovÖBlg avrov oiog xb eatai
vyitj Ttoiijaai rj avtri, hxdoTOTB de iniXByofiivrjg avTtjg ixBivog
ovx Bva ^B^v^ad^ai. xßovov de 7iqoi6vxog^ inBiöi^ ^E^vrjv eyqfxev,
ri' fjiev Olvcivri /4Bf4q)0f^evi] twv nQax\^evrwv tov l/iXe^avdqov elg
KBßq^a, od-ev tcbq rjv yevog^ dfCBXWQrjaBv, 6 de /ra^'xovrog ^dtj
Tov noXifiov SiaTO^BvofiBvog (DikoxTrjTrj xixqwaxBiai, iv viy ie
kaßciv TO T^g Olvcjvrjg enog, oxi eqmxo avzov nQog avTr^g f^ovtjg
Oiov TB Bivai lax^ijvaif xi^Qvxa 7ti^7tBi ÖBTjodfXBvov^ OTiwg iTieix^^Blaa
— 26 —
ovx earai re amov xal twv jtaQOixofdivtJv Xi^dr/v Tton^arjTaij ate
dl} xata d^ewv ßovXrjoiv ys dg)ixofAivwv. ij de ccvd-adeareQov ccTte"
HQivaTOy (og x^ ^^Q* ^EXivf^v avtov ievai ndxetvtjg öeiad-ai^ at;Tij
de r^TteiyenOy svd'a dr) enenvoTO xQUJf&ai avtov. xov da xij^vxog
%ä Xex^ivra naqd rffg Olvwvtjg d-attov aTtayy^ihxvrog d&vfitjaag
6 ^Xe^avÖQog a^suvevoev^ Oivvjvrj de enel vixvv t^ötj xard yi^g
neifievov eX&olaa Xdevy dvtpfxw^iv te xat TCoiXd naTokoqwQafievrj
dux^oato kavz'qv, (Westermann, Mvx^oyqaq)Oi^ Brunsvigae 1843,
pag. 133 und 155). nach andern berichten (Qoiutus Smyrnensis,
Posthomerica X, 259, — 488; Apollodor III, 12, 5 bei Wester-
m a n n pag. 109) fleht der todwunde Paris personlieh um heilung
und kehrt zurückgewiesen sterbend heim, gleich Brünnhilde ver-
brennt sich Oenone mit ihm auf dem holzstosse. die sage von
Oenone war im mittelalter sehr berühmt und beliebt; Ovids
heroinen waren verbreitet, sie wurden im frz. und mhd. behandelt,
cfr. noch Thomasin von Zirclar 1038 „si suln ouch Penelope der
vrouwen volgn und Oenone, Galjenä und Blanscheflor". — das
schwarze segel stammt aus der Theseussage, das schiff, das die
athenischen kinder nach Kreta führte, pflegte mit schwarzen segeln
in die see zu gehen. Theseus aber, der mit dem vorsatze etwas
gegen den Minotaurus zu wagen mitschiffte, versprach seinem
vater weisse segel aufzuziehen, wenn er als überwinder des stieres
zurücksegelte, dieses aber nun hatte er vergessen, als nun Aegeus
das schiff mit schwarzen segeln zurückkommen sah, so stürzte er
sich, in der meinung, dass sein söhn umgekommen sei, herab und
brachte sich ums leben; Pausanias I, 22; Plutarch, Theseus 17.^)
in wie weit wir in Oenone-Helena, der blonden und weisshändigen
Isolde, Brynhild-Gudrun einen typus von nebenbuhlerinnen-sagen
haben, bleibe hier dahingestellt, man wird aber eher auf ent-
lehnung als auf Urverwandtschaft zu schliessen haben. — der
liebestrank kann möglicherweise auch aus dem classischen alter-
^) dass das abenteuer mit der frau des Nampotenis (naim Bedenis)
ebenfalls der Theseussage entstammt, behauptet B ä di e r , Born. XV, pag. 485.
in dem lais von Tristans narrenverkleidung sieht G. Paris eine Variation
der geschichte von der rückkehr des Odysseus, den seine frau nicht mehr
kennt, wol aber sein hund. a. a. o. pag. 599. i
— 27 —
turne stammen, in welchem der glaube an philtren {(pikxqa) sehr
verbreitet war.
Was den berühmten schluss, das schöne gleichniss von rose
und rebe anlangt, so fehlt er zwar in den französischen fragmenten
des Thomas; vielleicht mit absieht, er wird von allen kunst-
mässigen dichtem, auch sofeme sie den andern Versionen folgen^
welche das motiv enthalten, mit einer gewissen zaghaften reserve
vorgebracht, welches beweist, dass er in seinem eigentlichen sinne
von ihnen nicht erfasst wurde; cfr. Eilhart 9510 «ich enweiz, ab
ich üch sagin mag, idoch hörte ich ^agin alsus'^ etc.; namentlich
Ulrich von Türheim (ausgäbe von Massmann pag. 587, 28—588, 7)
mit starken zweifeln; Heinrich von Freiberg 6822 fip. überall
auch lässt der könig die pflanzen setzen und sie wachsen nicht
von selber hervor, wie ursprünglich sicher erzählt wurde, wie auch
noch der französ. prosaroman berichtet: folio CXXV : „et de la
tombe de monseigneur Tristan yssoit une ronce belle et verte et
bien fueilleuse qui alloit par dessus la chappelle et descendoit le
bout de la ronce sur la tombe de la rojne Yseult et entroit dedans.
ce virent les gens du pays et le compterent an roy Marc, le roy
la feist coupper par troys foys, et quant il lauoit le iour fait
coupper le- lendemain estoit aussi belle comme eile auoit autreffoys
este. ce miracle estoit sur monseigneur Tristan et sur la royne
Yseult ''. ganz ähnlich ist der schluss eines griechischen Volksliedes,
wo eine cypresse hervorwächst und sich zum citronenbaum hinab-
neigt, der aus dem grabe der geliebten spriesst, cfr. cyprische
Volkslieder ed. A. Sakellarios, Athen 1868 no 13 Jannakos.
einen ganz eigentümlich gearteten schluss hat die Tristramisaga
cap. Gl: „ok er sagt, at Isold, kona Tristrams, hafi lätit jarda
|»au Tristram ok Isondu sftt hvarumegin kirkjunnar, svä at |>au
skyldu ekki vera naerri hvärt gdru framlidin. en svä bar til, at
sin eik eda lundr vöx upp af hvärs peirra leidi, svä hätt, at limit
kvlsladist saman fyrir ofan kirkju bustina, ok mä |)vf sjä, hversu
mikil äst |>eirra ä milli verit hefir**. die saga ist die einzige aus-
ländische Version des Thomasgedichtes, die bis zum Schlüsse geht,
a^er gerade aus diesem Schlüsse scheint mir hervorzugehen, dass
Thomas gedieht wirklich so schloss, wie unsere französischen frag-
mente. der schluss der saga ist namentlich in nordischen und
— 28 -
englischen balladen häufig, so vereinen sich im liede von William
und Margret rose und linde über dem kirchendache, cfr. Percy,
reliques of ancient english poetrj I, 33. der Verfasser der saga
kannte den schluss aus andern Versionen und fugte ihn, v^ie auch
das gebet kurz zuvor, aus eignem mittein nach den ihm bekannten
und naheliegenden analogien hinzu, der glaube an einen Zu-
sammenhang von menschen und pflanzen ist wol indogermanisch,
er kommt ja auch in der sage von Adam und Durkhaui im per-
sischen vor, wo ebenfalls zwei bäume aus den entfernt liegenden
gräbern emporwachsen und sich vereinen, cfr. Uagen, minne-
singer 4, pag. 565. auch im irischen lässt sich auf eine ver-
wandte sage hinweisen. Baile und seine geliebte Aillinn, deren
loos es war, dass sie sich im leben nicht geniessen sollten, starben
getrennt von einander, aus beider gräber wuchsen bäume hervor,
nach sieben jähren hieben dichter die bäume ab und machten
„taball filidh^ daraus, d. h. tafeln, auf denen die geschichte von
Ulster und Leinster verzeichnet wurde, als nun die dichter sich
begegneten, da sprangen die tafeln, die aus den bäumen verfertigt
waren, je zwei zusammen und blieben unlöslich vereinigt; cfr.
O'Curry, lectures on the manuscript materials of irish history,
appendix pag. 472 ff. diese oflFenbar auf gelehrter erfindung be-
ruhende sage setzt aber das Vorhandensein einer entsprechenden
für unsere zwecke in betracht kommenden pflanzensage voraus,
die möglichkeit wäre demnach vorhanden, dass sie aus dem kel-
tischen übernommen wurde, aber zwingend ist die annähme nicht,
die Verwandlung der seelen in blumen ist nur eine Variation des
im volksliede so weit verbreiteten balladenmotives cfr. darüber
Koberstein, Weimarer Jahrbücher I, pag. 73—100; weitere
litteratur bei E. Roh de, der griech. roman pag. 159 anmerk.
es wurde wol vom französischen spielmann aus der volkssage der
Tristansage hinzugefügt (aus der Tristansage erst in die volkssage
übergegangen ist das motiv natürlich nicht, dagegen spricht schon
seine weite Verbreitung an den verschiedensten orten, die sage
hat sich wie ein märchen überall hin verbreitet), was auch aus
der unfestigkeit und Variabilität hervorzugehen scheint; es ist
im gründe ein sehr schöner und poetischer gedanke, der gleichsam
als zeichen des durch wahnvolie schuld verirrten, durch den tod
— 29 —
aber gereinigten und völlig enisühnten lebens diese blüthe auf das
grab der liebenden gelegt.
Die erzählung von Tristan und Isolde ist nach stoff, inbalt
und form so geartet, dass sie sich zum grössten teile als ein mehr
oder weniger geschickt gefertigter roman erweist, dessen aus-
bildung wir einem volke zuzuschreiben haben, bei welchem eine
sehr rege und ausgedehnte litterarische tätigkeit herrschte, aus
dem inhalte an und für sich darf man auf alles eher
als auf eine national keltische sage schliessen und
zwar sind diejenigen y^rhältnisse, aus denen wir eine solche an-
sieht schöpften, nicht etwa nur äusserlicher art, ein gewand, das
über einen alten stoff hingeworfen wurde, der aber durch dasselbe
hindurch sich noch deutlich dem beobachter zu erkennen gibt,
sondern sie sind im gegenteil gerade das wesen der sage, die
Tristansage auf eine uralte form zurückführen zu
wollen, wäre ein versuch, der notwendig miss-
glüeken müsste, da die einzelnen teile, aus denen
sie besteht, abfallen und auf eine alte zeit nicht
zurückgeführt werden können, wenigstens nicht in
ihrem zusammenhange mit der Tristansage; und das-
jenige, was bleibt, ist zu dürftig und unsicher, um als eine
wirklich lebende sage gelten zu können, die bildung der sage
wird ins XII., höchstens in ihren anfangen schon in den ausgaug
des XL Jahrhunderts gesetzt werden därfen. in den siebziger
Jahren des XII. Jahrhunderts muss die sagenbildung bereits zum
abschluss gekommen sein, da hier die Übersetzung anfängt.
— 30 —
ZWEITES KAPITEL.
Die spielmannsversion der Tristansage.
Zu unsern bisherigen ergebnissen wurden wir durch die be-
trachtung des gegebenen sagenstoffes seinem inhatte nach ohne
rücksicht auf irgend welche andere Verhältnisse geführt, nunmehr
sollen die fragmente und epen und die dichter selber einer prüfung
unterzogen werden, ob wir aus diesen eine mit der oben darge*
legten übereinstimmende anschauung zu gewinnen yermögen. der
reichtum und die fülle der in der Tristansage verwerteten motive
legt den schluss nahe, dass das land, wo sie in Umlauf waren,
durch die regste Ijtterarische tätigkeit ausgezeichnet war: wir
werden auf Frankreich und die französischen Jongleurs des
XII. Jahrhunderts gewiesen, da wir auf keltischem boden von der
Tristansage fast nichts oder im besten falle eben nur soviel, als
wir nach dem stände der keltischen litteratur erwarten dürfen,
vorfinden, so wird die ausbildung des epos eo ipso von dort heraus-
gehoben, und in die Sphäre desjenigen volkes gerückt, welches
epischer dichtung verständniss und natürliche anläge entgegen-
brachte, provenzalische und französische dichter nehmen mehrfach
bezug auf die sage von Tristan und Isolde (cfr. Michel, Tristan
I, pag. I— -VI; Birch-Hirschfeld über die den provenzal. trou-
bador bekannten epischen stoffe pag. 38 ff.); da wir bereits in
den fünfziger jähren des XII. Jahrhunderts bei den Provenzalen
anspielungen finden, so muss die sage bereits 1150 eine epische
ausbildung in Nord-Frankreich erfahren haben.
Wenn wir die grossen epiker Frankreichs im XII. Jahrhundert
ins äuge fassen, deren werke muster für Deutschland und andere
europäische länder geworden sind, so drängt sich die frage auf,
welche Stellung wir ihnen selbst in der Schöpfung der romane
anzuweisen haben, es ist unmöglich, dass sie selber ohne weiteres
form und inhalt ihrer werke geschaffen haben, es müsste ein
genie gewesen sein, wie es in der gesammten weltlitteratur höchst
selten begegnet, das im stände gewesen wäre, aus eigner kraft
auf grund des verhältnissmässig so dürftigen materiales ein werk
— 31 —
wie den Tristan zu schaffen, mit eiserner energie weit ver-
streutes, mühsam zu sichtendes maiberial unter einem bestimmten
plane zum lebensvollen, farbenprächtigen gemälde zusammenzu-
fassen, denn dass keine keltischen epen im gegebenen falle vor-
lagen, die der französische dichter einfach zu übersetzen brauchte,
etwa wie Gottfried von Strassburg den Thomas, steht fest, wo
wir uns zur höfischen dichtung wenden, immer liegt der schwer-
punct der tätigkeit auf dem gebiete der form, spräche und metrik,
die an eine nach stoflT und inhalt bereits fest begrenzte quelle
herantreten, davon machten auch die französischen kunstdichter
vielleicht wenig ausnahmen, sie müssten ja sonst weit über ihrer
zeit stehen und in eine viel spätere hinübergreifen, in der die
freie composition des stoffes den hauptwert einer dichtung aus-
macht. Chrestien von Troyes ist als der neubearbeiter von
bereits vorhandenen gedichten aufzufassen, wie er ja auch einen
Tristan schuf, der hinter die uns erhaltenen bearbeitungen fällt,
so sagt er in der einleitung zum Erec (nach Holland pag. 22):
d' Erec li fil Lac est li contes,
que devant rois et devant contes
depecier et corrompre suelent
eil, qui de conter vivre vuelent.
Demnach bezieht sich hier Chrestien ganz offenbar auf
vorhergehende, denselben stoff behandelnde Spiel-
mannsdichtungen (eil, qui de conter vivre vuelent oder
var. qui contrerimoier vuelent); auf vorhandene bretonische
lais, wie Holland (pag. 26) will, darf die äusserung nicht be-
zogen werden, sonst wäre entweder Chrestien ein blosser Über-
setzer eines schon vorhandenen bretonischen epos, oder er wäre
der Sammler einzelner, verstreuter lais, und hätte aus diesen dann
sein epos geschaffen, das erstere ist sehr unwahrscheinlich und
dabei würde die dichterische tätigkeit Chrestiens sehr reducirt ; im
zweiten falle aber sind die anforderungen viel zu hoch gestellt. —
im Gliget: ^
ceste estoire trovons escrite
•en un des livres de Taumaire
Monseignor Pere a Biauvez. —
— 32 ~
P. Paris (les manuscrits franfois I, pag. 177) hält den Lan-
celot für rein französische erfindung. 'dieser ansieht stimme ich
bei trotz Villemarque, contes populaire? des anciens Bretons I,
pag. 63; San Marte, beitrage zur bretonischen und keltisch-ger-
manischen heldensage pag. 105. es ist auch hier, wie beim Tristan,
frz. erfindung, zu der jedoch einige aus der keltisch-bretonischen
Yolkssage übernommene züge sich hinzufügen.
De Chevalier au lyeon fine
Grestiens son romans ensi,
n'onques plus conter n'en oi,
ne ja plus n'en orroiz conter,
s'an n'i vialt man9onge ajoster.
Also auch Iwein wird von den spielleuten behandelt. Holland
a. a. o. pag. 105 meint über den Perceval, dass Chrestien wol
zahlreiche, mittelbar oder unmittelbar aus der Bretagne gekommene
lais vorlagen, die er mit freiheit behandelte, und in Verbindung mit
anderen zu einem weitschichtigen ganzen verarbeitete. Chrestien
selber sagt:
donc aura bien sauve sa peinne
Grestiens, qui an tan t et peinne
par le commandement le conte
a rimoier le meillor conte,
qui soit contez au cort real:
ci est li contes del graal,
don li quens li baille le livre.
später dann: si com li contes nos afiche,
qui a Pecamp est tot escriz.
Die verweise Chrestiens auf vorher- und nebenhergehende
dichtungen sind deutlich, man darf aber nicht bretonische lieder
darunter verstehen, die, wenn sie wirklich vorhanden waren und ge-
sungen Würden, doch an höfen und beim volke von einem verhältniss-
mässig geringen teile überhaupt nur verstanden worden wären,
und darum kaum den gedichten Chrestiens concurrenz machen
konnten, sondern vielmehr französische Spielmannsdichtungen in
der art unserer Tristanfragmente des Berol. Chrestien brauchte zu
seinen werken nicht einmal notwendig der bretonischen spräche
— 33 -
kundig 55U sein, wenn wir Chrestien als Tristandichter betrachten
und dabei die verschiedenen ihm vorhergehenden bearbeitungen
der sage berücksichtigen, dann darf ein mit seinen eignen angaben
sehr wol zu vereinigender analogieschluss auf das Vorhandensein
französischer bearbeitungen vor seinen gedichten gerechtfertigt
erscheinen, wenn wir die entstehung und bildung der sage kennen
lernen wollen, so müssen wir von der höfischen dichtung um eine
etappe zurückgehen, zu ihrer quelle, zur dichtung der fahrenden
spielleute. es lassen sich in der französischen epik zwei in ihrem
ausgangspunct verschiedene Strömungen unterscheiden, wie bei uns
in Deutschland die heldensage in der band der spielleute lag
und im XII. und XIII. Jahrhundert vielfach episch bearbeitet
wurde, so besass Frankreich im XL (und XII.) Jahrhundert
dichtungen, vielleicht schon epen, welche ihrem stoffe nach auf
nationaler grundlage beruhten, das XII. Jahrhundert bildete die
cyclen nationaler epopeen aus, die zum grossen teile ohne den
namen des Verfassers überliefert sind, wo ein name auftaucht,
ist es meistens nur ein Schreiber oder redactor, nicht ein beson-
derer, individuell beanlagter, genialer dichter, in reichster fülle
entwickeln sich die karolingischen epen. ihre bildung und ent-
wicklung vollzieht sich zwar nicht durch das abstract gedachte
dichtende volk, aber durch die zünftigen spielleute, gleichsam als
deren gemeingut, und darum reich variirt. anders ist das verfahren
bei den ebenfalls im XII. Jahrhundert ins leben tretenden epen
des antiken Sagenkreises, cfr. Paul Meyer, Alexandre le grand
dans la litterature franfaise I, pag. XXII; II, pag. 2 — 3. hier
ist ein ganz bestimmter ausgangspunct gegeben, eine quelle, die
in jedem zuge die sage schon ausgebildet zeigt, deren entwicklung
in einer früheren zeit, unter anders gearteten Verhältnissen und
bei fremden Völkern zu suchen ist. der französische dichter be-
schränkte öich in seiner schöpferischen tätigkeit darauf, die quellen
zu übersetzen und die scenerie und das costüm den mittelalterlichen
Verhältnissen anzupassen, seine tätigkeit ist die des kunstdichters,
der sich enge an gegebene Vorbilder anschliesst, im gegensatze zu
dem auch in freier composition tätigen volksmässigen sänger. auch
die späteren nachfolger bleiben in dem fest vorgezeichneten geleise,
und benützen ihre Vorgänger und deren quellen, und nur selten
Golther, Tristan. 3
— 34 -
kommt ein neuer selbstöndiger zug hinzu, die Alexanderlieder
z. b. gleichen sich sehr unter einander, die dichter der epen des
classischen Sagenkreises sind der natur der sache nach darum auch
meistens kunstdichter und keine Torbereitende spielmannspoesie
gieng ihren werken voran, die nationale epik ist demnach, selbst
wenn sie züge aus fremden stoffen herübernimmt, in bezug auf
die composition als das eigentum und selbst geschaffene werk der
französischen dichter zu bezeichnen, während bei der kunstepik,
die sich an bereits gegebenes anschliesst, das eigentumsrecht nur
für die form und einige wenige nebensächliche züge beansprucht
werden darf, wenn nun die epen des antiken Sagenkreises auf
bereits vorhandenem fertigem stoffe beruhen, so sind sie demnach
im verhältniss zu den nationalen epen nur zur hälfte als eine
Schöpfung des französischen geistes aufzufassen, die Tristansage
und vielleicht auch die anderen romane des bretonischen
Sagenkreises sind wie die nationalen epen aufzufassen,
also nach beiden seiten hin eigentum der Franzosen,
nicht so grossartig nach anläge und conception, aber analog im
process des werdens entstanden die verschiedenen Tristan Versionen,
die Vorstufen sind beim Jongleur zu suchen, er hat allmälig feste
formen geschaffen, diejenige sagengestalt, welche später dem
grösseren, individuell veranlagten kunstdichter der höfischen Sphäre
zur vorläge diente; und französisch können wir demnach die sage
nennen, fast mit demselben rechte wie wir die karolingischen epen als
national-französische werke bezeichnen, bei aufmerksamer betrach*
tung lassen sich vielleicht sogar berührungspuncte auffinden, in
allen gedichten kehren Schilderungen von hoffestlichkeiten an Artus'
hofe wieder, im Erec hält er an ostern ein fest, im chevalier de
la charette am himmelfahrtstage, im chevalier au lyon an pfingsten.
diesen typischen gebrauch verspottet Wolfram Parz. 281, 16 ff.:
Artus der meienbjere man,
swaz man ie von dem gesprach,
zeinen pfinxten daz geschach,
odr in des meien bluomenzit.
waz man im süezes luftes git!
Dies ist wol nichts weiter als eine nachbildung der court
plenieres der Karlsepen, die zwölf beiden der tafeirunde schliessen
- 35 —
8ich an die zwölf pairs an; zu gründe liegt eher die zwölfzahl
der apostel als etwa alte mythische erinnerungen. — wenn wir
bedenken, dass in den Karlsepen eine menge von rein germanischen
namen, anschauungen, sitten und sagen* enthalten ist, ohne dass
darum das epos selbst als fränkisch-germanisch bezeichnet werden
darf, und dass trotzdem der rühm der epischen gestaltung allein
Frankreich zufällt, so dürfen wir auch in der Tristansage mit
P. Paris mit vollem rechte „la glorieuse propriete, la creation
du genie fran9aise* erblicken, obwol die namen und personen
ursprünglich keltisch sind und die sage yielleicht zwar etwas mehr
directe entlehnungen aus der bretonischen volkssage enthält, -—
ein umstand, der sich aus dem fortbestehenden contacte mit den
keltischen bewohnern leicht erklärt — aber viel weniger keltische
anschauungen und gebrauche, als sich germanische in der nationalen
dichtung vorfinden, die Franzosen des mittelalters sind sehr
adaptionsfähig und wie sie sich dort das germanische dement
ganz zu eigen machten, so gelang es ihnen hier das keltische der-
artig zu durchdringen, dass es gar nicht mehr anders als eben
nur französisch empfunden werden konnte, und wie dies bezüglich
der Karlsepen bei den Deutschen der fall war, später wiederum
von den Kelten als eine rein französische sage zurückentlehnt
wurde (cfr. oben pag. 11). so einfach also liegen die Verhältnisse
durchaus nicht, als die worte Yillemarque's (les romans de la table
ronde pag. 86) besagen: «anterieurement aux recits romanesques des
troubadours et des trouveres il existait une legende galloise de Tristan
ä laquelle les poemes des bardes et les triades fönt positivement
allusiou. cette legende depuis longtemps repetee par les conteurs
bretons aussi bien d'Angleterre que de France, avait subi Tinfluence
de la chevalerie naissante, comme les autres fahles du cycle d ^Arthur
et avait ete le sujet de divers chants populaires en langue celtique^.
zur rechtfertigung dieser ansieht müsste eine ganz andere keltische
grundlage zu erkennen sein, als dies in Wahrheit der fall ist. nach
Villemarque würde die arbeit der französischen Tristan dichter der-
jenigen der bearbeiter antiker stoffe gleichen, neben allem andern
widerspricht dem schon die reiche, verschiedenartige Überlieferung
unserer sage, es muss für ihre entstehungsgeschichte an dem paral-
lelismus mit der karoüngischen sage unbedingt fest gehalten werden.
— 36 —
Wir haben uns nunmehr zur betrachtun^ der normannischen
und anglonormännischeu spielleute zu wenden, welche in Frankreich
und England in directe berührung mit der keltischen bevölkerung
kamen und bei denen wir teilweise sogar die bekanntschaft mit
den in betracht kommenden keltischen idiomen vorauszusetzen
haben, die also aus directer quelle zu schöpfen vermochten, nur
dass von da weitaus nicht so viel zu holen war, als man gewöhnlich
annimmt, war aber einmal der erste schritt getan und durch
Übersetzung beispielsweise etwa ein keltischer lais in französischen
kreisen bekannt geworden, dann war er damit schon französisches
eigentum geworden und der nachfolgende spielmann, der ihn in
irgend welcher weise benützte, brauchte zu diesem zwecke bereits
nicht mehr auf das original zurückzugehen, die zweite hälfte des
XII. Jahrhunderts, die regierungszeit Heinrich's II. (1154 - 89),
also gerade diejenige zeit, in der die französische epik sich voll
entfaltete, war für derartige bestrebungen von grosser bedeutung.
Heinrich begünstigte die Verbreitung der keltischen sagen in
England und Frankreich, „sie wurden den anglonormännischeu
hofdichtern und trouvers bekannt und von ihnen verarbeitet teils
in kleineren erzahlungen (lais, fabliaux), teils in grösseren cyklischen
dichtungen (romans d'aventure), indem sie mehrere solcher auf
denselben Sagenkreis bezüglicher Volkslieder nach art der dias-
keuasten und cykliker des altertums zu einem ganzen verschmolzen,
die ursprünglich keltischen volkssagen bald wie die altklassischen
mit dem ritterlich-höfischen costüme ihrer zeit und ihres Standes
bekleidend, die romane des bretonischen Sagenkreises beruhen auf
volkstümlichem, sagenhaftem gründe, geschöpft aus bretonischen
volkssagen (mabinogion) und volksballaden (lais)* (cfr. Ferd. Wolf,
über die lais etc. pag. 59 und .anm. 81 u. 82). diese ansieht
bedarf für die Tristansage merklicher berichtigung. die benützung
von lais ist allerdings richtig; aber sie ist in etwas modificirter
weise aufzufassen, der hin weis auf diaskeuasten und cykliker
muss etwas schärfer gefasst werden, wo wir „diaskeuasten* an-
treffen, so ist ihre schaffende tätigkeit auf ihre eigene spräche
beschränkt, und es wäre wol unerhört anzunehmen, ein fran-
zösischer Jongleur habe bretonische lieder und sagen gesammelt,
diese zum epos vereinigt und. dann übersetzt, auch hier geht der
— 37 ^
process nur sehr langsam und allmälig vor sich, das erste ist
das aneignen der keltischen grundztige; darauf folgt der ausbau
zu einzelgemälden mit der Voraussetzung eines bestehenden ganzen ;
dieses geschieht auf französischem boden von den Jongleurs und
ist als die eigentliche sagenbildende periode zu bezeichnen; nun
folgen die cyklischen bearbeiter, welche das verarbeitete material
zusammenzufassen suchen, was übrigens sehr selten in einer durch-
aus befriedigenden weise gelungen ist; und dann, wenn bereits
fertige epen vorliegen, dienen sie dem kunstdichter als» quelle und
erfahren durch seine Vermittlung eine formelle Verbesserung und
Verbreitung in den höheren gesellschaftsclassen. es wird hieraus
einleuchten, dass die ansieht, welche einen Chrestien oder
Thomas sein material suchen und dann bearbeiten lässt, sehr
wesentliche stadien einer naturgemässen entwicklung völlig hint-
ansetzt.
Wir haben einige blicke auf die lais und ihre eventuelle
bedeutung für die sagenentwicklung zu werfen, es sind ursprüng-
lich keltische Volkslieder, in späterer zeit versteht man darunter
kürzere erzählungen in reimpaaren abgefasst, die in der afz.
litteratur eine grosse rolle spielen, sehr viele lais gehen direct
auf keltische vorlagen zurück und sind als Übersetzungen zu be-
trachten, die bretonischen vorlagen, aus denen wir einen einblick
in die arbeits weise der dichter erlangen könnten, sind nicht mehr
vorhanden; das einzige erhaltene L'austic = die nachtigall (Ville-
marque, Barzaz Breiz, Paris 1840, tora. I, pag. 122) wird in
bezug auf seine echtheit angezweifelt, Reinhold Köhler, in biblio-
theca Normannica ed. Suchier bd. III (Marie de France ed. Wamcke)
pag. XCIV— XCV. Marie de France ist vorzüglich ein beispiel
für den Übergang von bretonischer sage ins französische, so z. b.
der eingang der ,, nachtigall** :
une aventure vus dirai,
dunt li Bretun firent un lai.
Laustic a num, ceo m^est avis,
si Tapelent en lur pais,
ceo est russignol en Franceis
e nihtegale en dreit Engleis.
— 38 —
femer im Bisclaveret:
quant de lais faire m'entremet,
ne voil ublier Bisclaveret.
Bisclaveret a nun en Breton,
garwalf Tapelent li Norman.
Hieraus geht hervor, dass Marie bretonisch verstand und direct
übersetzt hat. auch für verschiedene andere lais ist die bretonische
quelle zweifellos.
Les contes ke jo sai verais,
dunt li Bretun unt fait les lais,
vos conterai assez briefment.
el chief de cest coumencement
sulunc la lettre e l'escriture
vos mosterai une aventure
ki en Bretaigne la menur
aviiit al tens ancienur. (lai de Guigemar).
Les estores en trai avant
ki encore sont ä Carlion,
ens le Monstier Saint-Aaron,
et en Bretaigne sont seues,
et en pluisors lius conneues. (lai d'espine).
Die Vorliebe der Bretonen für abenteuerliche sagen rühmt
Marie im lai d^Equitan:
mut unt este noble barun
eil de Bretaigne li Bretun;
jadis suleient par pruesce,
par curteisie e par noblesce
les aventures qu'ils oeient,
ki ä plusurs genz avencient,
faire les lais pur remerabrance,
qu' um nes meist en ubliance.
In hohen adelskreisen waren diese lais zur zeit Heinrichs IL
sehr beliebt, wie aus den Worten des Denis Pyramu^ hervorgeht:
e en est ele mult loee
e la ryme partut amee;
— 39 —
kar malt Tayment,
si Tunt mult eher
cunte, barun e chivaler,
e si en ayment mult Tescrit
e lire le funt, si unt delit
e si les funt sovent retreire.
Verschiedene andere stellen namentlich bei Wace (roman de
Ron pag. 143, Brut II, pag. 74 f.) bezeugen das Vorhandensein
bretonischer sagen, die in laisform behandelt wurden, cfr. auch
noch Chaucer in der einleitung zu „the Frankeleins tale*:
this olde gentil Bretons in hir dayes
of diverse aventures maden layes
rimeyed in hir firste Breton tonge.
Der inhalt der echten d. h. übersetzten lais z. b. des Guigemar
sind bretonische feenmärchen. neben diesen finden sich auch
classische stoffe, ganz im märchengewande, z. b. im Sir Orfeo.
in Gottfrieds Tristan 3614 wird ein lais de la cürtoise Tispe von
der alten Bäbilöne erwähnt, hier wird es bereits zweifelhaft, ob
diese lais wirklich direct aus dem bretonischen stammen, da die
keltische durchgangsstufe mitunter wenig glaubhaft scheint, die
lais wurden eine sehr beliebte form, in welcher kürzere
erzählungen vorgetragen wurden, sind aber keineswegs
durchweg Übersetzungen keltischer originale, die frage
wird in doppelter richtung für die Tristansage von belang, es
spielt noch einmal die frage nach dem Vorhandensein einer keltisch-
bretonischen dichtung herein. Marie de France hat einen lais
von Tristan und Isolde gedichtet „lilaisdelchevrefoil*. es
wird darin erzählt, wie Tristan, der vom hofe Markes verbannt
war, ein jähr lang in seiner heimat weilte, dann aber nach Com-
wall zurückkehrte, um Isolde wiederzusehen, auf haselstäbe schreibt
er die liebesbotschaft an sie, und darauf hin findet eine Zusammen-
kunft statt, eine ähnliche scene, nur dass Tristan einen begleiter
hat und nicht allein ist, schildert auch die übrige Tristanüber-
lieferung, Eilhart und Heinrich von Freiberg, das wiedersehen der
liebenden im blanken lande; die botschaft wird durch einen
zweig oder ein reis (E. 6542 — 4, H. 4556 — 9) vermittelt; es ist
— 40 —
vielleicht nur eine Variation der botschaft vermittelst der späne
im baehe E. 3341—3345 und Gottfried 14427 ff. man könnte
nun leicht auf die ansieht verfallen, dass wir hier direct ein bre-
tonisehes Volkslied vor uns hätten, wie sie die Normannen, die
als nachbam der Bretonen in Prankreich und England mit diesen
m vielfache berührung kamen, kennen lernten, in den namenlos
überlieferteji, teilweise zusammenhangslosen und unter sich vielfach
widersprechenden französischen Tristanfragmenten könnten noch
mehrere derartige Überreste verborgen sein, die sage würde sich
am ende doch als einen complex alter zusammengefasster Volks-
lieder ergeben, aber die bedenken lassen sich lösen.
plusurs le me unt cunte e dit,
e jeo Tai trove en escrit,
de Tristram e de la reine,
de lur amur que tant fu fine,
dunt il eurent meinte dolur
e puis mururent en un jur.
Aus diesen Worten geht deutlich hervor, dass Marie auf eine
schriftlich fixirte Tristansage bezug nimmt, das ^le* ist nicht
einseitig auf den vorliegenden lais allein und seine vorauszusetzende,
bretonische quelle zu beziehen, es wird von Markes zorn und
der darauf hin erfolgten Verbannung Tristans nach seiner heimat
(abweichend hier Süd- Wales) erzählt, das alles setzt eine wolge-
gliederte handlung voraus, die diction und der gedankengang sind
von der grössten feinheit und zartesten empfindung (z. b. der
reizende vers: bele amie, si est de nus: ne vus sanz mei ne mei
sanz vus). man muss in derjenigen Sphäre, in welcher
das lied entstand, das Vorhandensein einer Tristan-
sage von hoher Vollendung, etwa gleich der höfi-
schen Version voraussetzen, dies kann aber in der
keltischen litteratur nicht der fall sein; Marie weist
auch mit keinem worte auf eine bretonische vorläge hin, sie spricht
nur von englischer^) und französischer Version (Gotlef l'apelent
^) auch G. Paris (Rom. VIII, 34) gesteht zu: l'^pisode des amours de
Tristan et dlseut qui a foumi le sujet du Chevrefueil se passe en Angle-
terre, et le nom du ch^vrefeuille est traduit en anglais; le mot breton
— 41 —
en Engleis, chevrefoil le nument Franceis), zu ende des XII. Jahr-
hunderts war ein epos ja auch längst vorhanden, im französischen
prosaromane finden sich zuweilen stellen, wie folgende. Tristan
hat einen riesen erschlagen und das land von einem ihm gezahlten
tribute befreit, li pais est orendroit apeles li franchise Tristan. —
li Breton firent un lai de ceste aventure qui encore est apellez li
lai de la franchise Tristan, cfr. Hagen, minnesinger IV, pag. 551
anmerk. solcherlei stellen sind natürlich ohne jede bedeutung und
geben keinen grund, auf bretonische lieder, die wirklich existirt
hätten, zu schliessen. die scene an und für sich bat mit der
Tristansage gar nichts zu schaffen, die beschaffenheit des romanes
ist von der art, wie unten ausgeführt werden wird, dass man
dessen compilator doch niemals kenntniss solcher alten quellen
zuschreiben dürfte, es ist nur zufällige, gedankenlose Verwertung
einer in den lais sehr häufigen, stereotypen formel. allem nach
kann somit der lais als eine bretonische quelle für die Tristansage
nicht in J^etracht kommen.
Jedoch kommt er in anderem sinne für die entwicklung zum
zuge. wie wir hier eine einzelne scene als episode herausgegriffen
und dichticrisch behandelt sehen, so geschah dieses auch sonst
noch. 1) wir haben zwei verschiedene behandlungen der scene von
Tristans narrenverkleidung, die man füglich als lais bezeichnen
kann, beide setzen ganz notwendig die zwei verschiedenen haupt-
n'est pas prononc^. dass die heimat Tristans Süd-Wales ist, und die engl.
Übersetzung „gotlef legt uns den gedanken nahe, dass wir hier vielleicht
spuren einer auch in England von den spielleuten in englischer spräche
geflegten Tristanversion haben, in der spielmannsversion Michel I, pag. 104,
2105 wird der liebestrank auch in der engl, form genannt „li lovendris,
li vin herbe**, wenn die tradition in den händen normänischer und anglo-
normännischer Jongleurs liegt, so erklärt es sich leicht, dass auch im engl,
zage davon auftauchen, factoren in der entwicklung. die spätere Übersetzung
des Thomasgedichtes hebt die spielmannsversion auf. englische Vermittlung
Überhaupt nimmt G. Paris (Rom. XIV, pag. 604 ff.) an.
1) roman de Renart ed. Mäon II, pag. 96, vers 12149:
sez tu le lai dam Iset.
diese Tristanlais unterscheiden sich aber von den von Heinzel angenommenen
12 liedem (cfr. unten) dadurch , dass sie inhaltlich abgegrenzte episoden
schildern, nicht wie Heinzel will beliebige scenen ohne anfang und ende.
— 42 —
bearbeitungen der sage voraus, wenn sich nun nachweisbar epi-
soden neben dem hauptstrome der sage in einzelbearbeitung in
einer Sonderexistenz herausbilden und erhalten, so können diese
leicht späterhin für die entwi«klung der gesammten sage von
belang werden und aus einem derartigen verfahren haben wir uns
vielleicht die vielen Variationen zurecht zu legen, denen wir be-
gegnen.
Das epos ist das product einer längeren reihe von einzelnen
gliedern, von Stadien, die notwendig durchlaufen werden müssen;
es steht nicht mit einem schlage fertig und vollendet da. einer-
seits liegen die umrisse der keltischen sage da, vielleicht das factum
der liebe Tristans zu seines oheims weibe, und einige wenige data
der Vorgeschichte, andererseits besitzen wir die grossartig ange-
legten, oft fein ausgeführten epen. diese als blosse Übersetzungen
ähnlich den ausländischen gegenüber den französischen anzunehmen,
dazu müsste man eine so umfangreiche und entwickelte dichtung
voraussetzen, dass sie unmöglich ganz spurlos verschwunden sein
könnte, wir haben gefunden, dass das material, aus dem die epen
sich zusammensetzen, zum grossen teile aus den verschiedensten
gegenden anschwemmte, eben dieses ist die tätigkeit des sich
bildenden epos: um einen gegebenen kern und mittelpunct schiessen
blätter und bluten an. dies ist ein vollkommen normaler gang
der ereignisse. der träger dieser wichtigen entwicklung ist der
spielmann, seiner tätigkeit entstammt die Tristansage, der erste
schritt geschieht durch das aneignen des fremden, darauf folgt
die ausbildung des einzelnen unter dem festhalten des gesammten.
der letzte schritt ist der versuch der Zusammenfassung zu ge-
schlossenen redactionen. dieser wurde mehrfach und auf ver-
schiedene art und weise unternommen, nicht nur bei der Tristan-
sage, sondern auch bei anderen z. b. bei der Parzivalsage. zur
wirklichen ausgestaltung iura, künstlerischen epos ist dann nur
noch eine entsprechende poetische kraft nötwendig, eine bedeutende
unfertigkeit und ungleichmässigkeit herrscht, was die handlung an-
langt, in den epen des sogenannten bretonischen Sagenkreises, zum
teil mag dazu auch die heimatlosigkeit des Stoffes beigetragen haben,
was im französischen anschwemmte, war ja im gründe auch nichts
Sipeziell nationalfrahzösisches. es blieb immer eine gewisse fluctuo-
— 43 —
sität vorherrschend, für die grosse verhreitung der sage ist dies
wol nicht ohne bedeutung. überall konnte sie aufnähme und
Sympathie finden, da sie keinem volke ausschliesslich angehörte,
und ihren stoflF von mehreren entnahm, da ferner ein allgemein
menschliches, ergreifendes grundmotiv sie durchzog, am ende kam
noch die pflege bei der ritterschäft als einer art von kosmopoli-
tischer gesellschaftsschicht als maassgebendes moment hinzu.
Was an französischen fragmenten der Tristansage erhalten
ist, hat zwar nur geringen umfang, jedoch genügt es zur fest-
stellung wichtiger tatsachen, indem beispiele von mehreren unter
einander sehr verschiedenen Versionen vorhanden sind, was wichtiger
ist, als wenn uns eine Version im originale vollständig überliefert
wäre, von den andern aber nichts, in zweiter linie kommen aber
spätere bearbeitungen und ausländische Übersetzungen zum zuge.
bei der benutzung und beiziehung solcher secundärer quellen
handelt es sich darum, dass man sich über das verhältniss der
einzelnen werke zu ihren vorlagen klar wird, dass man dasjenige,
was individuelle zutat des einzelnen Werkes ist, genau zu scheiden
und in abzug zu bringen vermag, der rest gibt uns dann ein
bild von der beschaffenheit.des originales, dessen richtigkeit wir
durch vergleichung mit den vorhandenen fragmenten zu bemessen
vermögen, man hat sich schon längere zeit daran gewöhnt, zwei
hauptversionen der Tristansage zu unterscheiden, diejenige des
Berol und die des Thomas, man könnte dadurch sich zu der
ansieht verleiten lassen, als ob zwei dichter, beide gleichberechtigt
und gleich selbsttätig die Tristansage in Prankreich in eine be-
stimmte form gegossen hätten, das ist aber keineswegs ohne weiteres
der fall und die sogenannte Berolversion führt die bezeichnung
nach dem namen dieses dighters, sofeme sie nicht bloss der ein-
fachheit halber ohne eigentliche bedeutung gebraucht wird, mit
unrecht, wir wenden uns zunächst der betrachtung dieser
Berolversion zu und müssen zu diesem behufe eine quelle etwas
näher in augenschein nehmen, welche seither verhältnissmässig
nur sehr wenig benützt worden ist, nemlich den afz. prosaroman
von Tristan. ' '-
Ein überblick über den inhalt des romanes ist vor allen dingen
notwendig, leider kann aber diese aufgäbe hier ganz skizzenhaft
- 44 -
nur mehr angedeutet werden, da die wichtigsten Vorbedingungen
fehlen, aber auch so können wir bedeutsame ergebnisse gewinnen,
die französischen romäne sind noch sehr wenig erforscht, obwol
aus ihnen mannigfache aufschlüsse über die epischen stoffe des
mitteialters, namentlich so weit sie zum bretonischen Sagenkreise
gehören, zu erholen wären, eä mangeln irgend wie verlässige
ausgaben und man muss sich hierin mit dem wenigen erreichbaren,
selbst wenn es sehr unsicher wäre, begnügen, der Tristanroman,
welcher von Luces, chevalier et sire du chastel du 6ad voisin
prochain de Salibieres zur zeit Heinrichs IL verfasst sein soll,
liegt in verschiedenen handschriften aus dem XIII. bis XV. Jahr-
hundert vor. ein verzeichniss derselben findet sich bei Michel,
Tristan I, pag. XXYIII und den dazu gehörigen anmerkungen;
bei Wolf, über die lais etc. pag. 240, anmerk. 76; am verlässigsten
P. Paris, les manuscrits fran9ois de la biblioth^que du roi vol. I.
über das verhältniss dieser handschriften unter einander ist nichts
näheres^) bekannt, namentlich nicht in bezug auf den stoff, in
wieweit derselbe etwa in den älteren in einer reineren, einfacheren
gestalt erscheint, bekannt sind nur drucke, die aber sehr selten
sind und nicht immer leicht zu beschaffen, auch bei drucken
können jüngere bedeutend abweichen, der erste druck stammt
von 1489 Ronen en lostel de Jehan le Bourgoys, cfr. Brunet,
manuel III, pag. 482 ff. die drucke sind in der spräche des
XV. Jahrhunderts, sie sind nach einer handschrift des XV. Jahr-
hunderts (fonds ancien 6776) angefertigt, zu welcher P. Paris
a. a. o. die bemerkung macht: le texte, abrege plus de trois
quarts, est celui que les imprimeurs du XV* siecle ont reproduit
et le seul que Ton connoisse en France, ou plutöt, ce n'est plus
le Tristan, tant il differe du roman de Luces de Gast renferme
dans les le9ons plus anciennes. auf das detail des Wortlautes und
feinerer, präciserer vergleichungen kann sich demnach die folgende
^) J. Brakelmann hat eine hierauf bezügliche arbeit in angriff ge-
nommen, die aber nicht zum abschluss kam. ^tschr. f. d. phil. XYIII,
pag. 81 — 94 sind die studien veröffentlicht, es werden hier die bedeutenden
differenzen in den verschiedenen handschriften des romanes aufgezeigt,
gerade für den uns hier wichtigen eigentlichen Tristanstoft' enthält die
arbeit nichts wichtigeres.
— 45 —
Untersuchung nicht einlassen und sie ist mit allem vorbehält zu
führen, es sind nur sehr wenige hemerkungen zum romane in
den bisherigen arbeiten aufzufinden.^) Heinzel (ztschr. f. d.
altertum bd. XIV, pag. 353) leugnete sichere beziehungen zwischen
dem romane und Eilhart. etwas weniges bemerkt dagegen
Lichtenstein, Eilhart von Oberge pag. CXLIX. Boss er t
(Tristan et Iseult, poeme de Gotfrit de Strasbourg compare ä
d'autres poemes sur le meme sujet, Paris 1865), welcher den
prosaroman als den poetischen dichtungen vorausgehend betrachtet
(pag. 31 — 34), kommt pag. 120—126 zu dem resultat: ^l'histoire
de Trist<an et Iseult arriva ainsi aux temps modernes sous trois
formes principales** ; er hält ihn also für eine dritte version gegen-
über der des Berol und Thomas. Michel Tristan II, pag. 205
gibt ein fragment aus Meliadus de Leonnois, II, pag. 222 — 226
ein fragment des Tristanromans von 1520, welche beide Vetter,
la legende de Tristan pag. 53 — 56 behandelt hat. Hertz pag. 540
seiner Tristanübersetzung verzeichnet den roman als der Berol-
version angehörig und nimmt auch in seinen anmerkungen mehr-
fach darauf bezug. die folgenden auszüge sind gegeben nach dem
auf der Münchener Staatsbibliothek vorhandenen drucke: Tristan,
Chevalier de la table ronde, Paris 1514 bei Michel le Noir, fol. 2
vols. es muss zunächst festgestellt werden, welche der uns be-
kannten Sagenversionen dem dickleibigen romane zu gründe lag
und ob diese mit Eilhart und den französischen fragmenten stimmt,
bereits aus dem namen Tristan de Leonnois ist zu folgern, dass
uns in der prosa die ältere version vorliegt, im gegensatze zur
Thomas'schen, nach welcher Tristan von Parmenien (Gottfried),
^) Einige notizen über das verhältniss der französischen prosa zu Eil-
hart finden sich auch in dem aufsatze (von Jacob Grimm?) der Leipziger
litteraturzeitung von 1812 spalte 606 — 6. aber 497 wird bemerkt, die fran-
zösische prosa habe nichts mit unserer älteren Eilhartischen gemein.
der XV. band der Romania (1886) enthält abhandlungen, die sich mit
der frz. prosa beschäftigen: J. Bädier, la mort de Tristan et d'lseut
pag. 481-6x0, und W. Lutoslawski, les folies de Tristan pag. 611 — 633.
eioe umfassendere arbeit von Löseth über den roman wird in aussieht
gestellt a. a. o. pag. 697. die auffassung über die entstehung und die Ver-
wertung des romanes stimmt mit der unsem ziemlich überein, nemlich dass
ein gedieht von Tristan und Isolde hineinverarbeitet worden ist.
- 46 -
Ermenia (Tristramsaga), Ermonie oder Hermonie (Sir Tristrem)
stammt, die Tristansage erscheint völlig eingehüllt von einer menge
ganz ferne liegender episoden, welche einzig den zweck haben,
einen Zusammenhang zwischen Tristan und Artus und der tafei-
runde herzustellen, jedoch sind dieselben ganz äusserlich, ohne
die handlung zu alteriren, und es gelingt unschwer, die eigentliche
Tristansage herauszuschälen, der roman beginnt mit einer langen
einleitung, der geschichte der ahnen Tristans, in welcher die
heterogensten dinge bunt unter einander gemengt erscheinen, die
geschichte der eitern Tristans ist ebenfalls total verwischt bis auf
die namen. das betreffende capitel heisst: comment Meliadus roy
de Leohnoys espousa Ysabel fiUe du roy Felix de Cornouaille en
laquelle il engendra Tristan le vaiüant, et comment eile mourut
en Tenfantant. wichtig allein ist die stelle: ie me meurs du travail
que i'ay en de toy, triste vins icy, triste acouche et en tristeur
ie t*ay eu, et la premiere feste que ie t^ay faicte a este en tristesse
et pour toy me mourrai triste, et quant par tristeur es venu en
terre tu auras nom Tristan, bei Eilharts kurzer ausdrucksweise
fand diese stelle in seinem gedieh te keinen platz, jedoch steht
sie ähnlich bei Gottfried 1993 bis 2020.
Et le roy prent l'enfant et le dar nach in korzen ziten (E. 126)
baille ä garder ä Gouvernail qui beval der edele koning riebe
puis le garda si loyaulment quil daz kind flizlichin
n'en deust estre blasme et luy eime knapin der hlz Eurneväl.
fist querir nourrige teile comme der künde im wol legin mal
il luy appartenoit. fol. 21, a. zu hovelichin dingen.
Die Stellung Markes zu Tristan ist von anfang an eine feind-
liche und durchaus misstrauische, was der roman durch ein capitel
rechtfertigt: comment ung nayn denonca au roy Marc de Cornou-
aille, que par Tristan il se clameroit chetif. hier mag zugleich
an einem beispiel klar gemacht werden, wie der roman ganz be-
liebig capitel einschaltet, welche weiter in gar keinem Zusammen-
hang mit der handlung stehen und für deren verständniss getrost
wegbleiben könnten, ehe Tristans eigentliche geschichte an Markes
hofe beginnt, hat er verschiedene abenteuer zu bestehen:
47 —
comment le roy Meliadus espousa la fille du roy Hovel, la-
quelle cnyda empoisonner Tristan.
comment Belinde fille du roy Pharämon devint amoureux de
Tristan.
comment Belinde fina ses iours pour le departement de Tristan.
Die namen und die abenteuer selbst zeigen schon genugsam,
dass derartige dinge einer zeit des Verfalles angehören, in welcher
an eine organische epische sagenentwicklung in alle weite nicht
mehr zu denken ist. in Übereinstimmung mit der alten und echten
sage fahrt dann der roman fort:
Tristan vint devant le roy
Marc son oncle et luy presenta
son Service et le roy luy de-
manda qui il estoit. Sire ung
estrange varlet suis qui vous
servira s'il vöus piaist. fol. 25, a.
Tristant tant y sert que il est
prise sur tous ses compaignons*
lors fut si preux et si fort que
nul ne fut de sa proesce ne de
sa valeur.
Morhoult dlrlande ä graut
gent avec luy vint en Comou-
aille querir le treu que ceulx
de Cornouaille devoyent au roy
d'Irlande.
es erhebt sich grosse klage im
Volke, da er die kinder als geisein
mit sich führt : enfans mal fustes
onques nez et nourriz quant il
convient que ceulx d'Irlande vous
enmainent en servage en leur pays,
Tristan demande ä ung che-
vallier pourquoy il se dementent
tant et qui estoit celluy Morhoult
mit sulchir liste (E. 286)
quam der here Tristrant
da he den seibin koning vant. —
und sprach hovelichin so:
here ich wil hie bl üch sin,
is daz ir gerüchet min,
zu üwerm dinste wil ich stan.
daz kint — mit nichte vormeit(342)
swaz ez gutes mochte getü
beide spate und ouch vru. —
sus wuchs der jungeling
mit eren und zu grözem love.
sus wolde he bringen (E. 381)
den zins von deme lande,
vil küner wigande
samnete he als her solde.
E. 427-442 droht Morold leben-
digen zins sich zu holen.
do quam Tristrant (E. 556)
und vrägete sie al um wat
^sie hetin sulchin grözin rät.
- 48 —
de qui ilz parloyent. die ant- ein forste sprach: wir vinden
wort lautet hierauf: Morhoult undir al desim ingesinde
est frere ä la royne dlrlande, keinen ritter also stolt
ung des meilleurs chevalliers du der vechtin wil kein Mörolt.
monde, qui vint querir le treu, der koning von irlande (E. 358)
et pour ce est il cy envoye que häte sine swestir.
se nul le contredisoit, qu'il se
combatroit et le conquerroit corps
ä Corps, et il n'est nul qui contre
luy osast aller, fol. 25, b.
Tristan beredet sich mit Gouvernail über den Zweikampf.
Gouvernail stimmt ihm endlich selber bei = E. 455 — 498.
auf Tristans wünsch gewährt ihm Marke den ritterschlag
= E. 499—532.
hierauf übergibt ihn Marke dem seneschall, was nach Eilhart
bereits früher geschehen war:
le roy le lieve par la main et
le bailla ä Dinas son seneschall
et luy dist que luy quiere et
baille tout ce que mestier luy
sera. —
tous ceulx qui le veirent di-
soyent que oncquesmais ne virent
si beau chevallier en Cornouaille.
fol. 25, c.
do der trogseze quam (E. 303)
der koning daz selbe kind nam
und beval ez im an sine hüte,
der truchsess „was geheizzen
Tinas'
(328)
dö he quam in den sal, (528)
dö sprächen sie gemeine,
he were al eine
zu den schönsten irkorn.
4 ^^
nach dem ritterschlage erbietet sich Tristan wie in E, den
boten Morolds gegenüber zum Zweikampfe, diese meinen Morold
könne vielleicht den kämpf weigern:
pourceque Morhoult ne se com-
batut pas pour teile chose, se
vous n'estiez de aussi hault lig-
naige comme luy. Or luy dictes,
fait Tristan, que pour haultesse
de lignaige ne demourera pas,
car s'il est filz du rov, aussi suis
dö sprächen die boten sän, (625)
ir here wolde nicht bestän
einen sin ungenöz.
der rede wenig verdröz
den künen Tristranden.
he sprach zu den wiganden:
merket rechte wer ich sl:
-^ 49 -
ie. Le roy Meliadus de Leon-
noys fut mon pere et le roy
Marc qai cy est, est mon oncle
et ay ä nom Tristan.
Lors s^en partent du roy Marc
et viennent ä Morhoult et luy
comptent les nouvelles de court
et il en est tres esbahy.
Si deraande qui est celluy qui
la bataille a emprinse contre luy,
si luy dient, qu*il a nom Tristan
filz du roy Meliadas et nepveu
du roy Marc et a auiourdhuy
este nouveau chevalier.
fol. 26, a. lors au roy demandent
ou la bataille sera, et il leur dit:
cy devant en l'isle sainct Sanson^)
et ait chascun son bastel.
si was Ydn adele wol yri
Blankefiür die mütir min.
min Tater heizzet Rivalin.
Ton Lohenois bin ich gebom
und bin Markes swestir son.
dannen sie dö karten (725)
dar sie Mörolden sulden warten.
^wer besteit mich?* (734)
daz wil einer tun
der ist Markes swester son
und hat korzliche swert genomen.
her entbot do Mörolde
daz her konten solde
bi den se üf ein wert.
(709)
Die waffhung Tristans wird geschildert ähnlich Eilhart 750
bis 774.
Tristan vient en son bastel et
y entre et naige en Tisle et puis
yst hors et son cheval et revoye
le bastel en Teave, si que il fut
en peu d'heure eslongne de Tisle.
Morhoult dist ä Tristan, pour-
quoy il avoit si faict; pour ce,
se deist il, se tu me occis tu te
mettras en ton bastel; et si ie te
occis, ie te y mettray aussi et
te porteray en ton pays.
zu dem schiffe dö der helt
ging. (787)
mit dem zöme he sin ros be-
vlng.
aleine vür he üf den wert.
he stlz dö mit dem schafte
Möroldes schef an den sint.
dö sprach daz gruweltche kint,
warumme tüstü, degin, daz?
he sprach : ich sage dir umme waz :
wir sin beide here komen
durch schaden und durch vromen.—
ir komet wol hinnen
in einem schiffe der helt
^) la ou Tristanz le fier Morhout — en Tisle Saint Samson veinqui.
Chrestien v. Troyes Erec und Enide, Michel III, XX.
Oolther, Tristan. 4t
-- 50 —
Tu es saige, dist Morhoult, et
pour le sens que ie voy en toy
ne te youldroyes ie mener ä
mort, mais se tu vouloys ceste
bataille laisser que tu as par
enfance et par follye, ie te reu-
droyes, et serions compaignons
des ores en avant moy et toy«
et Tristan dit: la bataille lais-
serons ie bien, se tu vouloys
quitter Comouaille du treu que
tu leur demandes, mais aultre-
ment ne le feray ie pas. Non,
deist Morhoult.
Es folgt nun der kämpf, in
dann aber:
fol.26,c. Tristan fiert Morhoult
de Tespee parmy le heaulme si
grant coup que il luy met le
braue dedans si que a Tespee
desteurdre demoura une grant
piece dedans la teste du Mor-
hoult si que Tespee en fut oschee.
dem der sege hie wirt gezelt. —
dö sprach der starke Mörolt : (808)
— eigen unde lehen
wil ich mit dir teilen —
daz du kerest dinen müt
und läzest den kamp sin. —
dö sprach der degin stete:
vil gerne ich daz tete
woldestü den koning läzen vri.
nein, des mag nicht gesin,
sprach Morolt der starke.
den einzelheiten etwas abweichend.
Tristan slüg mit ellenthafter
haut (914)
in dorch sinen stalhüt,
eine wundin tlf unde grot,
s6 daz he vil vor sinen föz ^
und im beleih ein stucke
zu grozem ungelucke
des s wertes in der wundin.
Hiermit endet nach dem romane und Eilhart der Zweikampf,
Tristan schlägt nicht, wie nach Gottfried 7089, dem getödteten
feinde das haupt ab.
fol. 26, d. Tristan se couche
en ung lict, car il est si ä destroit
et angoisseux pour l'atouchcment
du venin qu'il en pert le rire et
le iouer, le boire et le mangier.
— sa playe put tant que nul ne
peut demourer empres luy fors
seullement Gouvernail qui le sert
au fort et au dur.
Tristan der edele gute (1051)
der was in grözera unmüte,
he enmochte ezzin noch trinken.
ZU lest begunde im stinken
daz geluppe üz der wunde,
daz niman enkunde
im von stänke nähen.
— 51 —
foL27,a. Tristan se faict porter he Uze im ein Ms machin {1061)
ä une fenestre sur la mer et büzen der stad bi dem se.
pensa une grant pieee. — — und sage ouch dem vatir
si ie meurs ie vueil, qu'il (Gou- min, (1116)
Ternail) ayt ma terre, car il est daz he dir wol lone
bien de si hault lignaige qu'il und dich sine krönen
pourra bien estre roy, puis qu'il na sinem tode läze tragen. —
aura Tordre de cheuaUier. — und wes des sichir sundir wän:
quant la nef fut appareillee ich engan des nlmanne baz.
et gamie, si apporterent Tristan
et Ie mirent dedanz, niais oncques- gröz jämir dar geschach, (1 132)
mais ne veistes si grant dueil do sie in trügen an den se
comme il y eut illec pour Tristan
et son departement.
Dass Tristan die harfe in das schiff mitgegeben wird, wie
Eilhart 1136 berichtet, hält Lichtenstein pag. CXX und CXXVI
för eine interpolation aus Gottfried, bei Gottfried findet ja das
motiv ausgedehntere Verwertung, indem sich Tristan als spielmann
ausgiebt und Isolde in diesen künsten unterrichtet, bei E. hat
es wenig bedeutung. auch E öl hing, Tristramsaga pag. LIII anm.
stimmt zu. im romane aber wird die harfe auch erwähnt (si ferez
metter ma harpe). die einzige Verwertung der harfe ist, dass
Tristan darauf bei seiner ankunft in Irland spielt und dadurch die
aufmerksamkeit des königs auf sich zieht, demnach scheiilt die
harfe doch bereits der alten version, welcher Eilhart und der roman
folgen und die ja, wie aus den bereits angeführten stellen schon
zur genüge hervorgeht, vielfach für beide ziemlich gleichlautend
gewesen sein muss, angehört zu haben, sie würde auch recht wol
zu dem lais, das dieser scene wol zu gründe liegt (cfr. oben
pag. 21), passen, in der Thomas'schen version entwickelte sich
dann vielleicht eben hieraus die ganze geschichte der spielmanns-
comödie. es wäre doch immerhin ein sehr seltsamer zufall, wenn
der roman und Eilhart beide unabhängig von einander unvermittelt
an derselben stelle einen zug der. Thomasversion interpolirt hätten.
Im folgenden sind die Übereinstimmungen nicht mehr ganz
80 schlagend, der roman hat offenbar hier mehrere episoden in
4*
- 52 -
den eigentlichen stoff hineinverarbeitet nnd so letzteren getrübt
und mehrfach alterirt. immerhin lassen sich noch genug einzelne
Züge zusammenstellen.
fol. 27, b. Yseult estoit la plus
belle fille du monde et la plus
sage de cirurgie que on sceust
en celluy temps et congnoissoit
toutes herbes et leur pouvoir et
nVstoit si perilleuse playe dont
eile n'en guerist.
Isalde was sie genant, (E. 951)
sie was gar wite erkant
und was ein juncfrawe here;
ouch künde sie arzedie mere
denne in deme lande ichein man.
Der könig begibt sich selber ans gestade und fragt Tristan
aus, der sich einen ritter aus Leonnoys nennt, und verspricht ihm
heilung. ähnUch Eilhart 1155—1193.
Bezüglich der heilkur herr^ht insofern Übereinstimmung, als
Isolde einen zweimaligen versuch machen muss = E. 1194 — 1219.
nach dem romane sieht Tristan Isolde von angesicht, aber nicht
bei Eilhart 1219. nach seiner heilung denkt Tristan an die rück-
reise; jedoch kommt der plan nicht zur ausführung. es werden
abenteuer mit rittern der tafeirunde erzählt, der drachenkampf
findet bereits beim ersten aufenthalte Tristans in Irland statt.
fol. 31, b. en ce pays avoit ung
serpent qui tout destruisoit. — le
roy avoit faict crier que, qui
pourroit occire le serpent, il luy
donneroit tout ce qu'il deman-
deroit, voire la moitie de son
royaulme et Yseult sa fille. —
si advint, que le serpent viut au
chasteau. — et chascun qui yssoit
de ce chasteau de ceulx qui y
repairoyent, s'en renfouyent cri-
ant et brayant. Tristan demanda
que c'estoit et on luy dist ce
que ie vous ay dit.
swer den serpand bestünde (1603)
und swem got der eren gunde
daz her im den lip neme,
daz im der koning gebe
äne zwlbel die tochtir sin. —
do sach he einen man vlien, (1628)
deme reit he ilende nach r-
und vrägete in ofiTenbäre,
wer in so harte jagete,
der man im schire sagete
daz es ein trache tete etc. —
- 53 —
es wird dann der drachenkampf erzählt, hierauf:
fol. 31, c. et Tristan luy couppe die zungin her im üz sneit. (1672)
la langue et la boute en sa chausse, her stackte sie an sine hüte. ^-
puis s'en part, mais il ne eut do was der degin herlich
gueres alle qu'il cheut ä terre gewordin swarz als ein brant.
tout envers tout ainsi comme s'il ein kolez spring he do vant,
fust mort par le yenin. de la da legete sich der helt in.
langue du serpent. he meinte he solde tod sin.
Der seneschaJl schneidet, wie bei Gottfried, dem drachen den
köpf ab, was Eilhart weglässt. Eilhart kann aber auch nur ge-
kürzt haben^;^) der französische text war jedenfalls stellenweise
viel ausführlicher, wie dies mit Sicherheit anzunehmen ist E. 86
„mit pine an sinem libe irwarp he, daz he sie beslif*. Yseult
reitet mit ihrer mutter aus, um Tristan zu suchen, nach E. Isolde
und Brangäne, nach 6. Isolde, ihre mutter und Brangäne. Tristan
erbietet sich zum nachweise, hier natürlich wieder der bei Gott-
fried vorkommende zug: sire regardez en la teste, se la langue y
est; car saichiez que celluy qui luy couppa la langue l'occist
= G. 11237 bis 11243. aus derartigem vereinzeltem zusammen-
gehen des romanes mit Gottfried darf man natürlich nicht an
irgendwelchen Zusammenhang denken, dass der roman hie und da
aus der vorläge Gottfried's, aus Thomas schöpfte, sondern es er-
hellt hieraus einfach, dass die quelle Eilharts oder wenigstens
andere ihr enger verwandte Tristandarstellungen um manche züge
reicher waren, als der deutsche text. — nachdem der seneschall
sich für besiegt erklärt hat, folgt erst die scene im bade, wo Isolde
in Tristan den mörder Morolds erkennt, welche sich bei Eilhart
•und Gottfried vor dem gerichte abspielt, die erkennungsscene und
Versöhnung ist in einzelheiten ziemlich abweichend, es fehlt im
roman auch die pointe, nemlich die Werbung Tristans um Isolde
(
^) ja nicht nur Eilhart selbst, sondern auch die uns erhaltene Über-
lieferung des gedichtes, wie aus eben dieser stelle erhellt, die prosa erzählt :
^da sie vermerkten, dass der wurm erschlagen war, riten sy dar vn schniten
de grossen wurmb das haupt ab'' (Lichtenstein, zur kritik des prosaromans
Tristrant und Isolde pag. 29). das gedieht Eilharts, welches dem roman-
schreiber vorlag, hatte demnach diesen zug.
)
— 54 —
für Marke, da ja alle seitherigen ereignisse sich bei Tristans erst-
maliger an Wesenheit in Irland abspielen, hierauf fahrt Tristan
heim nach Cornwall, wo er mit grosser freude bewillkommnet wird.
fol. 32, c. ceulx de leans sont beide wip unde man (E. 1329)
tous ioyeulx de sa venue. si luy
fönt feste et joye et le roy le
fist sire et maistre d^eulx tous.
swer sin künde i gewan
die wärin al slner zükunft vro.
Marke dachte daz her im undir^
tan (1342)
sin riebe wolde machen.
Nun folgen wieder episoden, die aber insofeme ganz interessant
sind als sie zeigen, mit welchen raitteln der compilator des roraanes
sich behalf:
comment Tristan fut amoureux de la femme Segurades.
comment Tristan alla apres la femme Segurades, que Bliom-
beris amenoit. diese ganze episode setzt sich nemlich zum teile ^
aus Zügen zusammen, welche aus der eigentlichen Tristansage
stammen. Marke und Tristan stehen sich als rivalen gegenüber;
wie in der bekannten scene in Markes schlq.fgemach wird auch
hier die blutende wunde Tristans zum Verräter; Bliomberis entführt
die dame, welche er vom könig erbeten hat, ähnlich wie der irische
ritter Isolde bei Gottfried, und Tristan gewinnt sie ihm wieder ab.
fol. 36 — 37. infolge der Weissagung des zwerges (cfr. oben
pag. 46) ist es Marke selber, nicht bloss die partei der feindlichen
barone wie bei Eilhart und Gottfried, der Tristans tod wünscht
und ihn darum nach Irland schickt.
fol. 41, b. ung iour estoit le
roy venu en son palais et Tristan
vint devant luy et ses compaig-
nons moult nobleraent appareillez,
si luy dist: roy ie vueil que vous
me donnez mon don. certes,
dist le roy, cest droit demandez
et vous Taurez. Sire, dist Tri-
stan, grant mercy. sire or me
donnez donc Yseult vostre fille
et sachez que ie ne la demande
Tristrant den koning do manete.
(E. 2227)
der here im nicht vorsagete. —
Tristrant der sprach sän:
here, ir solt wol verstau,
wie ich die maget wil nemen.
ich wil sie vüren nü zu haut
mit mir in Kurueväles lant,
unde wil sie dar gebin
Marke mime libin nebin:
der ist ein koning mere.
— 55 —
pas pour moj, mais pour le roy
mon oncle qui la veult avoir a
femme et si la fera couronner
royne du royaulme de Cornouaille.
le roy respond et dit: Tristan,
tant avez fait pour moy que bien
avez desservy Yseult. ie la vous
donne ou avec vous ou avec
vostre oncle faire en povez vostre
voulonte. car moult me piaist.
lors fait venir Yseult et luy livre
par le poing et dit: mener la
povez quant vous vouldrez. —
Yseult se partit bien garnye de
robbes. — la royne appelle Bran-
gien et Gouvernail et leur dist:
Veey, ung vaissel d'argent piain
d'ung merveilleux boyre que ie
ay faict ä^ mes mains. quant
le roy Marc sera couche avec
Yseult la premiere nuyt, donnez
le ä boire au roy Marc et puis
a Yseult et puis gectez le de-
mourant et gurdez que nul aultre
n'en boive, car grant mal en
pourrait venir; ce bruvage est
appelle le boire amoureux. car
si tost comme le roy Marc en
aura beu et ma fille, apres ilz
se aymeront sy merveilleusement
que nul ne pourrat mettref discord
entr'eulx. d'en si gardez bien
que aultre n'en boyve, et ilz
dyent, que de ce se prendront
ilz bien garde.
der koning sprach: daz wil ich tu,
nü ez dir so lip ist.
he gab sie im bi den hendin (2254)
und beval sie im üf sin trüwe.
die sante der koning riche (2261)
von im rechte herliche
als eime koninge wol gezam.
or müter einen trang nam.
Brangenen sie den tede
und sprach : llbe, durch mine bete
desin trang den soltu vüren;
sich wol, daz in berüre
niman wan dln eines haut,
und so ir komet in daz laut,
und min tochtir und ir man
insampt släfin sollin gän,
so saltü in des trankes gebin.
heiz si in üz trinken gare.
du Salt mit vllze wol be waren,
daz sin niman entbize me.
cfr. auch dazu nach Eilhart
2278—2299.
— 56 —
Die laadung im hafen (E. 2327 ff.) hat der roman nicht, es
ist heiss. Brangien und Gouvernail selber geben Tristan und Isolde
den liebestrank zu trinken.
fol. 41, d. Tristan beut tout hertranginsundirswere: (2350)
plaine la couppe et puis com- do düchte im der wln gut.
mande que en donne ä Yseult slner frouwen her in ouch bot.
et on luy donne et Yseult beut, also schlre sie in trang.
fol. 42 wird die aufkeimende minne in ausführlicher und teil-
' weise schöner weise geschildert, hier ist ja natürlich unendliche
Variation möglich und können directe anklänge weniger in betracht
kommen. E. 2355 — 2619 hat sich wol auch der quelle gegenüber
etwas freier bewegt, cfr. Lichtenstein pag. CLXVII ff.
Als ein zug der Übereinstimmung ist es hinwiederum aufzu-
fassen, dass wie im romane von anfang an so auch nach Eilhart
2620 — 1 und 2639 ff. Brangäne und Kurvenal beide um das ge-
heimniss des trankes wissen, nach für die sage ganz unwesentlichen
einschüben beginnt fol. 47 wiederum Übereinstimmung, auch hier
tritt das gehässige in Markes character hervor: er Tsrjirde lieber
seines neffen tod sehen, es wird nun ein glänzendes hoffest an-
lässlich der hochzeit gefeiert, ähnlich Eilhart 2806 -7, wo man
wieder erkennen kann, dass E. bedeutende kürzungen macht.
fol. 47, d. quant le roy fut E. 2808— 2830 ersucht Tristan
couche, Tristan estainct les cierges den könig, dass er erlaube, nach
et Brangien se coucha decoste du irischer landessitte zu verfahren,
roy. Comment, dist le roy, pour- nemlich beim ersten beilager alle
quoy avez vous estainct les cierges. lichter zu löschen.
Sire, dist Tristan, c'est le cou- Brangenen brachte he stille
stume de Yrlande et le me com- (E. 2836)
manda ä faire la mere Yseult. car zu bette deme koninge.
quant gentilz hommes en leur
pays^ gisent avecques pucelles
on estaint la clarte. — Marke
sagt zu Tristan: ie vous feray sprach der koning zu sinem
orendroit mon chamberlan et nebin (E. 2823)
vueil que vous soyez sire de mon und hlz in kemmerere wesin.
hostel. cfr. auch Eilhart 2831—2832.
— 57 —
Yseult ne doubte rien que
Brangien, que eile ne la des-
couvre; si pense que se eile estoit
morte, eile u^avroit garde du
nuUuy.
s siappelledeuxserviteursqu'elle
avoit amenez dTrlande et leur
dist: menez moy Braugien en
Celle forest et la occiez. lors
appelle la royne Brangien et luy
deist: allez avec ces varletz en
Celle forest et nie cueillez des
herbes. Dame, deist eile, vou-
lontiers. lors s'en va Brangien
et les deux varletz en la forest,
et quant ilz furent bien avant,
Tung d^eulx dist ä Brangien:
Brangien que avez vous fait ä
la royne qui vous veult faire
occire? lors tyrent leur^ espees
sur Brangien.
dar nach abir nicht lang (E. 2863)
gewan die vrauwe den gedang,
daz sie mit des tödes döne
Brangenen wolde Ionen,
sie vorchte daz sie sagete
swaz sie von ir wiste.
zwen armen rittem sie gebot
(E. 2873)
daz sie ir tedin den tod.
die koningin sich do legete, (2889)
zu Brangenen sie do redete. —
sie lässtsich wasser am brunnen
holen, dagegen Gottfried 12753:
„du muost uns würze bringen*.
G. stimmt hier mehr zum
roman, als Eilhard (cfr. oben
pag. 53) G. 12790: ir einer
sprach: waz habet ir begangen
wider die künigin? diu hiez
iuch slahen: nu muoz ez sin.
»in der altfranzos. prosa spricht Brangäne, einem verfeinerten
geschmack rechnung tragend (statt des gleichnisses von den beiden
schneeweissen hemden) von zwei lilien*, Hertz pag. 593. es kann
dies aber auch eine alte, sonst verlorene version der volksmässigen
dichtung sein, in welcher die lilie die blume der Unschuld ist, und
als deren Sinnbild so oft und viel verwendet wird.
die ritter binden Brangien
an einen bäum und kehren heim,
ihre degen röten sie mit tierblut.
quant Yseult les vit, si leur
demanda, se eile estoit occise.
ouy, dient les serviteurs. et que
dist eile ä la mort? dist Yseult.
dame, nulle riens fors ce que ie
vous ay dit devant.
Gottfried 12869 entsprechend:
die getriuwen bunden si sä
hohe üf einen boum da.
Isolde vrägete in al zuhant (2974)
„sprach sie icht?* Ja sie tete.**
nü sage mir waz.
„sprach sie icht luer?* „nein,
sie niet.*
— 58 —
Nach dem roman kehren beide zu Isolde zurück, ebenso bei
Gottfried 12874 ff.; bei Eilhart aber kehrt nur einer zurück, der
andere bleibt draussen. nun beginnen bedeutendere abweichungen.
Yseult schickt die ritter zurück, um Brangänens leiche zu holen,
erst später erföhrt sie durch den ritter Palamedes, dass Brangien
noch lebt, woraufhin auch die beiden ritter den wahren Sachverhalt
eingestehen.
fol. 48—51 fordert PUlamedes dasjenige, was er am meisten
liebt. Yseult sagt ihm dieses zu und Marke bestätigt es. darauf
fordert Palamedes Yseult und führt sie davon. Tristan war eben
auf der jagd abwesend ; als er bei seiner rückkehr das geschehene
erfährt, reitet er Palamedes nach und gewinnt Yseult ihm wieder
ab. wir haben also hier das abenteuer „rotte und harfe* bei
Gottfried — Thomas, welches bei Eilhart fehlt.
fol. 51 verso. die erste Zusammenkunft der liebenden wird
durch Andred verraten. Marke kommt mit einem Schwerte, um
Tristan zu tödten. nach kurzer gegenwehr flieht letzterer. Marke
will ihn wieder in seine gewalt bekommen, durch eine botschaft
der Brangien wird er wieder an den hgf zurückgerufen, es ist
Markes einziges bestreben, Tristan zu überführen, um ihn darauf
hin tödten zu können.
fol. 53 — 54 bringt ein ritter den weinbecher als keuschheits-
probe, cfr. oben pag. 20. dann folgt die scene, welcher bei Eilhart
und Heinrich die an Artus hofe entspricht, wobei, nachdem Tristan
sich verwundet, um eine entdeckung zu verhindern , auch alle
übrigen sich wunden beibringen, die scene weist aber im romane
abweichungen auf: es fehlt Gawan und der Ärtushof.^) um. den
verdacht abzulenken verwundet Isolde sich- selber.
1) Lichtenstein, Eilhart's Tristan pag. CXXVIII hält Markes Hat
mit der wolfsfalle für ein parallelmotiv zu dem früheren mehlstreuen,
beidemale werden blutspuren zum Verräter, es ist nicht unmöglich, dass
die scene so wie sie hier steht, d. h. ohne Artus und seinen hof, das ur-
sprünglichere enthält, so reiht sie sich sehr gut unter die übrigen listen
und ranke ein. die Verbindung mit Artus gehört dann erst der zeit an, in
welcher man begann, die Tristansage zunächst. nur ganz äusserlich und an
wenigen stellen mit Artus in berührung zu bringen.
- 59 —
fol. 54. Conunent par le moyen de Basille (Andrets geliebter)
Tristan fut prins. Marke verbietet Tristan den zutritt zu Yseult's
gemach, er steigt jedoch durchs fenster, was von Andret und
seinen genossen belauscht wird, auf dem rückwege überfallen
schlägt er sich mit grosser tapferkeit durch, nun wird Yseult in
einen festen türm gebracht (fol. 55). in frauenkleidem schleicht
Tristan sich ein. Basille yerrät ihn. er wird gebunden und soll
den feuertod erleiden, Yseult aber den „meseaulx" überliefert
werden, die liebesabenteuer an Markes hofe mni also ganz anderer
art als die in den übrigen Versionen überlieferten.
Tristan wird auf seinem wege an einer capelle vorbeigeführt,
die oberhalb des meeres lag. er entreisst einem der begleiter das
Schwert, geht in die capelle und rettet sich vor den Verfolgern
ins raeer. ceste röche doit bien estre appellee le saut Tristan,
ganz entsprechend Michel I, pag. 48, vers 917:
encor claiment Cornevalan
cele pierre le saut Tristan.
lors s'en allerent ä une maison de raeseaulx et livrerent Yseult
aux meseaulx. — li meseaulx prennent maintenant Yseult, si
Temmainent par vivece. Gouvernail befreit sie. dann ßnden sie
Tristan, fol. 56 gehen sie zu einem ritter, einem forestier, ^et
saichez que celle forest, ou ilz estoyent estoit appellee la forest du
moroys"; Michel I, 1239 en la forest de Morrois sont. Tristan,
Yseult, Gouvernail und eine damoyselle kommen zu einem schönen
versteck (Gottfrieds minnegrotte), das einst ein ritter für seine
dame hatte machen lassen, quaht Tristan et Yseult furent la
venus, si demanda Tristan ä Yseult, que il luy sembloit de ce
rechet, certes il est beau. car vecy les fontaines et si avrons
chascun iour venaison et Gouvernail nous yra querir tout ce que
nous sera necessaire au chasteau la devant. Gouvernail holt Tristans
ross und den hund Huden von Marke. Tristan se mect au chasser
et ä occire bestes, ainsi se deduyt en la chasse et en la compaignie
de Yseult. — illecques apprint Tristan ä Huden ä chasser sans ,
glatir pour ce qu'il ne fust gaite en aulcune maniere. ganz
ähnlich Gottfried 17256-64.
Das, was der roman berichtet, stimmt in den grundzügen
überein mit der Verurteilung, flucht und dem waldleben der
— 60 ~
liebenden, wie es die sogenannten Berolfragmente und Eilhart
erzählen, in den einzelheiten aber müssen für die verschiedenen
vorauszusetzenden vorlagen bedeutende abweichungen constatirt
weirden. der bericht des romanes ist durch den romanschreiber
mehrfach entstellt imd alterirt worden, dann fahrt der roman fort:
comment le roy Marc trouva la royne en Moroys seulle en son
logis et Tenmena. die tatsache dieser v(^rsion, nemlich dass Marke
während Tristans abwesenheit Yseult entführt, aber allerdings nicht
die näheren umstände, stimmt zu dem, was Heinrich von Preiberg
3005 bis 4607 berichtet.
Comment Tristan alla en la petite Bretaigne et comment la
fiUe du roy le guerist tout sain. der zug der heilkunde wird von
der blonden Isolde ohne weiteres auf die weisshändige tibertragen,
woraus wieder die arbeits weise des romanschreibers erhellt, nach
seiner genesung kämpft Tristan mit den feinden Hovels == Eilhart
5731 — 6084. die kampfschilderungen gehen begreiflicherweise in
stil und ausdruck sehr auseinander, vielleicht schimmeri^ noch
einige spuren einer ursprünglichen poetischen bearbeitung aus der
prosa hervor in folgenden ausdrücken: fol. 58, b. Tristan se fiert
entre eulx comme le loup. entre les brebis et commence ä desrenger
et ä occire chevaulx, et Chevaliers ä abbatre et ä arracher escus
des colz, et heaumes des testes. la peussiez veoir de une part
et d'aultre Chevaliers verser et mourir. — mais ainsi comme la
lune apert entre les estoylles, appert Tristan entre les aultres. —
ia si grant presse ne trouve qu'il ne depart ainsi comme le loup
familleux faict les brebis.
Comment Tristan espousa Yseult aux blanches mains. auch
der roman schildert beredt die widerstreitenden gefühle. Tristan
und Kehedin. reiten zusammen aus. Tristan in tiefes sinnen ver-
sunken nennt den namen Yseult. Kehedin bezieht dies auf seine
Schwester und wirbt für Tristan bei seinem vater = E. 6116-33.
für längere zeit verliert sich jeglicher Zusammenhang mit der sage
in planlosen schablonenhaften abenteuern, in dem capitel, das die
Überschrift führt: comment Tristan se descouvrit ä Kehedin de
l'amour qu'il avoit ä la royne de Cornouaille gesteht Tristan aus
freiem antrieb seine liebe zur blonden Isolde, fol. 81 comment
Tristan et Kehedin partirent de la petite Bretaigne pour aller en
- 61 -
Gomouaille lässt sich auch nur sehr allgemein vergleichen, nun
kommt der voluminöseste teil des ganzen romanes, der aber gar
keine berührungspuncte enthält; es ist ein äusserliches spiel mit
dem Artuskreis und dem suchen nach dem gral. ich verzeichne
nur das aller wichtigste, das mit der handlung noch in gewissem
Zusammenhang steht, nach seiner trennung von Yseult hält sich
Tristan als wahnsinniger bei hirten ,en moroys'^ auf und verrichtet
daselbst allerlei taten, er tödtet z. b. den riesen Taullas. Marke
findet ihn, bringt ihn nach Tintajöl und schickt ihn dann wieder in
die Verbannung, wo er mehrere ganz unwesentliche abenteuer besteht,
fol. 132. Gomment la royne Yseult envoya une syenne damoyselle
au royaulme de Logres pour scavoir nouvelles de Tristan, es findet
sich übrigens hier kein weiterer zug der Verwandtschaft als eben
nur die aussendung eines boten, was auch bei Eilhart vorkommt,
z. b. Plloisen's botschaft. Tristan verrichtet unterdessen gewaltige
grosstaten, wodurch Markes angst von neuem rege wird.
Vol. II, fol. 47. comment le roy Artus fist paix entre le roy
Marc et Tristan et comment le roy Marc promist ä tenir Tristan
en tout honneur avecques luy. — oncques. le roy ne tint serment
qu'il eust fait au roy Artus, ains feist Tristan prendre et mettre
en prison. fol. 54 comment les Seines vindrent en Gomouaille et
tenoyent en teile paour le roy Marc et les Cornouailloys qu'ilz ne
scavoyent que faire, et comment Tristan les delivra de celle servi-
tude et perplexite. Tristan entscheidet die schwierige läge durch
einen Zweikampf mit dem ftihrer der Sachsen Helyas fol. 60:
comment Tristan se combatit contre Helyas et le mene ä oultrance
et delivra Gomouaille des Sesnes. es scheint hier gewissermaassen
nur eine dublette der Irengefahr und des Zweikampfes mit Morhoult
vorzuliegen.
fol. 63—4 wird aber könig Marke selber gefangen gesetzt
und Tristan zieht mit Yseult nach Logres.
Tristan donna ä Gouvernail Kurneväle gab her unde le (8564)
le royaulme de Leonnois et en harte vele slnes gutis.
fut Gouvernail roy, et manda sin rlche hlz he bewam (E. 8568)
les hommes du pays et fist faire Kumeväl sinen trüt.
ä Gouvernail hommages.
- 62 —
quant Goayernail eut espouse Brangien, Tristan print conge
de luy et s^en alla Inj et Yseult vers le royaalme de Logres droict
ä la ioyeuse garde ung chastel qui estoit ä Lancelot du lac. der
nun geschilderte ungestörte aufentbalt der liebenden auf dem
genannten schlösse könnte sich allenfalls dem waldleben vergleichen,
jedoch nimmt den hauptteil der erzählung die darstellung von
obligaten tumieren und kämpfen ein. fol. 107 comment le roy
Artus fist le paix du roy Marc et de la royne Yseult, et fut le
roy Marc delivre de prison.
. fol. 117 ä tant laisse le compte ä parier de ceste matiere et
parle de Tristan, qui revenu est ä Karahes en Bretaigne avec le roy
Hovel et Yseult aux blauches mains sa femme et Runalem qui filz
estoit au roy Hovel et fut frere de Kehedin et de Yseult. Runalem
ist ganz an stelle Kehedsns getreten, welcher aus liebeskummer um
Yseult gestorben war. nachdem jeder Zusammenhang lange zeit
vollständig aufgehoben schien, beginnt von hier an wiederum eine
fast wörtliche Übereinstimmung mit Eilhart, der einfachheit halber
schreibe ich die entsprechenden stellen aus Eilhart nicht heraus,
gebe aber den französischen text so weit er für uns in betracht
kommt. ^
Tristan fragt Runalem nach seiner geliebten äeorgeolain.
Certes,^) faict Runalem, ie ne parlay encores oncques ä eile
que une foys sur la douve du fosse du manoir; eile me dist, qu'elle
m'envoyeroit Temprainte de toutes les clefz de son manoir. car
Bedalys son mary qui estoit ialoux d'elle, emportoit toutes les clefz
quant il alloyt dehors. si me esmerveille raoult que ie n'en ay
eu aulcuues nouvelles. Par ma foy, faict Tristan, ce seroit bien
faict se vous aviez les seaulx des clefz; car ie scay bien ung feure
ä Nantes qui les forgera myeulx que nul aultre. ung iour estoyent
Tristan et Runalem allez chasser. ä tant voicy venir Gadiot le
messaigier Gorgeolain, qui avoit une boite bien fermee ou tous les
seaulx estoyent de cire. quant Gadiot voit Runalem, si luy deist:
Sire vostre araye Gorgeolain vous salue et vous envoye ceste boiste,
et saichez qne il n'y a clef en son chasteau dont il n'y ait cy
^) cfr von hier ab den text nach der handschrift ed. J. B^dier, Rom.
XV, pag. 496—510. der text des druckes ist natürlich durch eine menge
von irrtümern und falschen lesungen entstellt, die erzählung aber ist
dieselbe.
— 63 -
Pempraincte. dictes inoy vostare voulente, car ie m'en vueil aller
encores ennuyt. Amy, deist Rnnalem, tu hi me salueras et dyras,
que ie suis tout sain. Ä taut s'en part Cadiot, et Tristan dist a
Runalem: amy chascun ne scet pas qu'il y a en celle boiste. lors
la prent en la main Runalem et bryse sa serrure et voit la dedans
sa mort, mais point ne s'en apperceut. Quant Tristan et Runalem
veirent les seaulx, si firent tres grant ioye de leur encombrement.
mais on dit que aucuneffoys on est plus ioyeulx de son mal que
de son bien et ce ay dit pour Tristan et pour Runalem qui se
esiouyrent des seaulx qui furent achoison de leur mort. Tristan
et Runalem chasserent tout Ie iour et prindrent une beste, si
Temporterent ä Karahes. et quant vint ä lendemain par matin
manda Tristan Gondrin Ie feure que il veusist parier ä luy et il
y vint. Tristan Ie mena en une chambre tout coyement et luy
dist: Gondrin beau doulx amy ie me fie moult en toy et ie t'ay
mande pour ung mien besoing. Giro Ie bours qui de moy tient
ung chasteau, ne daingne faire envers moy ce qu'il doit, si nous
ont ca envoye les guettes du cbasteau les seaulx des clefz de toutes
les portes des tours et de la forteresse. et pour ce ie te prye que
tu forges les clefz selon Pexeraplaire des seaulx et que ie les aye
dedans huyt iours et garde que ce secret ne soit ä nulluy descouvert.
Sire, deist Gondrin, nul ne Ie scaura par moy. Gondrin s'en part
ä tant et empörte les seaulx et commence ä forgier les clefz bien
et beau selon Texemplaire. ha ha tant ce fut malle forgerie,
mais ilz ne s'en donnoieut de garde sy est dommaige ä chevalerie.
Der französische roman entspricht ziemlich genau Eilhart 8021
bis 8134. nur die namen und einige unbedeutende nebenumstände
sind verschieden, die vorläge beider war sehr ähnlich, wenn nicht
ganz dieselbe, etwas abweichender, aber auch nicht sehr bedeutend
erscheint das abenteuer bei Ulrich von Türheim 2861—3186,
Heinrich von Freiberg 5719-5950, 5973-6025.
Der roman berichtet weiter, dass ein graf von Nantes gegen
Tristan rebellirte. Tristan nimmt die stadt ein. au dehors de la
ville avoit une tour bien garnye de vivres et de sergens. Ie raaistre
des sergens avoit ä nom Corbel an court menton. Tristan luy
demanda s'il rendroit la tour et il respond que non. adonc com-
manda Tristan ä assaillir la tour. Tristan avoit son chief desarme
pour Ie chault. si mist son escu sur sa teste et vient vers la tour
pour monter ä mont et Corbel gette une grant pierre qui Ie fiert
sur son escu et Ie fist cheoir ä terre, et puis reprint une aultre
pierre et Ie fiert sur la ioue et luy fend toute et Tabbat au fosse.
Tristan sault du fosse ä grant peine et commanda a miner la dicte
— 64 —
tour. 8i commencent les estoyes ä ardre et la tour a croistre et
fendit la tour en quattre pars ei farent prins li traistres qui dedans
estoyent et pendus devant les portes de Nantes et le queux fut
metie ä Karahes et mys en prison perpetuelle et Tristan revint
ä Karahes moult blesse, si manda myres pour le guarir. les myres
firent tant que il fut guary. — dieser sonst nirgends berichteten
scene entspricht ziemlich genau Eilhart 8583 — 8645.
fol. 118^) or dit le compte que Tristan et son nepyeu« s'alloyent
ung iour esbanoyant sur la marine, si souvint ä Tristan de s'amye
la royne Yseult, si dist: helas, amie, comment pourray ie iamais
parier a vous? ha, ha, sire faict son nepveu, ne vous esmayez,
car vous y parlerez mieulx que oneques mais. car vous semblez
nueulx estre sot, ä ce que vous estes tondu et a la playe que yous
avez que nul homme qui soit. me dis tu yoir? fait Tristan,
certes sire ouy, faict le yarlet. au lendemäip par matin fait Tristan
tailler une gonelle d'ung lait burel, sans poinctes, mal faicte et
mal taillee, et print cent solz, et s*en part et voit ung villain qui
portoit une massue. Tristan vient ä luy et luy toDist et s'en va
nudz piedz, la massue au col. il vint an port et trouva une nef
de Gintagel. Tristan print cent solz qu'il avoit et les gecta partout
en sotoys. quant les mariniers le virent, ilz le firent entrer en
leur nefz et il leur donna tous ses deniers. tant singla la nef
qu'ilz arriverent a Cintagel. le roi Marc s'estoit venu iouer au
port. Tristan print ung frommaige en ung tonneau et sault de
la nef et en son col sa massue. quant le roy Marc le vit, si
Tappella; et Tristan luy court comme s'il feust enraige, et le roy
et les aultres commencerent ä fouyr ä son chasteau, et s*enferma,
et le fol demoura dehors. le roy yint aux fenestres et la royne
Yseult. Tristan qui tout estoit forcene pour son amour, prent
son frommaige et le commence ä manger. le roy luy dist: sot,
que te semble de la royne Yseult? certes, faict le sot, se i' estoye
une nuyct couche ayec eile, eile me rendroit tout mon sens que
i' ay perdu pour eile, fol, fait le roy, ou fuz tu ne ? en Angle-
t-erre, fait il. et qui fu ton pere? ung roucin. et ta mere? une
brebis, et mon pere me enyoya cy pour toy faire coux. lors
rougit la royne et luy remembra de Tristan, fol, faict le roy,
qui te fist celle playe? ie Tay eue a ung assault. et fuz tu
oneques a toumoyement? ouy, fait le fol en Bretaigne et en
Cornouaille ou ie en ay occis plus de cent. lors commencent tous
ä rire et dyent qu'il est fol de nature. le roy le feist mettre
dedans le chasteau. ung iour yint le roy du monstier et se print
^) text der hdschrft. für diese episode cfr. W. Lntoslawski, les fol lies
de Tristan Rom. XV, pag. 520—525.
— 65 —
ä iouer aux eschetz ä nng chevalier. la royne s'enclina a iouer
au ieu, et Tristan la commence a regarder. eile haulce la main
et fiert le fol sur le col en disant: fol pourquoy me regardez-vous ?
certes, faict il, dame fol suis ie; et saichez qu'il y a passe sept
ans que ie ne finay de foloyer pour vons. mais se le ieu fust a
droit party, vous folloyassiez comme moy. mais ie vous prie, pour
Tamour de Tristan que ne me touchez plus; car le boire amoureux
que vous et luy beustes en la raer, ne vous est pas si amer comme
au fol Tristan.^) mais nul ne Pentendit fors seuUement Yseult.
quant eile Tentend, si se part du ieu courroucee et s'en entre en
sa chambre toute yree, si appelle Camille^) sa damoyselle et luy
dist: ce fol m'a trop courroucee, car il m'a reproche Tristan; mais
iamais n'auray ioye au cueur que ie scauray qui la paroUe luy a
dicte. le rpy yra chasser; et quant tout sera vuyde, tu yras querir
ce sot et Pameneras. dame, dist Camille, voulentiers. le roy s'en
va au bois chasser et Oamille va querre le sot et Famaine en la
chambre ä la royne. la royne luy deist: amy, qui vous a dit que
Tristan m'ayme? dame, fait il, vous \ß me deistes. et quant fust
ce, faict eile, dame, faict il, pas n'a ung an. et qui es tu donc?
ie suis Tristan. Tristan? fait eile, voire, dame. par ma foy,
fait eile, vous avez menty. or tost fuyez d'icy. dictes vous que
estes Tristan? quant il voit qu'elle luy donne ainsi conge, il met
ung annel en son doy, qu'elle luy avoit donne, quant il la rendit
au roy Marc et le roy Artus en fist la paix; si luy dist, qu'elle
ne creust de luy chose qu'on luy dye, s'elle ne veoit Tanneau.
Tristan luy dist: certes, dame ie vy ia teile heure que vous
m'aymiez bien; mais c'est coustume de femme: eile n'aymera ia
celluy qui loyaulment Taymera; car celluy qui plus de honte luy
fera, celluy aymera eile de toute son courage. certes ie suis ä
1) Die aufeinanderfolge der worte amour-eux — la mar — amer
erinnert an Gottfrieds Wortspiel (G. 11990 fP.). es ist ja von vorneherein
anzunehmen, dass eine erfindung Gottfrieds ausgeschlossen bleibt, obwol es
uns durch Sir Tristrem und Tristramsage nicht bezeugt wird, ich glaube
hier einen directen hinweis auf die betreffende französische stelle annehmen
zu dürfen, ein ähnliches Wortspiel mit Tamor und la mor findet sich bei
Gautier d'Arras, Eracles 396, 4 ff. (cfr. Heinzel, ztschr. f. Österreich, gym-
nasien 1868, pag. 641). dies ist eine offenbare nachahmung innerhalb der
französischen litteratur. aus der deutschen wäre sie unmöglich.
2) dass Camille die botschaft besorgt und nicht ßrangäue, ist ein zug,
der sich ebenfalls recht wol mit Eilhart vereinigen lässt, da nemlich nach
beiden Versionen Brangäne nicht mehr vorhanden ist: nach E. 7562 ff. ist
Brangäne todt und Gymele an ihre stelle getreten; nach dem romane vol. II,
fol. 64 blieb sie als Gouvernails frau mit diesem in Leonnois zurück.
Golther, Tristan. 5
— 66 —
bon droit clame fol quant ie me suis party de mon pays pour
Tamour de vous; car vous me faictes batre ä ces pautonnieurs la
dehors, et mangeve es cendres et fiis a la terre, ne oncques ne
m'y avez regarde. quant Tseult le ouyt ainsi parier et voit
Tanneau, si le congneut; lors embrasse et baise plus de cent fois
et luy eile, lors luy compta Tristan comme la playe luy avoit
este faicte, par quoy il estoit tout descongneu. quant le roy Marc
va chasser, Tristan va coucher avec la royne Yseult/ —
Die hier erzählte scene von Tristans narrheit entspricht ziemlich
Eilhart 8646 — 8941; weniger genau Ulrich von Türheim 2471
bis 2704, Heinrich von Freiberg 5015—5497. (cfr. zur scene
Vetter, la legende de Tristan pag. 53 — 56.) denselben stoff
behandeln auch die einzeln überlieferten beiden gedichte von
Tristans narrheit, jedoch viel ausführlicher und mit mancherlei
nebenumständen, so spielt in diesen der treue hund Huden, der
seinen herrn lange vor Isojde kennt, eine rolle, unsere scene fügt
sich einer gesamtdarstellung ein, ähnlich der Eilhartschen, und
darf nicht in erster instanz mit jenen lais zusammengehalten werden.
fol. 119, a. ung iour manda le roy Artus le roy Marc parier ä luy,
si dist qu'il fera voulentiers, lors s'appareille et s'en va ä court et
si tost comme il fut party, Tristan s'en alla coucher avec la royne
Yseult. — bei dieser gelegenheit wird er von einem thürhüter
bemerkt. — lendemain» compta Tuyssier aux chamberlans comme
il avoyt veu le fol couche avec la royne, et leur dist: saichez
vrayement que c'est Tristan, quant les chamberlans ouyrent ce,
si furent durement courroucez et dient, qu^ilz mettront espies en
la chambre si que la royne ne s'en appercevera ia; Tristan les
ouyt bien parier, quant il fut nuyt, Tristan alla en la chambre
de la royne et s^assist empres eile et les chamberlans ont mys
leurs espies en la chambre, dont Tristan ne se prenoit garde.
dame, dist Tristan ä la royne, il m'en conviendra aller, car i'ay
este apperceu, et si le roy venoit et il me tenoit, il me feroit ä
honte mourir. ie vy hier l'uyssier et le chamberlan ensemble
parlans de moy. quant la royne ouyt parier Tristan du departit,
si commence ä plorer — nachdem sie bestimmt haben, dass Yseult
bei seinem tode mit weissem segel zu Tristan eilen wird, scheiden
sie. — fol. 119,b. et ainsi se sont ilz entreaccordez, lors s'entrebaisent.
puis print Tristan conge et s'en part par tel convenant que oncques
puis ne s'entrevirent en vie. quant Tristan eut prins conge de
Yseult, si s'en vint ä la mer et trouva ung marchant de Karahes
qui le congnoissoit et moult Taymoit; si le mist en la nef, puis
- ßV -
*
sioglerent et nagerent taut qu'ilz arriTerent au port de Karahes.
— Tristan entkommt glücklich den spähern. — ä ce s'accordent
tous qu'ilz ne luy (sc. Marc) diront pas ne que par eulx nie seroit
accuse. — dem entspricht Eilhart 8942 — 9032. viel weniger Über-
einstimmung weisen Ulrich und Heinrich auf.
fol. 1 19, c. Or advint que Tristan et Runalem estoyent ensemble
et parloyent Tung ä Tautre de leurs voulontez. si tant voicy venir
Gondrin le feure qui apporta les clefz qu'il avoit forgees et les
bailla ä Tristan, si les noa toutes ensemble en ung las de soye,
puis dist ä Runalem: amy montons, sy allons veoir Georgeolain
vostre amye. Sire dit Runalem voulontiers. Lors montent sur
deax chevaulx, et ne prindrent nuUes armes fors leurs espees et
s'en vont. haa dieu comme pesante advanture leur advint en celle
iournee. Tristan avoit en sa teste ung chapeau d'olivier. si s'en
alloit chantant et grant ioye faisant, luy et Runalem vindrent au
pont qui estoit devant leur mort, mais ilz ne se donnoyent de
garde. Bedalis le mary Oeorgeolain estoit celluy iour alle chasser
et avoit avecques luy bien trente Chevaliers ä haulbers qu'il avoit
tous mandez pour luy tenir compaignie. Tristan et Runalem
vindrent ä ce manoir devant le pont. qui estoyt ferme ä laclefet
en avoit Bedalis portees les clefs avecques luy: Tristan descend et
boute la clef en la serreure du pont qui estoyt ferme et la deflferme
et laisse avaller tout doulcement et au devaller le pont son chappeau
luy*cheut dont ce fut malheur, et puis passent oultre et defferment
la porte et les aultres huys, et s'en vint en la chambre ou Oeor-
geolain estoyt toute seulle. — quant Runalem entra en la chambre,
si se laisse cheoir au lict avec Georgeolain s'amye que moult
Taymoit. Tristan s'en va d'autre part et les laisse ensemble et
print une poingnee de ioocz et se couche sur Therbe tout envers
et commence les ioncz ä lancer et attacher ä la courtine l*ung
dedans Fautre. helas oncques si mal sens ne fist, mais il ne se
donnoit garde, car il faisait ce pour s'esbanoier. Runalem et
Georgeolain s'aniye furent au lict et feirent deduyt; ne demoura
gueres que Bedalis print ung cerf, si corna de prinse. Tristan
Touyt qui bien scavoit que ce mouvoit, si deist ä Runalem : allons
nous en amy, car i'ay ouy Bedalis corner de prinse. lors prennent
congie et s'en vont. hee dieu qae ilz ne sont bien armez. car
grant mestier en eussent en ce besoing, mais ilz n'avoyent que
leurs chevaulx et leurs espees. Tristan et Runalem s'en alloyent
iouant. ä tant vecy Bedalis retoumer ä Thostel cornant et
demenant grant bruyt, si defferme le pont et voit le chappean
qui estoyt cheut ä Tristan ; si en fut en grant souspecon ; puis il
regarda par tout, mais il ne vit lieu par ou Ten eust sceu passer,
si s'en entre leans et defferme tous les huys et trouve sa femme
— 68 -
•
Georgeolain. si TacoUe et baise tout house, et se laisse cheoir au
lict tout envers et vit les ioncz fischez en la courtine, si commence
tout ä fremir. car bien sceut que c'estoyt des ieux Tristan, lors
se dresse et print Georgeolain sa femme; il tire son espee et dit
que par Tarne de son pere il Poccira, s'elle ne dit verite, car ie
scay bien, fait il, que Tristan a cy este. Certes, fait eile, ce fut
mon luy et Runalem qui me baisa par force. quant Bedalis ouyt
ce, si |ut plus ä mal aise que devant et dist: haa mauvaise plus
y a fait, dictes moy verite, ou ie vous occiray maintenant, et se
vous congnoissez verite, ie vous pardonneray mon maltalent. Certes,
faict eile, ne me chault, se tu me occis: car mieulx ayme mourir
que estre en ceste prison, et quant tu m'auras occise, dira Ten
que ce sera pour aucun meffait: mais Ie blasme en est tien pour
ta ialousie et certes ie te diray verite et puis faitz de moy ce que
tu vouldras. saicbez que Runalem geut avec moy et fit toute sa
voulente: car ie ne me peuz de luy defFendre; car ilz estoyent
deux et ie estoye une femme toute seuUe et sans garde.
fol. 120 quant Bedalis entend que Runalem avoyt sa femme
corrompue, si vint ä ses Lomes et l^ur compte et se clama ä eulx
de Tristan et de Runalem qui teile honte luy ont faicte, et dit
qu*il ne mengera iamais tant qu'il en soit venge. lors montent
qui myeulx myeulx et s^en vont apres les deux compaignons qui
s'en alloyent deduysant parmy la forest et avoyent trouve une
biche et ses bichetteaulx qui estoyent * cornus. si allerent apres
pour les prendi^e: mais ilz faillirent et ce fut contre leur malle
advanture qui leur devoit advenir. ä tant voicy venir Bedalis et
ses gens tous haittez de mal faire; Tristan Ie voit venir, si se
mist derriere ung buisson et ils passent oultre. Bedalis vint
attaignant Runalem, qui tout desarme estoyt, si luy mist Ie glaive
parmy Ie corps et Toccist: mais ne l'occist pas que Runalem ne
tirast son espee et ferit ung des hommes Bedalis qui avoit ä nom
Anthon, si luy couppa la teste, quant Cadiot voit Runalem qui
ä Anthon son compaignon a couppe la teste, il tire Tespee et fiert
Runalem et luy couppe la teste et chet tout mort. quant Tristan
vit Runalem mort, si sault du buisson et trait Tespee et fiert
Cadiot et Toccist et puis ung aultre et Toccist et puis un tiers.
ä tant vecy Bedalis, qui tenoyt ung glaive dont Ie fer estovt
envenyme et Ie gecte ä Tristan et Ie fiert en la hache iusques ä
Tos et luy trencha la cbair, les os et les nerfz et demoura Ie fer
ä tout ung troncon du fust en la hauche, ha dieu, comment ce
fut grant douleur ä tout Ie pays. quant Tristan se voyt navre
et Runalem mort et vit la grant force de gens que Bedalis avoit,
si s'en part et se met ä la fuite vers Earahes. Bedalis et ses
gens Tenchassent grant piece, mais ilz ne Ie peurent attaindre, si
- 69 . —
s'en retoumerenti mais oncques puis n'oserent demourer celle part.
— dem entspricht Eilhart 9033-9234; Ulrich 3201— 3270. nach
Ulrich tödtet Tristan den Nampotenis; Heinrich 6005 — 6296, auch
hier fällt Nampotenis von " Tristans hand. demnach gehen der
roman und Eilhart in dem einen zuge, dass Bedalis oder Nampo-
tenis den kampfplatz lebend verlässt, zusammen gegenüber von
Ulrich und Heinrich.
Der roman berichtet: comment ceulx de Earahes allerent^querir
le Corps Runalem et comment Gorgeolain vint la ou Runalem
estoyt, si se laissa cheoir sur luy et la mourut. Georgeolains tod
ist eine ganz offenbare nachahmung von Isoldens tod.
fol. 121, a. die heilungsversuche werden ausführlich beschrieben,
die ärzte verlassen ihn endlich verzweifelnd, et quant Tristan
voit ce, si dist tout bellement: dieu que pourray ie faire quant
nul ne me pent guerir. bien scay, se ie eusse par qui mander
la belle Yseult m'amye que eile me vensist güerir, tost y viendroit :
car aultreffois l'avoit eile guery. lors se pensa qu'il avoit ung
compere en celle ville qui avoit nom Genes, si le manda qu'il
vensist a luy parier sans targer et Genes y vint et s'assist devant
Tristan. Genes, fait Tristan, beau compere, ie vous ay mande,
car vous me povez donner sante se vous voulez. ie vous ayme
moult et se ie puis eschaper, ie mariray richement Yseult vostre
fiUe ma fillole et vous feray encores moult « de biens. Sire, dist
Genes, comraandez moy et ie feray vostre comman dement et par
mer et par terre. Genes, deist Tristan, cinq cenz mercys. vous
enprez en Cornouaille ä la royne Yseult m'amye et luy direz que
ie luy mande que eile me viengne guerir; vous luy compterez,
comme ie suis navre et luy baillerez cest anel ä enseignes qu'elle
vous croye et se eile vient avec vous, gardez que la voille de vostre
nef soit blanche, et se vous ne Pamenez qu'il soit noir. Sire,
deist Genes^ moult vouUentiers; ma nef est ia toute appareillee au
port. — Eilhart 9235—9320; Ulrich 3301—3335; etwas anders
Heinrich, indem dort Kurwenal ausgesandt wird. Eilhart, Heinrich
und Ulrich sind sehr kurz in den berichten, wie der böte Isolde
zur fahrt bewegt, ausführlicher war die Thomas'sche version,
cfr. Tristramsaga cap. XCVI ff. auch der roman ist sehr breit,
und bewegt sich ganz in der art und weise der entführungssagen,
was aber bei einer verhältnissmässig nebensächlichen angelegenheit
und am Schlüsse, wo das interesse ganz anders erregt ist, nicht
gut wirkt, mit der Thomasversion finden sich keine directen
berührungspuncte. Genes fährt nach Cornwall und gelangt in
den hafen. könig Marc kommt, um die waren des bretonischen
kaufinannes zu besichtigen, „ie suis ung marchant de devers
Bretaigne. si apporte marchandises ä vendre en vostre terre qui
- 70 —
sont toutes ä vostre commandement.'^ am ringe erkennt Tseult,
dass Genes botschaft von Tristan bringt, durch eine list gelingt
es ihr, sich loszumachen und sie segelt mit Genes fort. fol. 122
comment Yseult femme de Tristan luy vint dire qu'il venoit une
nef au port de Peumarc, laquelle avoit la voille noire .parquoy
Tristan mourut de courroux. Tristan begibt sich täglich zum hafen.
endlich schickt er des Genes tochter hin, der er die bedeutung
des schwarzen und weissen segeis erklärt und welche er bittet,
ihm dann von der annäherung des ersehnten schiffes sofort künde
zu geben, von dieser erfährt es seine gattin Yseult. cfr. dagegen
Eilhart 9346 ff.; in E.'s vorläge fand sich dieser zug nicht, bei
Thomas lauscht Isolde hinter der wand auf die reden Tristans und
Kaedins und erfährt so das geheimniss. Ulrich 3386—3389 und
Heinrich 6389 — 6392 stimmen zu Eilhart, der zug des romanes
ist wol eine neuere erfindung, die sich logisch zurecht zu legen
suchte, was die sage als einfache tatsache ohne weitere reflexionen
berichtete. — quant eile ouyt la paroUe, si fut si courroucee que
merveilles, et dist: lesse qui cuydast qu'il aymast aultre que moy;
certes ilz ne eurent oncques tant de ioye Tung de Tautre comme
ie leur feray avoir de douleur. — Tristan bestimmt als letzte an-
ordnung, dass man ihn in einem schiffe zu könig Marke führen
solle, ä tant voicy venir sa malle femme qui luy apporte malles
nouvelles et deist: ha ha dieu ie viens de devers ce port, si ay
veu une nef qui . vient de trop grant randon, et croy que nous
Taurons ennuyt ceans ä hostel. et quant Tristan ouyt sa femme
parier de la nef, si ouvrit les yeulx et se tourne ä grant peine
et dit: pour dieu belle seur dictes moy quelle estoyt la voille de
la nef. par ma foy, faict eile, il est plus noir que nulle meure.
helas pour quoy Ie dist eile, tant la doivent les Bretons hair.
tantost comme il sceut bien que Yseult la royne de Comouaille
ne venoit pas, si se tourna de Taultre part et dist: ha ha doulce
amye ä dieu vous recommande, iamais ne me verrez ne moy vous.
dieu soit garde de vous, ä dieu ie m'en voys, ie vous salue. lors
bat sa coupe et se recommande ä nostre seigneur Jhesucrist et Ie
cueur luy creve et Tame s'en va. lors recommence la la cryce
et Ie dueil par leans, la nouvelle va par la ville et par la marine
que Tristan est trespasse. lors y acourent grans et petits crians
et brayans et fönt del dueil que Ton n'y ouyst pas dieu tonnant.
Comment quant la royne Yseult fut arrivee ä terre, eile
trouva, que Tristan estoit mort, si se pasma dessus Ie corps et la
se desvya pour la mort de monseigneur Tristan.
Yseult lässt sich ans land rudern und kommt in das todten-
zimmer. quant Yseult voit illec Ie corps Tristan enpresent, si
fait vuyder la chambre et se laissa cheoir pasmee sur Ie corps
- 71 -
et quant eile revint de pasmoyson, si luy tasta aux yeulx et ä la
veine, mais ce ne fut pour neant, car Tarne en estoit allee pieca.
lors dist: doulx amy Tristan comme cy a dure departie de moy
et de vous; ie vous estoye venue guarir, or ay ie perdu tous mes
pas et toute ma paine et vous perdu, et certes puys que vous
estes mort, ie ne quiers plus vivre apres vous, car puis que Tamour
a este entre vous et moy en la vie, eile doit bien estre ä la noiort.
lors Tembrasse de ses bras contre son pys tant comme eile peut
et gette ung souspir et se pasma sur Ie corps et Ie cueur luy part
et Tarne s'en va.
Comment les corps de monseigneur Tristan et de Yseult royne
de Cornouaille furent envoyez de Bretaigne au roy Marc en
Cornouaille pour les faire mettre en terre.
Tristan und Yseult werden nach Cintagel übergeführt. Marke
ist bei Artus, er wird geholt, und erfährt aus einem briefe Tristans
des trankes geheimniss. fol. 123, d. quant Ie roy Marc eut ouy que
Tristan avoit aymee Yseult par force de herbe et que ce n'avoit
pas este de sa voulonte, si fut dolent et courrouce et commenca ä
plorer disant: helas dolent pourquoy ne scavoys ie ceste advanture,
ie les eusse aincoys cellez, et consenty qu'ilz ne se feussent ia
partis de moy. las! or ay ie perdu mon nepveu et ma femme.
lors commanda que les corps fussent portez ä sa chappelle et
feussent illecques enterrez sy richement comme- il appartenoyt ä
sy haulte gent. Ie roy fait faire deux cerqueux Tung de calcidoine
et Tautre d'ung bericl; Tristan fut mys en calcidoine et Yseult en
bericl. et furent ensepulturez ä pleurs et ä lermes: Tung d'une
part de la chappelle et Tautre de Tautre part.
Es folgt dann noch das blumengleichniss , dessen Wortlaut
bereits oben pag. 27 mitgeteilt wurde, wir finden auch hier ent-
sprechende darstellung bei Eilhart 9321—9524; Ulrich 3336
bis 3728; Heinrich 6365 bis zum Schlüsse.
Nach den angeführten stellen dürfen wir schliessen, dass der
französische roman eine offenbar zusammenhängende erzählung der
Tristansage enthält, dass eine Version, die sich in den hauptzügen
zu der in den gedichten des Berol, Eilhart, Ulrich von Türheim
und Heinrich von Freiberg vorliegenden stellt und sich von
der Thomas'schen unterscheidet, in den roman verarbeitet wurde,
wir konnten auch ein annäherndes bild vom verfahren des roman-
schreibers uns machen und daraus entnehmen, in wieweit er dem
Stoffe eigenes hinzufügte, es ist darauf gewicht zu legen, dass
trotz allen Zwischenstufen, welche die Version zu durchlaufen
- 72 —
hatte, ehe sie die nun im romane vorliegende gestalt annahm,
trotz der ziemlich unsicheren öberlieferung wir doch sehr viele
wörtliche anklänge und Übereinstimmungen zwischen
Eilhart und dem romane zu constatiren haben, welche
mit notwendigkeit auf eine Verwandtschaft der beiderseitigen vor-
lagen hinweisen, man darf jedoch nicht etwa auf zwei ver-
schiedene redactionen eines und desselben gedichtes
schliessen, dazu sind die differenzen zu zahlreich und tiefgehend,
sondern auf zwei in den hauptzügen und der grundlage des
materiales verwandte, in den einzelheiten abweichende sagen-
formen, die auch nicht als gegenseitig aus einander geflossen
zu betrachten sind, um uns eine Vorstellung von der beschaflfenheit
der vorläge des romanes zu machen, müssen wir die in ihm selber
enthaltenen angaben über die. quellen berücksichtigen, es'heisst
aber im eingange: or ce que ie ai leu et releu et apreveu par
maintes fois le grant livre de latin, celuy meesmes qui devise
apertement l'estoire del saint graal, molt me merveil que aucun
proudome ne vient avant qui empreigne ä treslater de latin en
romans. — ie Luce Chevalier de Gast pres de Salibieres empreigne
ä traslatier de latin en franfois une partie de ceste estoire. hiemach
wäre also ein grosses lateinisches buch vorhanden gewesen, das
die geschichte vom Qral erzählte, ein teil davon war die Tristan-
sage und diesen teil hat der ritter Lucas übersetzt, dieses ereigniss
fällt wol unter Heinrich II. ca. 1170. später wurde das werk
von Helle de Börron fortgesetzt, dieser notiz nach wäre Lucas
als der eigentliche Schöpfer der Tristansage anzusehen, aber aus
verschiedenen gründen erhellt, dass wir der angäbe keine bedeutung
beimessen dürfen. Lucas werk fällt um 1170; bereits um die
mitte des XII. Jahrhunderts aber ist eine Tristansage bei den
Provenzalen bekannt, cfr. oben pag. 30. Eilhart dichtete um 1175
(Lichtenstein pag. I). sein werk stimmt aber nicht völlig zum
roman. innerhalb dieser fünf jähre kann sich doch unmöglich
diejenige Umformung des stoffes vollziehen, die wir für Eilharts
vorläge gegenüber dem romane vorauszusetzen hätten, eine
lateinische quelle wäre an und für sich nicht unmöglich. Heinzel
in seiner abhandlung (zt. f. deutsches altertum XIV) nimmt ja
auch für Gottfried das Vorhandensein einer lateinischen vita Tristaui
- 73 -
an. derartige chroniken etwa ähnlich Gottfried von Monmouth
sind ja nicht unerhört, aber eine andere frage ist, ob man sie
als ausgangspunct für eine lebensvolle im volke weit verbreitete
und beliebte sage nehmen darf, und nicht eher vielmehr ein um-
gekehrtes verhältniss glaubhaft scheint, der Pseudo-Turpin ist
auch nicht als die quelle für die Karlssage und das Rolandslied
au&ufassen. das lateinische buch bezieht sich aber an unserer
stelle auch offenbar nur auf den Gralsroman, hier, wo neben den
vielen volkstümlichen sagenelementen auch gelehrte geistliche ten-
denzen in betracht kommen, lassen sich lateinische quellen recht-
fertigen und begreifen, aus irgend welchem missverständnisse oder
vielleicht auch mit absieht, um dem werk grösst möglichste autorität
zu verschaffen, wurde die berufung auf lateinische vorlagen dem
romane vorangestellt, die litteraturgeschichten bieten ja beispiele
genug, durch welch eine kette von falschen combinationen solche
angaben namentlich in späteren compilatorischen werken entstehen
können, so besagt z. b. die älteste ausgäbe 1484 unseres prosa-
romanes von Tristan: „von dyser hystorj hat vonn erst geschriben
der maister von Britanie. unnd nach mals sein buch geliehen
einem mit namen Filhart von Oberet d' hat es darnach in reym
geschrieben** (Lichtenstein, zur kritik des prosaromanes von Tristrant
und Isolde pag. 5). Thomas von 'Britannien aber ist Gottfrieds
quelle, die zu der Eilharts im widersprach steht, der Wormser
druck (von 1550?) nennt den roman als „aus frantzösischer sprach
verteutschet* ; aber er ist ja nur eine prosaauflösung von Eilharts
gedichte.
Dann aber ist aus der beschaffenheit des romanes selber leicht
ersichtlich, dass er absolut nicht als das medium der einführung
der Tristansage in die französische litteratur angesehen werden
darf, prosaische erzählungen sind für die sagenentwicklung ein
wichtiges moment, cfr. Martin, zur Gralssage pag. 27 — 29. sagen
bieten den französischen dichtern fruchtbare stoffe dar „als lais
au den höfen Englands und Frankreichs vorgetragen oder ihrem
Inhalte nach mit zahllosen Varianten in prosa erzählt** a. a. o.
pag. 45. Gautier, Chrestiens nachfolger sagt 28373 „quant on
leur fait un poi conter**, dann erzählen die spielleute „d^une
»venture sans rimer**. wenn so neben der poetischen die
— 74 -
prosaische tradition für die sagenentwicklung nicht unter-
schätzt werden darf, so ist doch die hier in frage stehende prosa
wesentlich anderer natur. wie schon bemerkt, ist die Tristansage
verhüllt durch ein wüstes conglomerat von allerlei abenteuern;
nicht nur Artussagen sind in menge herbeigezogen, nur um das
ganze möglichst voluminös und umfangreich ohne rücksicht auf
innern wert zu gestalten, sondern die einleitung enthält auch züge
aus Beda und der Ödipussage, was den gelehrten unpoetischen
und geschmacklosen bearbeiter kennzeichnet, cfr. Estlander, acta
societatis scientiarum Fennicae 1867, tom. VIII, pars II, pag. 420 f.
dieser umstand gewinnt noch mehr bedeutung durch die ebenfalls
bereits erwähnte mitteilung P. Paris, dass der roman in den
handschrifben fast um ein viertel umfangreicher sei. es ist ganz
undenkbar, dass ein dichter im stände gewesen wäre, ans diesem
wüste die wie ein dünner roter faden durchlaufende Tristansage
herauszuschälen, wir haben demnach den angaben des
romanes keinen glauben beizumessen,^) und die an-
nähme einer prosaischen Tristansage als ursprüngliche
quelle ist entschieden falsch, bereits Fauriel spricht sich
mehrfach gegen diese ansieht aus, histoire de la poesie proven9ale II,
238, 240, 244, 248, 249. mit recht weist er auf das ganz un-
volkstümliche solcher grossen compilationen hin und wie bereits
oben pag. 34 fif. angedeutet, scheint mir der verweis auf die ana-
logie der Karlsepen treffend: je dirai, qu'il n'existe ä ma connais-
sance aucun roman de Charlemagne ou de la table ronde, dont
on ne puisse s^assurer, qne le redaction premiere, la redaction
originale n*ait ete en vers. die romane folgen den trouverdichtungen
nach, cfr. F. Wolf-Etienne, resume de Thistoire de la litterature
fran9aise du moyen-äge, Vienne et Pesth 1848, pag. 21 f.
Das gesungene lied des spielmanns ist die notwendige Voraus-
setzung für die bildung und entstehung eines epischen Stoffes, so-
ferne er nicht gerade auf einer so bestimmt begrenzten basis
beruht, wie der classische Sagenkreis, lange ehe die bildung des
*) Toutes les all^gations qui se trouvent dans les manuscrits relative-
ment k Robert de Boron et £lie do Boron sont de pures bourdes, sans
aucune esp^ce de valeur. G. Paris, Rom. XV, pag. 600 ff.
— 75 ~
fester gefügten epos sich vollzogen hat, sind lieder und bearbeitungen
unter den spielleuten verbreitet.
Petrus Blesensis tract. de confess. sacramentali (opera
Paris 1667, pag. 442) sagt: saepe in tragoediis et aliis carminibus
poetarum, in joculatorum cantilenis describitur aliquis vir prudens,
decorus, fortis, amabilis et per omnia gratiosus. recitantur etiam
pressume vel injuriae eidem crudeliter irrogatae sicut de Arthuro
et Gangano et Tristanno fabulosa quaedam referunt histriones
quorum auditu concutiuntur ad compassionem audientium corda et
usque ad lacrymas compunguntur. Peter von Blois bezeichnet nicht
näher, was für spielleute hier gemeint sind, doch dürfen wir zweifel-
los auf französische schliessen. Wace ist ein beispiel dafür, wie diese
sich auch der bretonischen sage bemächtigten, in denjenigen frag-
menten, welche im ersten bände von Michels Sammlung stehen, und
die man als die Version des Berol zu bezeichnen pflegt, haben wir
Überreste solcher Spielmannsdichtungen anzuerkennen, wie die^i auch
Heinzel (z. f. d. a. XIV, pag. 290 — 347) ausführt, es sind reste
jener poetischen erzählungen, aus denen Chrestien und die übrigen
trouvers schöpften. Heinzel (a. a. o. pag. 289) schliesst, dass es
von Tristans und Isoldes wechselvollen Schicksalen am hofe könig
Markes um die mitte des XII. Jahrhunderts mindestens zwölf dar-
stellungen gegeben haben müsse, so schält er denn auch zwölf
lieder heraus, deren gegenseitige Unabhängigkeit und Selbständig-
keit er durch darin enthaltene Widersprüche und durch hervor-
stechende stilistische eigentümlichkeiten der einzelnen lieder zu
erweisen sucht, pag. 290 — 297 unterscheidet er eine erste classe
von dichtem, die rein volksmässigen contor, welche noch in
strophischer gliederung ihre gedichte abfassen; pag. 298 — 343
behandelt er die zweite classe, welche das mit der ersten gemein-
sam hat, dass die gedichte nur einzelne teile der sage umfassen;
jedoch herrscht hier nicht mehr die strophische form, sondern die
dichtung bewegt sich in reimzeilen. es ist notwendig, den ausser-
ordentlich fein und scharfsinnig geführten Untersuchungen gegen-
über Stellung zu nehmen, die anforderungen, welche Heinzel
bezüglich des logischen fortschrittes der handlung macht, sind
mittelalterlichen epen gegenüber viel zu subtil und hoch gestellt,
auch ein moderner leser liest leicht über die Widersprüche, die
- 76 -
Heinzel nachweist, weg. sie können kaum genügen, um ohne
weitere stützen zu dem Schlüsse zu berechtigen, dass wir es mit
so und so viel fragmenten verschiedener gedichtet) zu tun haben,
dass es gerade zwölf lieder sein müssen, die in das uns erhaltene
fragment zusammenflössen, ist eine zu subjective ansieht, bezüglich
ihres inhaltes grenzen sich die postulirten lieder in keiner weise
markant gegen einander ab. gesetzt wir hätten wirklich die zwölf
lieder, dann macht die erklärung der entstehung des uns erhaltenen
textes immerhin einige Schwierigkeit, er ist ein ungemein künstlich
verschachtelter und zusammengewürfelter und es hätte fast den-
selben aufwand von Scharfsinn von Seiten des Schreibers unserer
handschrift erfordert ein solches werk überhaupt nur zusamimen
zu bringen, als mit welchem Heinzel die einzelnen teile wieder
loszulösen vermochte; oder der Schreiber wäre mit völliger unbe-
sorgtheit und Planlosigkeit mit den zwölf lieder umgesprungen,
^) die spielmannsyersioneD, und darunter auch das Eilhartgedicht zeichnen
sich dadurch aus, dass in ihnen die scenen noch sehr lose aneinander gereiht
sind, so schiebt sich z. b. das abenteuer mit dem zwerge Frocin, die Midas-
geschichte, Michel I, vers. 1267—1314 ganz unvermittelt zwischen zwei
scenen des waldlebens ein. eine sonst unerhörte persönlichkeit ist Tristans
oheim ^Got* Mich. I, pag. 21, 345 Tristran r'avoit tot racontä k son oncle
com out ouvrd. qant Got' Vot, Deu en mercie que plus n'i out fait o s'amie.
er spielt nur die sehr untergeordnete rolle eines vertrauten Tristans und
kommt nirgends mehr vor. Heinzel will verschiedene liederanfänge erkennen,
Mich. I, pag. 66, 1315 Seignors, molt avez bien o'i comment Tristan avoit
sailli tot contreval par le rochier; et Govemal sot le tertrier, s'en fu issuz,
quar il cremoit qu'il fast ars, se Marc le tenoit. derartige abschnitte sind
aber im afz. epos häufig, ohne dass man darum gleich auf einzelne lieder
schliessen dürfte, cfr. z. b. Chanson de Roland 1 ff., 703 ff'.; auch unverträgliche
Widersprüche kommen vor Ch. d. R. 751—760 und 761—765, 2909—2915,
2916 — 2932. ursprünglich hat man es allerdings mit zwei verschiedenen
berichten zu tun. aber der redactor ist nicht bloss ein mechanischer com-
pilator und mosaikarbeiter, sondern er unterzieht den stoff wirklich einer
zusammenfassenden bearbeitung, wobei er aber ungeschickt verfährt, eine
bemerkung G. Paris* (Rom. VUI, 467 anlässlich einer auzeige des XIII. bandes
der Germania) über seine Stellung zu der hypothese Heinzeis führe ich hier
an : je saisis cette occasion de dire que, pour ma part, je n*ai jamais acceptä
ni Tensemble ni les d^tails de cette these, oü Tauteur a montrd assur^mant,
beaucoup d^esprit, et dont la lecture est aussi instructive qu'interessante,
mais oü il a fait fausse route presque tout le temps.
— 77 -
wobei aber dann jedenfalls etwas sinnloseres zu stände gekommen
wäre, als was wir in Wahrheit vor uns haben, ich glaube, dass
man mit der Heinzel-schen methode auch aus dem Eilhartischen
texte eine anzahl von einzelnen liedern herausrechnen könnte.
Eilhart aber, der doch unleugbar eine zusammenhängende bear-
beitung der sage repräsentirt, stimmt ziemlich genau zu dem
betreffenden stücke des französischen fragmentes (cfr. Lichtenstein
pag. CXXXII — CXLIV). Eilhart hatte also eine vorläge, welche
sich zum grossen teile mit der erhaltenen französischen deckte,
diese bearbeitungen können aber nicht ein ganz zufalliges con-
glomerat beliebiger einzelner lieder sein, ähnlich einer blossen
Sammelhandschrift, sondern es liegt ihnen offenbar ein plan zu
gründe, die ansieht vom unterschied der strophischen und un-
strophischen gedichte hat zwar viel bestechendes, und kann prin-
cipiell richtig sein, aber auch hier drängt sich die frage auf, ob
das frz. material wirklich aus sich selbst heraus mit einer über-
zeugenden notwendigkeit die von Heinzel constatirten resultate
darbietet und ob nicht vielmehr diese letzteren hineingezwungen
werden müssen, wenn wir Heinzeis resultate, so weit sfe sich auf
die positiven tatsachen beziehen, nicht völlig anerkennen können,
so haben wir ihnen doch principiell zuzustimmen, indem uns der
weg hier gezeigt wird, auf dem die Tristandichtungen sich unter
den bänden der Jongleurs herausgebildet haben, die nachweise
über die Widersprüche und vielen Ungereimtheiten betreffen die
ganze Spielmannsdichtung überhaupt; sie zeigen, mit welch merk-
würdiger nachlässigkeit man bei der composition der handlung zu
wege gieng und wie leicht man sich mit den anforderungen einer
strengen logik^) zurechtfand, dies ist aber das wesen eines jeden
grossen auf volksmässiger grundlage und langer tradition beruhenden
epo$. der spielmann trägt die einzelnen teile vor, und ist sich
dabei wol des Zusammenhanges mit dem grossen ganzen, nicht
aber mit dem einzelnen völlig bewusst wenn z. b. in der Chanson
1) Heinzel selbst pag. 283 bemerkt richtig, dass die dichter in jeder
art grösserer poetischer darstellungen vergesslichkeiten ausgesetzt seien,
die den glatten ablauf der ereignisse oder der ideenfolgen hindern, ja sogar
im einzelnen Widersprüche verursachen können.
— 78 -
de Roland 2295 Roland sein hörn Olifant zerschellt, aber vers
3119 dasselbe doch wieder geblasen wird und unversehrt erscheint,
80 dürfte dies allerdings ursprünglich wol auch durch zwei Ter-
schiedene dichter entstanden sein ; aber die bearbeitung der ganzen
chanson, wie sie uns jetzt vorliegt, hat bei der einen stelle einfach
der andern nicht gedacht; vollständig fertig und von allen Wider-
sprüchen gereinigt wird sehr selten eine grosse umfangreiche epische
dichtung sein, sie werden sich abschleifen und ausscheiden, je
mehr bearbeitungen der stoflf durchläuft, je mehr er in den bereich
der kunstmässigen poesie einrückt, nach den neuesten forschungen
darf es als eine unumstössliche tatsache gelten, dass Gottfried eine
französische bearbeitung vorgelegen hat, die den gesammten Tristan-
stoJBF enthielt; einzelne lieder sind völlig ausgeschlossen, aber
auch bei Gottfried finden sich noch einige härten und Ver-
stösse, cfr. Bahnsch, Tristan-studien , programm des Danziger
gymnasiums 1884/5, pag. 13 fiF. wie viel mehr müssen derartige
Vorkommnisse in den älteren bearbeitungen, die noch völlig in
den bänden der Jongleurs lagen, an der tagesordnung gewesen
sein! der spätere kunstdichter hielt sich dann ganz ähnlich dem
ausländischen dichter sehr genau an die tradition und seine
änderungen liegen im formalen und betreffen wenig das stoffliche.
Die französischen fragmente, ebenso wie Eilhart und die
andern hierher gehörigen bearbeitungen zeigen uns- die Tristansage
in einer solchen phase der entwicklung. es ist eine überall nur
wenig durchgearbeitete, unfeste und unfertige Spielmannsdichtung,
die sich noch vielfach im flusse befindet, man hat sich daran
gewöhnt, diese version in ihren verschiedenen zweigen gegenüber
der des trouvere Thomals als die des Berol zu bezeichnen, aber
mit unrecht, wir werden besser tun, sie einfach die spielmanns-
version zu nennen, damit der gedanke ferne gehalten bleibt, als
hätten wir es hier mit einem gedichte zu tun, welches sein ent-
stehen einem individuellen dichter verdankt, keine der nach-
ahmungen überliefert diesen namen. er gehört allein den fran-
zösischen fragmenten an. man darf wol annehmen, dass Eilhart
seinen gewährsmann namhaft gemacht hätte, wenn seine vorläge
auf einen bestimmten namen gegangen wäre, bei Ulrich von
Türheim und Heinrich von Freiberg allerdings könnte man be-
— 79 —
greifen, dass der name unterdrückt wurde, da ja beide als nach-
f olger Gottfrieds den anschein zu erwecken suchen, als folgten sie
auch der quelle ihres Vorbildes, dem Thomas von Britannien, es
mögen hier einige bemerkungen über die auffassung und beur-
teilung der quellenangaben bei den mittelalterlichen dichtem ver-
stattet sein, ihre Wertschätzung hat von verschiedenen Seiten aus-
zugehen, eine auf bezeugte tatsachen gestützte Specialuntersuchung
dürfte wol einige für die litteraturgeschichte nicht uninteressante
gesichtspuncte ergeben, die älteste Spielmannsdichtung sieht im
Stoffe etwas ganz allgemeines, objectives, gegebenes, ohne dieses
näher zu unterscheiden, es ist eben einfach die sage, ein erster
anfang zur berufung auf quellen begegnet uns in den chanson
de^ geste, in den rein erfundenen angaben über die chronik irgend
eines berühmten klosters, in welcher die sage zu finden sei, cfr.
Gautier les epopees fran9aises^ I, pag. 233 ff. hier also tritt ein
bestreben zu tage die betreffende tradition zu individualisiren, sie
aus der menge der übrigen hervorzuheben, andererseits aber nennt
der dichter auch seinen namen, und legt seine ansieht und seinen
bericht als richtiger gegenüber der grossen masse der übrigen
dichter dar. er berichtet auch von quellen, schriftlichen und
mündlichen, so verhält sich Berol. in bezug auf die höfischen
dichter können wir meistens uns von den ausserfranzösischen
dichtem aus ein urteil über die verlässigkeit und glaubwürdigkeit
der angaben bilden, in der eigentlich classischen periode ist die
angäbe in den meisten fällen richtig, auch dem französischen
kunstdichter werden wir glauben beizumessen haben, wenn er
einen gewährsmann als quelle bezeichnet, wie Thomas den Breri.
eine kritische erwägung der Verhältnisse weist ja darauf hin, dass
Vorgänger vorhanden waren, und die ausdrückliche berufung und
namhaftmachung solcher darf nicht ohne besondere gründe in
zweifei gezogen werden, hier also kennzeichnet sich das werk
sehr bestimmt als durch dichter und quelle von anderen ähnlichen
scharf geschieden, gegen ende der genannten periode macht sich
das bestreben bemerkbar, nach vorhandenen berühmten mustern
zu arbeiten, um seinem werke die grösst möglichste autorität zu
verschaffen, es wird mit bewusster absieht ein werk einem dichter
zugeschrieben und beigelegt, von dem es nicht stammen kann.
~ 80 -
so nennt Heinrich von Freiberg den Thomas als gewährsmann.
einer ganz späten zeit gehören dann völlig falsche combinationen
und Schlüsse an, wie wir sie oben beim deutschen Tristanromane
zu constatiren hatten. — die stellen, auf welche hin man die
Version die Berolsche nennt, lauten folgendermaassen:
Li contor dient que Yvain
firent tuer, que sont vilain.
n'en sevent mie bien Testoire.
Berox Ta mex en sen memoire.
trop est Tristran preuz et cortois
ä ocirre gent de tel lois. (Michel I, pag. 62, 1292 ff.)
Berol stellt sich mit selbstbewusstsein den contor, welche
wir als blosse mündliche erzähler oder recitatoren aufzufassen
haben, gegenüber, das subjective dement macht sich geltend,
die contor werden wol einfach nur erzählt haben, was sie wussten.
Eilhart berichtet an der entsprechenden stelle 4322 ff.:
dö gingen sie hauwen
under die siechen,
ich wene sie dö lizen
ir gar wenig genesen.
Eilhart folgt also nicht der version des Berol, sondern steht
in directem Widerspruche zu ihr; er stimmt mit demjenigen über-
ein, was die contor berichteten, d. h. der spielmannsversion. bis
zur Übergabe Isoldes an Marke (Michel I, pag. 144) stimmt das
französische fragment ziemlich genau zu Eilhart, cfr. Lichtenstein
pag. CXXXII — CXLIV. im detail sind mehrere derartige differenzen
vorhanden, woraus hervorgeht, dass die fragmente nicht vollkommen
genau die vorläge Eilharts repräsentiren. manchmal ist auch nur
die anordnung und reihenfolge verschieden, nicht aber der stoff
selber. Dinas (Eihart Tinas) der marschall ist ein freund der
liebenden und tritt in gefahr für sie ein. nach dem französischen
fragmente bittet er vor Tristans capellensprung um das leben der
Yseult 1049—1104; bei Eilhart aber bittet Tinas für Tristans
leben. ^) — eine weitere stelle Michel I, 1753 ff. besagt von Berol:
^) Michel I, 2141 ff. stimmt genau zu E. 8592, jedoch entspricht die
stelle im zusammenhäng nicht genau (Lichtenstein pag. XLI — II), woraus
auch hier die etwas differenzirende anordnung erhellt.
- 81 -
ne si comme Pestoire dit
lou Berox le vit escrit,
nule gent tant ne s'entr' amerent
ne 81 griement nu compererent.
Heinzel (a. a. o. pag. 317) erkennt in Berol den dichter
eines besonderen liedes, nach ihm no. VI ,das werk eines dichters,
der nach einer Überlieferung und nach einer quelle von schon
künstlerischer gestalt arbeitete und sich durch feineren geschmack
und unyerfölschte darstellung den contor gegenüberstellte^. Berol
ist bereits schaffender selbsttätiger künstler, ja ein höfischer, feiner
zug lässt sich bei ihm erkennen, wenn er sich dahin ausspricht,
dass Tristan, wenn er gegen die aussätzigen und schwachen kranken
einen kämpf aufnehmen würde, sich eines vergebens gegen die
ritterlichen ehrbegriife schuldig machte, man darf in diesem zuge
wol auch eine selbständige änderung des dichters anerkennen,
aber was Heinzel hier für ein einzelnes lied fordert, kann sich
gerade so gut auf die bearbeitung der ganzen sage anwenden
lassen, oder doch jedenfalls auf einen grösseren teil als nur dieses
kurze lied. bemerkenswert ist auch der hin weis darauf, dass die
Tristansage bereits vor Berol schriftlich fixirt war, wodurch sich
letzterer immerhin als einer etwas späteren periode angehörig er-
weist und ebenfalls nicht als der schöpfer der sage betrachtet
werden darf . aus dem, was die worte besagen, ergibt sich,
dass Berol ein durch einzelne, aber wol nur wenig tief
greifende individuelle ebigenschaften ausgezeichneter
dichter gewesen ist, welcher die bereits vorhandene und
ziemlich ausgebildete spielmannsversion der Tristan-
sage bearbeitet hat. da nun Eilhart ebenfalls eine aus der
spielmannsversion geflossene vorläge übertrug, so erklären sich die
Übereinstimmungen daraus, dass das material im letzten aus-
gangspuncte dasselbe für beide gewesen ist. ganz in der-
selben weise haben wir uns das verhältniss der übrigen hier in
betracht kommenden bearbeitungen, also des französischen prosa-
romanes, ülrich's von Türheim, Heinrich's von Freiberg zurecht
zu legen, überall spielen dieselben personen und ereignisse, liegt
dasselbe material zu gründe; aber im einzelnen sind die di£ferenzen
Golther, Tristan. 6
- 82 -
auch recht bedeutend, es ist ja natürlich, dass eine in den händeii
der spielleute liegende dichtung, die doch eigentlich keinen rechten
alten kern hat, der eine conformität hervorzurufen im stände
gewesen wäre, deren stoff erst in einer yerhältnissmässig jungen
zeit sich zusammensetzte, einen sehr beträchtlichen reichtum von
Varianten zu entwickeln im stände ist. das gedieht des Berol
ist als ein einzelner versuch zu bezeichnen, der wol von
wenig einfluss und bedeutung für die folgende zeit war.
Die spielmannsversionen gehen, wie dies auch noch direct aus
dem vorhandenen materiale zu erweisen ist, in manchen scenen
auseinander, der trouvere Thomas Michel 11, pag. 40, vers 853 IF.
tadelt die tradition derjenigen erzähler:
50 que del naim dire ci solent
ke femme Eaherdin dut amer.
li naim redut Tristran navrer
et en tuscher par grant engin.
quant ot afole Eaherdin
par cest plaie et par cest mal,
enveiad Tristran Guvernal
en Engleterre pur Ysolt.
Dieser Version folgt Thomas nicht, das zuerst verworfene
abenteuer mit Nampotenis geht durch alle auf der spielmanns-'
Version fussenden darstellungen hindurch, bezüglich des zweiten
punctes aber finden sich differenzen. nach Heinrich von Freiberg
6326 — 6364 wird von dem todwunden Tristan Kurvenal nach
Isolde ausgesandt; und dass dies keine erfindung Heinrichs ist,
beweist die stelle bei Thomas. Heinrich entnahm sie aus der
französischen vorläge; hieraus geht auch hervor, wie Wiegandt
(Heinrich von Preiberg in seinem verhältniss zu Eilhart und Ulrich.
Rostock 1879, pag. 41) schliesst, dass Heinrich neben Eilhart und
Ulrich, seinen deutschen Vorgängern, auch noch eine französische
vorläge benützt hat. nach Eilhart sendet Tristan seinen wirt nach
Isalde, nach Ulrich den kaufinann Gaviol, also eine dritte persön-
lichkeit, deren name schwankt, das wichtige ist, dass es nicht
Eaherdin oder Eurvenal ist. dass dieses aber wiederum keine er-
findung der deutschen bearbeiter ist, erhellt aus der französischen
— 83 —
prosa, nach welcher Tristan den Genes, seinen wirt aussendet,
cfr. oben pag. 69 f. wir haben hiernach neben dem be-
richte des Thomas zwei andere zu constatiren, welche
beide mehrfach belegt sind und aus dem französischen
stammen müssen, man wird hierdurch auch zu der ansieht
geführt, dass man bei den deutschen Tristandichtern wol das aller-
meiste in ihren französischen vorlagen zu suchen hat und soweit
nicht gerade zwingende gründe vorliegen, wie z. b. bei Heinrich's
Peilnetosi = Isotenliep, was ja nur aus dem deutschen sich er-
klären lässt, sehr vorsichtig sein muss, ihnen subjective eigene
abänderungen des originales zuzugestehen. — bei Heinrich gewinnt
das waldleben der liebenden ein jähes ende, das auf eine ganz
eigentümliche art und weise herbeigeführt wird, während Tristan
mit Kurvenal zur jagd geritten war, kam König Marke, von den
seinen getrennt, in den wald geritten und fand Isolde, die mit
Tantrisel ausgegangen war, um blumen zu lesen. Marke führt
Isolde mit sich heim, so dass sie von neuem für Tristan verloren
ist. in der französischen prosa wird ähnliches berichtet: comment
le roy Marc trouva la royne en Moroys seulle en son logis et
Fenmena. cfr. oben pag. 60. auch hier vermutete Wiegandt
a. a. o. pag. 26 flf. französische vorläge, in den einzelheiten
herrscht allerdings sehr grosse differenz und es lassen sich keiner-
lei parallelen neben einander stellen, aber wir dürfen aus dieser
Übereinstimmung mit vollem rechte folgern, dass in der spielmanns-
version auch eine entsprechende geschichte vorhanden gewesen ist
und Heinrich sie aus dieser entnahm.
Im XII. Jahrhundert wurde in Prankreich mehrfach der ver-
such gemacht, unter einem einheitlichen gesichtspuncte die gesammt-
heit der Tristansage episch zu bearbeiten. Berol war wol auch
unter der zahl dieser dichter, die deutschen gedichte geben uns
ein ziemlich getreues bild von der beschaflFenheit derartiger ver-
suche. Eilhart repräsentirt die umfangreichste und ausgedehnteste
bearbeitung. sein gedieht muss als die Übertragung einer fran-
zösischen quelle angesehen werden, wie dies ja schon aus den
Übereinstimmungen mit der französischen prosa deutlich hervor-
geht.' es ist ganz undenkbar, dass Eilhart selber erst einzelne
lieder zu einem gesammtcomplexe zusammenfügte, aus zerstreutem
6*
- 84 -
franzosischen materiale ein deutsches Tristanepos schuf, eine ansieht,
die von Strobl, anzeiger f. deutsches altertum V, pag. 227 — 238
vertreten wird, längst schon existirten zu seiner zeit gesammt-
darstellungen, die von spielleuten angefertigt waren, und eine dieser
hat Eilhart zur vorläge gedient, die quelle ist aber sehr unrein,
die compositionsweise sehr äusserlich, wenig abgerundet, und sehr
unvollkommen, cfr. Lichtenstein, pag. CXIX — CXXXI. am
Schlüsse spricht sich Eilhart über anderweitige Tristandichtungen
aus 9452:
nü saget lichte ein ander man,
ez si andirs hir umme komen:
daz habe wir alle wol vomomen,
daz man daz ungellche saget:
Eilhart des guten züg habet,
daz ez recht alsus erging.
Aus diesen versen geht ohne frage das Vorhandensein mehrerer
gestalten der sage hervor, . cfr. Lichtenstein, pag. CXVII f. es
scheint mir am aller wahrscheinlichsten, dass sich diese an-
gaben auf die französischen litteratu*rverhältnisse be-
ziehen und dass Eilhart die worte aus seiner vorläge übertragen
hat. wenn Lichtenstein diess für einen allzusclavischen anschluss
des dichters an seine quelle hält, welcher mit den übrigen frei-
heiten nicht wol vereinbar scheine, so ist dem gegenüber auf einen
ganz analogen Vorgang bei Gottfried von Strassburg zu verweisen,
welcher 150 — 154 von Thomas auch nur worte gebraucht, die
letzterer selber auf seine vorläge angewandt hatte (Michel II,
pag. 40, vers 47 — 50), wie dies bereits Bosser t, Tristan et Iseult
pag. 49 festgestellt hat.^)
*) diese stelle ist überhaupt sehr lehrreich. Thomas rühmt von Breri,
er habe les gestes und les cuntes der bretagnischen könige und grafen
gelesen; Gottfried bezeichnet aber den Thomas als denjenigen, der das leben
der landherren in britünschen büchem las. nach G. also müsste man für
Thomas die kenntniss der bretonischen und das Studium betreffender Chro-
niken voraussetzen, dass dies aber nichtig ist, beweist die zufällig erhaltene
Thomasstelle, es ist nun an und für sich durchaus unwahrscheinlich, dass
eine lebensvolle sage aus trockenen historischen Chroniken floss. ich kann
mir nicht denken, was überhaupt in der sage der lectüre solcher bücher
. — 85 —
Die französischen fragmente sind ihrem inhalte nach einer
kurzen prüfung zu unterwerfen, von der Übergabe Isoldes an
Marke ab hört alle Übereinstimmung zwischen dem französischen
texte und Eilhart auf. während Tristan bei Eilhart zu Isolde
Weisshand geht, so begibt er sich nach dem französischen texte
(Michel I, pag. 144 flf.) zu einem befreundeten förster, um bei
diesem auf Isoldes weitere botschaft zu warten, drei barone
Guenelon, Godoine^) und Danaloin suchen des königs verdacht rege
zu machen, jedoch erregen sie des königs zorn dadurch. Isolde
erklärt sich zum reinigungseide bereit und setzt Tristan von ihrem
vorhaben in kenntniss. in der Verkleidung eines aussätzigen bettlers
erwartet er sie an einer sumpfigen stelle des weges und trägt die
königin auf dem rücken hinüber, als schwarzer ritter reitet er
mit Governail unerkannt später in die schranken und streckt den
verräterischen Andret nieder, bereits früher (2816 — 2833) hatte
er sich zum kämpfe für Isolde bereit erklärt. . hierauf schwört
Isolde den bekannten zweideutigen eid, dass niemand ausser Marke
und jener bettler ihr genaht sei. den schluss des fragmentes bildet
die erzählung von der strafe, welche jene drei von Tristans band
ereilt, es ist bemerkenswert, dass einer der drei feindlichen barone
den typischen verräternamen Guenelon führt; der ja natürlich aus
der Jongleurdichtung stammt und etwa einen „Judas'^ bedeutet.
Heinzel, nach welchem unser fragment ja überhaupt ein con-
glomerat aus einzelnen liedern ist, hat auf das ganz ungewöhnliche
dieser stofflichen Verbindung keine rücksicht genommen und sie
zu verdanken wäre, man könnte dann für alle einzelnen abweichungen
mit demselben rechte auf bretonische Chroniken sich berufen, die erklärung
aber scheint mir sehr nahe zu liegen. Breri war ein spielmann, er folgte
der beliebten weise, um seiner dichtung autorität zu verschaffen, eine fingirte
quelle für sie anzugeben, und wählte dafür ganz vage und vieldeutige aus-
drücke. Thomas hat getreu seinen Vorgänger namhaft gemacht, und dessen
angaben nachgeschrieben, also das wesentliche und wertvolle ist, dass uns
Gottfried und Thomas richtig ihre quellen nennen, die bretonischen quellen
aber haben gar keine bedeutung, und berechtigen zu keinerlei hjpothesen.
^) Godoine oder wie er später heisst 4301 etc. Gondoine ist ein ger-
manischer name: Godwin oder Gundwin im Polypt. Irminonis Gundoin und
Godoin. auch Danaloin enthält das wort -win. wir sehen also überall die
Spielmannsdichtung tätig, die neue personen einführt.
/■
— 86 —
ganz unbeanstandet gelassen, die erste hälfte unseres fragmentes
fallt mit der spielmannsversion, also namentlich mit Eilhart und
auch teilweise mit Heinrich von Preiberg zusammen, der zweite
teil aber tritt völlig aus ihr heraus und bietet gar keine
berührungspuncte mit ihr mehr dar. die Verbindung der
beiden hälften ist, wenn wir auf den gang der handlung sehen,
sehr schlecht und rein äusserlich. soeben hatte sich Marke selber
im walde von der vermeintlichen Unschuld der liebenden überzeugt,
da er sie getrennt liegend fand. Tristan brachte ihm aus freiem
antrieb das weib zurück, die neuen ranke und der neue verdacht
erscheinen als ziemlich unvermittelt, die Verbindung der beiden
teile ist hergestellt durch die verse Michel I, 2776 flF., in welchen
Isolde Tristan bittet, er möge doch hier in der nähe bleiben, und
diese bitte wird wol nur darum ausgesprochen, dass die nach-
folgenden scenen schicklich eingeleitet werden.^) betrachten wir die
gesammte übrige Tristantradition, so schliessen sich stets die
beiden scenen, Verurteilung und flucht der liebenden
einerseits, und der reinigungseid andererseits gegenseitig
aus, und wenn sich doch beide in einer bearbeitung finden, wie
hier und bei Heinrich von Preiberg als fortsetzung zu Gottfried
von Strassburg aufgefasst, dann ist diese Verbindung als eine künst-
liche und unorganische, entstanden aus der contamination zweier
verschiedener Versionen zu bezeichnen. Eilhart und der roman
wissen nichts vom eide. auch in den gedichten von Tristans
narrheit findet sich strenge Scheidung, die im Bemer manuscript*)
aufgeführten episoden sind folgende: der liebestrank 428—441;
Tristans capellensprung und die scene mit den aussätzigen, beides
also anlässlich der Verurteilung 447—461; diese scene fehlt voll-
ständig in der version des Thomas in allen von ihr erhaltenen
bearbeitungen. der eremit Ogrin 462 — 465; .der hund Huden
486 — 501 ; endlich die übergäbe des ringes 528 — 539. ausserdem
wird durch 421 ff.
^) von 2730 an beginnt vielleicht der neue abschnitt; 2757—2767
wiederholt so ziemlich 2672—2687. Tristan hatte die absieht, auf ritter-
schaft in ferne lande zu ziehen, aber auf Isoldes bitten bleibt er.
2) nunmehr neu herausgegeben von Morf, Rom. XV, pag. 559 — 574.
— 87 -
,en po d'ore vos oi paiee
o la parole do chevol
don je ai pais an grant dol'*,
das abenteuer mit dem goldenen haar und der schwalbe, das der
roman nicht hat, auch für die französische spielmannsversion direct
bezeugt.^) 380—383 und 390—394 beziehen sich auf das aben-
teuer, dass ein fremder ritter Isolde entfuhrt und Tristan sie ihm
wieder abgewinnt, diese scene fehlt allerdings bei Eilhart, und
ohne schaden für das ganze, da sie sehr unwesentlich ist. jedoch
enthält der roman deutlich spuren davon, cfr. oben pag. 54 und 58
und damit ist sie doppelt für die spielmannsversion bezeugt, man
darf nicht etwa hier interpolation aus der Thomasversion ver-
muten, auch hieraus wieder wird klar, wie verschiedenartig sich
die Jongleurdichtungen gestaltet haben, indem leicht bei der einen
oder andern redaction ganze scenen in wegfall kommen konnten,
die hier in ihren äussersten umrissen skizzirte handlung entspricht
demnach genau dem bei Eilhart überlieferten, für die scene
mit dem reinigungseide findet sich aber nirgends
eine stelle, dem gegenüber zählt das manuscript Douce von
Tristans narrheit die verschiedenen episoden genau in der reihen-
folge auf, welche das gedieht des Thomas einhält, es fehlen dem-
zufolge das abenteuer mit der schwalbe, Tristans capellensprung
und die aussätzigen, also die Verurteilung, statt dieser tritt der
reinigungseid ein. Tristan als narr ist ein besonderer lais, der
sich aus der gruppe der spielmannsversionen abgezweigt hat und
eine scene mit ganz besonderer ausführlichkeit behandelte, das
manuscript von Bern folgt völlig der alten version; das manuscript
Douce ist eine ganz offenbare nachahmung des älteren Bemer-
liedes. aber das material, auf dem es hinsichtlich des stoffes basirt,
ist die Version des Thomas, cfr. darüber Vetter, la legende de
Tristan pag. 19—29. die lieder sind ziemlich alt und wegen ihrer
anordnung von hohem werte; daneben auch desshalb, weil sie uns
beispiele von der Überlieferung und Weiterbildung der sage geben,
cfr. oben pag. 39.
^) ebenso durch eine stelle im roman de TEscoufle, Michel in,
pag. XI — XII.
~ 88 —
Was aber ist dann jener zweite teil unseres Fragmentes?
ganz offenbar ein teil einer anderen Tristanversion, als die zwei
hauptströmungen, die uns davon bekannt sind, wenn wir der
spielmannsversion unbedingt auch viel mehr freiheit und mannig-
faltigkeit zuschreiben müssen, als dies bei der festen Thomas-
dichtung der fall ist, so ist doch die anforderung der parallelen
gleichberechtigung zweier sich ausschliessenden scenen unerhört,
was ausdruck und stil anlangt, so steht der zweite teil hierin dem
ersten ziemlich gleich, er ist eher noch roher, es ist jedenfalls
Jongleurpoesie; zu dem im vorhergehenden erzählten gericht über
Tristan und Isolde bildet der zweite teil eigentlich eine dublette.
ob die verquickung zweier heterogener traditionen das werk des
dichters Berol ist oder ob wir es nur dem compilator unserer
handschrift zuzuschreiben haben, lässt sich kaum entscheiden, es
dürfte wol eher nur dem letzteren zukommen, ein die sage im"
zusammenhänge bearbeitender dichter, wie von Berol dies doch
anzunehmen ist, würde doch wol kaum einen derartigen fehlgriff
gemacht haben, wenn aber doch diese Vereinigung von Berol
stammen sollte, dann ist es um so weniger gerechtfertigt, von
einer Version des Berol zu reden, welcher eine anzahl anderer
dichtungen folgte, obwol ich auf Widersprüche nicht sehr viel
vertrauen möchte, um aus ihnen zu argumentiren, dass man es
mit teilen verschiedener bearbeitungen zu tun habe, so mag dennoch
ein zug hier beiläufig erwähnung finden, die drei feindlichen
barone spielen bereits im ersten teile eine rolle 544 «ä la cort
avoit trois barons*. 1620 „un de ces trois, que Dex maudie*
jagt im walde und Kurvenal erschlägt ihn 1674 — 1675. 2993 flf.
verlangen aber die drei, die nun auch namentlich auftreten, den
reinigungseid: oiez des trois que Dex maudie! also im zweiten
teile sind sie alle wieder vorhanden.
Ein directer Vorläufer zu dem, was das gedieht des Thomas
erzählt, kann diese scene übrigens nicht sein, da sich nicht uner-
hebliche diflferenzen vorfinden, die scenerie ist beide male eine
andere, im fragmente ist es eine sumpfige, morastige stelle am
wege, während bei Thomas — Gottfried der Vorgang bei der landung
des Schiffes spielt, cfr. Tristan narr Douce 817, Michel II, pag. 128
„quant vug eisistes de la nef, entre mes bras vus tint suef* Gott-
— 89 —
fried 15579—80, (cfr. auch oben pag. 14 — 15); bei Thomas ist
Tristan als pilger verkleidet und fallt dann mit Isolde nieder,
dagegen erscheint er im fragment als bettler; und es wird nur
erwähnt, dass er Yseult auf dem rücken hinübertrug, ohne mit
ihr niederzufallen, die probe des glühenden eisens, die Isolde bei
Thomas bestehen muss, fällt im fragmente völlig weg. ausserdem
hat die erzahlung von den verräterischen baronen sonst nirgends
eine analogie. als ein indirecter Vorläufer zur Thomasversion mag
sie jedoch insofern gelten, als in ihr der reinigungseid an die stelle
der strafe und Verurteilung getreten ist. das totale verschwinden
dieser version dürfte sich leicht aus dem übergewichte erklären,
das in der folgezeit das Thomasgedicht über die anderen gewann.
Es ist characteristisch für diejenigen sagen, deren pflege in
den händan der fahrenden spielleute liegt, dass sie sich in bestän-
digem und sehr veränderlichem flusse befinden, wesshalb reiche
Varianten sich entwickeln können, dementsprechend ist auch die
spielmannsversion der Tristansage in verschiedenen gestaltungen
auf uns gekommen, wir können ja bei den volksepen überhaupt,
z. b. beim Nibelungenliede erkennen, dass mehrfache versuche
gemacht worden zu sein scheinen, eine einheitliche bearbeitung
des gesammten stoffes zu wege zu bringen, wie im französischen
fragmente Berol der bearbeitung einen besonderen Stempel auf-
drückte, so haben auch die vorlagen Eilharts, Ulrichs, Heinrichs
und der französischen prosa, obwol aus demselben materiale con-
cipirt, dennoch auch vieles eigentümliche enthalten, bei Eilhart
erscheint die sage noch als ein conglomerat von aneinander gereihten
scenen und episoden, die ganz lose unter einander in Zusammenhang
stehen, namentlich im letzten teile tritt dies hervor, das, was
Lichtenstein pag. CXXVII - CXXXII als wiederholte motive
bezeichnet, häuft sich gegen den schluss in einer ganz unleidlichen
weise, die in bezug auf poetische kraft sich nur als retardirend
und abschwächend erweist. Tristan und Kehenis sind zu Tinas
geritten, um Isalde zu sehen, eine erste Zusammenkunft findet
statt, E. 6668 ff. hierauf naht sich Tristan abermals in der Ver-
kleidung eines misselsüchtigen mannes, wird aber wegen des falschen
verdachtes der feigheit von Isalde zurückgestossen, worauf er in
seine heimat zu seiner gattin Isalde Weissband zurückkehrt.
— «0 —
E. 6812 ff. Tristan und Eurvenal ziehen auf Isalde*s durch Piloise
iv^ermittelte botschaft hin als pilger verkleidet von Earahes nach
Tintajol, E. 7445 ff. die Veranstaltung dieser zweiten Zusammen-
kunft wird auch hier wie bei der ersten vermittelst einer jagd
bewerkstelligt, beim kampfspiel verrät sich Tristan durch einen
gewaltigen sprung. dann kehrt er wieder nach Earahes zurück.
E. 8135 ff. zieht er mit Eurvenal als knappe verkleidet abermals
aus und erlangt mit allerlei fahrlichkeiten ein wiedersehen, als
er von einer wunde genesen ist, da geht er als wahnsinniger zur
letzten Zusammenkunft, also vier mal verlässt er sein land und
wählt jedesmal r eine andere Verkleidung, es liegt auf der band,
dass hier ein äusserliches aneinanderreihen einer variirt erzählten
geschichte zu gründe liegt, „es gab wol vielmehr auch für die
verkleidungsscenen eine darstellung das muster ab, nach, welchem
die übrigen infolge der beliebtheit, deren sich das motiv zu erfreuen
hatte, erfunden wurden**, Lichtenstein pag. CXXX.
Alle die scenen behandeln ja das eine thema, dass der lieb-
haber durch Verkleidung zu seinem ziele gelangt (cfr. auch oben
pag. 17). die fülle und der reichtum ist für Eilharts vorläge
bezeichnend, da sie verhältnissmässig die roheste compilation reprä-
sentirt, in welcher der einheitsgedanke am wenigsten durchgeführt
erscheint, ein zweiter bearbeiter konnte sich mit einem solch
rohen gefüge nicht mehr zufrieden geben und in d^n späteren
bearbeitungen finden wir dem übelstand denn auch tunlichst ab-
geholfen, bereits bei Ulrich von Türheim geschehen alle die er-
zählten ereignisse während einem aufenthalte Tristans in Comwall.
eine diesen unterbrechende rückfahrt nach der Bretagne findet
nicht statt, die erste Zusammenkunft und die daran anschliessende,
bei welcher Tristan als misselsüchtiger auftritt, entsprechen so
ziemlich Eilhart, darauf hin gehen Tristan und Eurvenal in
knappenkleidung als kuriere zu Isolde und werden ganz unver-
mittelt sehr freundlich von ihr aufgenommen, beim abschied
macht Tristan einen gewaltigen Freudensprung.
Dieser bericht setzt sich offenbar aus der dritten und zweiten
Zusammenkunft Eilharts zusammen, dass Ulrich aber selber etwa
diese Vereinigung vornahm, daran ist nicht zu denken, weil sich
im einzelnen zuviel besondere züge vorfinden. Tristans narrheit
- 91 —
entspriclit wiederum der betreflfenden scene bei Eilhart, also der
vierten und letzten Zusammenkunft, bei Heinrich von Freiberg
haben wir, wenn wir die scene am Artushofe ihrer besonderen
Stellung wegen hier nicht berücksichtigen, nur ein zweimaliges
wiedersehen der liebenden, nemlich die Eilhart'sche erste und vierte
Zusammenkunft, der französische prosaroman kann hier nicht bei-
gezogfen werden, da er im betreffenden teile durch die Artus-
geschichten vollständig zerrissen erscheint, die erste und vierte
Zusammenkunft stand jedoch sicher in der vorläge, cfr. oben pag. 60
und 64 ff. was dazwischen fällt, lässt sich aber nicht mehr genau
eruiren. das gedieht des Thomas kennt nur eine Verkleidung, die
als aussätziger bettler, und das wiedersehen geschieht bei einem
einzigen aufenthalte Tristans in Cornwall. so berichtet die Tristram-
saga cap. XGIII und Sir Tristrem. allerdings reist Tristan dem
französischen texte zufolge (Michel II, pag. 34, 716 — 786) in die
Bretaigne zurück und Isolde trägt während seiner abwesenheit ein
härenes gewand. jedoch hat dies kaum dem gedichte des Thomas
angehört, sondern ist als eine Interpolation des uns erhaltenen
französischen textes zu betrachten, cfr. Kölbing, Tristramsaga
pag. CXXXVI und Röttiger, der Tristan des Thomas, Göt-
tingen 1883, pag. 10—11, welcher die in frage kommenden verse
auch als verdächtig bezeichnet, der sprung Valeys, den Tristan
bei den kamp&pielen tut, erinnert an das, was Eilhart bei der
zweiten Zusammenkunft berichtet. - das in der Tristramsaga
cap. XCIII erzählte tumier Tristans und Govemails hat allenfalls
ein analogon in dem, was Michel I, pag. 189, vers 3947 — 4036
berichtet wird, eine jedenfalls auch völlig auf dem boden der
Spielmannsdichtung erwachsene version ist die von Bechstein
Heinrich's von Freiberg Tristan pag. V— Vill mitgeteilte, bei der
ich allerdings nicht mit Sicherheit zu entscheiden wage, ob sie in
Frankreich oder erst in Deutschland entstand, die künstlerisch
vollendeteren bearbeitungeu begnügen sich mit wenigem, wo die
roheren durch blosses anhäufen zu wirken suchen, es ist ein
ganz unleugbarer fortschritt zu einer logisch ge-
gliederten und berechneten handlung zu consta*
tiren. das material, aus dem die verschiedenen dichtungen, hier
auch das gedieht des Thomas, schöpfen, ist dasselbe, und es ist
- 92 — • .
interessant zu beobachten, wie die aufgäbe der stofflichen anordnung
und behandlung durchaus nicht überall in derselben weise gelöst
wird, diese Vorgänge eröffnen auch einen einblick in die poetische
technik und Ökonomie der sagen, die einzelnen teile, episoden
und lais, aus denen das ganze besteht, liegen hier noch ziemlich
lose und^andererseits auch wieder enger verbunden yor uns. die
unfertigkeit und fluctuosität des stofPes tritt hier in ein helles 4icht.*
Nachdem Tristan Isolde wieder an Marke ausgeliefert hat, hält
er sich längere zeit an Artus' hofe auf. Walwan versucht eine
neue Zusammenkunft der liebenden zu vermitteln, was ihm auch
gelingt. Marke hat wolfsfalleu aufstellen lassen, an denen sich
Tristan verschneidet, als er sieb bei nacht zur königin schleicht,
um die entdeckung zu verhii^nimi verwunden sich alle übrigen
ritter auch, so erzählt £ilhart. di^es abenteuer der spielmanns-
Version begegnet auch sonst. Heinrich von Freiberg erzählt das
abenteuer fast ganz in derselben weise, die vorläge des fran-^
zösischen prosaromanes scheint ea eb^falls gekannt zu haben,
cfr. oben pag. 58. wichtig für unsere zwecke ist, dass
die scene keinen festen platz im bau der sage inne
hat, indem sie einmal.nach der Verurteilung und
dem waldleben auftritt u^d zweimal vorher, ihr
platz richtete sich nacli' dem zufälligen belieben
des bearbeiters. sie kann auch ohne schaden ganz weg
bleiben, das lied vcm Trist^'s narrheit mscr. Bern führt sie
nicht auf. das gedieht de^ Thomas behilfb sich auch sehr wol
ohne dieselbe. — die zw.eiailalige Verwundung Tristans nach seiner
Vermählung mit Isalde in Earahes E. 8618 und 9216 subsumirt
Lichtenstein pagi CXXVIII auch unter den wiederholten
motiven. sie ist ^en^au entsprechend in der französischen prosa
erzählt, cfr. oben, pag. 63 ff. es folgt daraus, dass, was Lichten-
stein von Eilhart isagt, auf die vorläge geht, und auf die spiel-
mannsversion überhaupt.
Waa an französischen fragmenten von der sogenannten Berol-
version vorhanden ist, erweist sich auch schon durch stil und
ausdruck als ganz der Sphäre der Jongleurs angehörig. Heinzel
pag. 291 — 297 erkennt in einem nach ihm noch strophisch ge-
gliederten liede (1780—1797) ein bild des höchsten, was die
— 93 -
franzosische Jongleurpoesie zu leisten vermochte, der punct der
strophischen gliederung mag unentschieden bleiben, das letztere
aber sei gerne zugegeben, es findet sich eine ^nzahl derber aus-
drücke, welche in einem höfischen gedichte jedenfalls sehr reducirt
worden wären z. b. 18 s'onques fors eil qui m'ot pucele, out
m^amistie encore nul jor. 55 sagt Yseult: s'or en savoit li rois
un mot, mon cors seret desmenbre tot; Tristan 104 ainz me lairoie
par le col pendre ä un arbre qu'en ma yie o vos preise druerie.
eine sehr unhöfische bitte stellt Tristan an Yseult 173 engagiez
est tot mon hemois; car le me faites delivrer, si m^en fuirai, n*i
05 ester.^ ein etwas vulgäres Sprichwort enthalten die verse 1044
certes, en äsez poi de borse en porront mettre la gaaing. sehr
unschön und roh ist die bestraf ung und Verurteilung der liebenden,
die zarte königin wird hart gebunden 1015 si Tavoit fait lier li
rois par le comandement as trois qu*il li out si les poinz estroiz,
li sane li ist par toz les doiz. die Verurteilung kann man übrigens
noch passiren lassen, aber abscheulich und widerlich ist die scene,
dass Yseult den siechen überantwortet wird, nach dem ausweis
durch Eilhart und Tristan als narr mscr. Bern 448 — 9 hat dieser
zug der spielmannsver^ion von anfang an zugehört, es ist be-
merkenswert, dass er in einer feinereiti bearbeitung jedoch, bei
Heinrich von Freiberg, fallen gelassen wird, hier ist nur die ver-
^ urteilung zum tode geblieben, und dadurch hat die scene viel von
dem sonst in peinlicher weise hervortretenden verletzenden character
verloren, recht drastisch wird die Situation geschildert 3903 Yseut
la belle chevaucha janbe de 9a, janbe de la. derb im ausdruck
4166 qu^entre mes cuises n^entra home fors le ladre — et li rois
Marc mes esposez. ebenso 4186 ff. (Tristan als narr mscr.
Douce 826). 1032 heisst es von Marke, er habe sich schwarz
geärgert: de mautalent en devint noir. hässlich ist der witz
Tristans, dass er durch seine geliebte die ihm anhaftende krankheit
habe, wie er Marke antwortet: 3735 dans rois, ses sires ert meseaus.
6 lie faisoie mes joiaus. eist maus me prist de la covine; mais
plus bele ne fu que une. qui est eile? la bele Yseut einsi se
vest come cele seut. mit cynisch-drastischer komik ist geschildert,
wie Tristan seine feinde in den sumpf lockt 3752 — 3816. derb
und unfein sind die reden, die Yseult mit dem verkleideten bettler
— 94 —
führt, ganz im tone des Yolksepos sind die yerse 2964 grant
joie i ont le jor menee. onques porte n4 fut veee. qui yout
entrer si pout mengier. auch 4015 eil chai mort, s'onques prestre
n^i vint a tens ne n'i pot estre. mit äusserlicher gelehrsamkeit,
indem er zweimal den Salomo citirt, prunkt^) der dichter 35
und 1425. das waldleben, das sich nachmals zu einer so farben-
prächtigen dichtung entfaltet hat, in der lenz und liebe vereint
sind, ist ziemlich trocken und dürr erzählt, das trankmotiy ist
rein äusserlich. die erzählung des nur tatsächlichen, wie solche
der Jongleurdichtung eignet, genügt eben hier nicht mehr, da-
gegen finden sich auch recht schöne züge, z. b. die episode yon
dem treuen hunde Husden.
Auch wenn wir nicht Eilhart und das Bernerlied zum directen
zeugen dafür hätten, so Hesse sich doch auch bereits aus dem
fragmente selber erkennen, dass es eine gesammtbearbeitung des
Stoffes voraussetzt, als deren bruchstück wir es anzusehen haben.
41 de la plaie que yos pristes en la batalle que feistes o mon
oncle, je yos gari. hier mag die bemerkung gestattet sein, dass
es kein glücklicher griff des Thomasgedichtes in bezug auf die
poetische Wirkung ist, dass Tristan nicht yon Isolde selber, sondern
yon ihrer mutter geheilt wird. 111 molt les vi ja taisant et muz
quant li Morhot fut ayenuz, oü n'en i out un d'eus tot soul qui
osast prendre ses adoul. molt yi mon oncle iluec pensis, mex
yolut estre mort que vis. por s'onor croistre m'enarmai, combati
m'en, si Fencha^ai. 812 quant le Morhout prist ja ci port, qui
9a yenoit por noz enfanz, nos barons fist si tos taisanz, que
onques n'ot un si hardi que s'en osast armer yers lui. — yos
enpreistes la batalle por nos trestoz de Cornoualle et oceistes le
Morhout; il yous navra d'un javelot. = Eilhart 869 mit eime
geluppeten spize. 2100 seignors, du yin de quoi il bnrent avez
Ol por qoi il furent en si grant paine lonc tens mis. mais ne
1) Michel I, pag. 94, 1906:
Chatoiifl commanda ä son filz
a eschiver les leus soutiz.
cfr. hierzu auch M. II, pag. 172.
— 95 —
sayez, ce m^est avis, a combien fiit determiDez li lovendris, li vin
herbez.
Es erübrigt noch einige blicke auf diejenigen deutschen
bearbeitangen zu werfen, welche zur spielmannsyersion dem stoffe
nach gehören, also auf die beiden fortsetzer Gottfried's von Strass-
burg, Ulrich von Türheim und Heinrich von Frei-
berg, es ist ein beweis dafür, wie wenig kritisch jene zeit einen
Stoff zu betrachten verstand, wenn es möglich war, dass zwei
fortsetzer diese ihre fortsetzung nach einer von der Gottfriedischen
ganz verschiedenen quelle anfertigten, und sich nicht im geringsten
bemühten, die dadurch notwendig entstehenden incongruenzen aus-
zugleichen, mit ausnähme eines ganz verschwindenden und unbe-
deutenden zuges, der sich bei beiden dichtem findet, nemlich dass
Isoldes hund nicht Husdan, wie die vorläge zweifellos bot, genannt
wird, sondern Petitcriu, da ja dieser bei Gottfried eine grössere
rolle spielt (Ulrich pag. 524, 14 und Heinrich 4116, 4457 etc.)
und noch bei Heinrich zweier ganz äusserlicher stellen 3965—81,
1887 — 1907, die man aber nicht als einen versuch in der von
uns gemeinten richtung bezeichnen kann, findet sich, soviel ich
sehe, nirgends das bestreben, eine organische Verbindung zwischen
dem von Gottfried vorgetragenen stoffe und den fortsetzungen
herzustellen, so tritt z. b. der bei Gottfried gar nicht vorkommende
Tinas, der demnach hier als eine ganz neue und unbekannte per-
sönlichkeit erscheint, bei Ulrich pag. 520, 33 sowol als auch bei
Heinrich 3111 etc. ohne weiteres auf, obwol wir hier von einem
mit bewusster freiheit über seinem stoffe stehenden dichter eine
kurze auseinandersetzung seines Verhältnisses und seiner freund-
schaftlichen beziehungen zu dem. liebespaare verlangen könnten,
von den nachfolgern eines dichters darf man annehmen, dass sie
seiner methode und schule sich anschliessen. Gottfried aber ist
wie Hartmanu, was sich ja nunmehr, da in der Tristramsaga seine
quelle vorliegt, ziemlich sicher behaupten lässt, der Vertreter der
strengen übersetzerschule, im gegensatz zu Wolfram, den er als
finder wilder mähre tadelt, was doch auf die quellenbenützung
und behändlung des Stoffes zu beziehen ist. die fortsetzer haben
zweifelsohne ihre deutschen Vorgänger gekannt, jedoch genügt
schon ein flüchtiger blick auf die blosse inhaltsangabe, wie sie
— 96 —
sich bei Bechstein, Gottfr. v. Strassb. pag. 300 ff. findet, um
die Überzeugung zu gewinnen, dass wir an eine blosse Umarbeitung
des bei Eilhart erzählten nicht denken dürfen, nach abzug ihrer
individuellen eigenschaften bleibt uns ein bild yon ihrer vorläge,
beide haben eine französische vorläge übersetzt; diese vorlagen
haben darum natürlich sehr viele berührungspuncte mit Eilhart,
da sie auf demselben materiale beruhen. Ulrich ist ein sehr
trockener und schlichter erzahler. seine fortsetzung macht Gott-
fried gegenüber aus zwei gründen einen sehr schwachen eindruck.
die quelle ist ja so einfach, wie die Eilharts, und der poetische
Schwung des Thomasgedichtes mangelt ihr ganz und gar. wenn
nun Gottfried durch seine geniale Veranlagung die schöne quelle
n(ieh um eine stufe höher gehoben hat, Ulrich aber durch seine
trockenbeit der vorläge eher noch geschadet, so begreift es sich,
dass auf diese weise ein sehr fühlbarer abstand resultiren muss.
die darstellung ist psychologisch sehr wenig tief, es wird der
erzählung jegliche Spannung genommen, wenn Isolde Weisshand
gleich von anfang an pag. 504, 21—23; 506, 23—24; 508, 37—39
von der blonden Isolde weiss, derartiges kommt bei Heinrich
nicht vor. ein bemerkenswerter zug der Übereinstimmung zwischen
Ulrich und Eilhart ist Brangänens tod E. 7560—78, U. pag. 581,
17 ff. ein ganz eigentümlicher zug ist die erzählung von dem
gefleckten reh, das Tristan botschaft; von Isolde bringt, einen brief
und ein ringlein, U. pag. 511, 14 bis 513, 12. es wäre schwer
zu begreifen, wie Ulrich auf einen solchen einfall hätte kommen
sollen, das motiv an und für sich, wenn auch meistens in etwas
veränderter gestalt, ist aber in der französischen und bretonischen
sage sehr häufig, cfr. belege bei Reinhold Köhler in Suchier,
bibliotheca normannica III (Marie de France ed. Wamcke)
pag. LIX, anm. 1 und pag. LXXXII. Heinrich von Freiberg in
seinem verhältniss zu Eilhart und Ulrich behandelt F. Wiegandt
in einer dissertation (Rostock 1879), die aber nicht viel mehr als
eine inhaltsangabe bietet, wenngleich er am ende pag. 41 den
richtigen, aber durch keinerlei beweise gestützten satz ausspricht,
dass Heinrich neben seinen zwei deutschen Vorgängern auch noch
eine französische quelle benützt habe. Heinrich ist eine sehr
bedeutende dichterische kraft, die sich durch bilderreiche und
- Ö7 -^
gedankentiefe spräche bekundet, von geradezu packender wirkuüg
fidnd die verse 785 — 807.^) einem derartigen dichter könnte man
sich eher yersucht fühlen, eine grössere freiheit der quelle gegen-
über einzuräumen, gewiss ist die psychologische Vertiefung und
das hervortreten eines mehr lyrischen dementes sein werk, man
möchte leicht auch das oben pag. 93 erwähnte wegfallen eines
widerlichen zuges seinem yerfeinerten geschmacke zuschreiben,
dieselbe yersion, die wir sonst nur in den schlichten dai^tellungen
Torfinden, ist hier in eine höhere Sphäre gerückt, und sicher zum
grossen teile durch den deutschen dichter selbst, trotzdem steht
auch er unter dem drucke seiner vorläge, indem bei allem poetischen
Schwünge doch mit dem äusserlichen tränke operirt wird 216 ff.
3005 ff. man muss aber auch bedenken, dass Gottfried bei aller
genialität, an der er doch noch über Heinrich steht, von seiner
quelle nicht abweicht und darf also nicht auf solche gründe hin
allzu voreilig schliessen. und es ist uns ja gelungen, gerade für
einige züge der version Heinrichs wahrscheinlich zu machen, dass
diese abweichungen aus der französischen sage zu erklären sind,
cfr. oben pag. 82~-83. also auch dieser versiön hegt eine
besondere französische zu gründe, welche den andern gegenüber
vieles eigentümliche bot, vielleicht auch war bei ihr, da sie ja
einer späteren zeit angehörte, dasjenige schon teilweise vorbereitet,
was Heinrich dann zur Vollendung führte, bezüglich des Ver-
hältnisses zu dem bei Eilhart überlieferten stoffe ist zu bemerken,
dass diesem gegenüber H. 1514 — 5 eine sehr grosse lücke enthält.
Eilhart 6812 — 8646 fehlt gänzlich. Tristan wird ohne nähere
veranlassung in Litan krank (H. 5025 ff.), während bei E. und
in der französischen prosa eine Verwundung daran schuld ist. — als
Vertreter der jspielmannsversion kommt noch in betracht der iechische
oder böhmische Tristram. cfr. darüber J. Knieschek, der iechische
Tristram und Eilhart von Oberg, Wien 1882; id. der tschechische
Tristrani und seine deutschen vorlagen, in den mitteilungen
des Vereins für geschichte der Deutschen in Böhmen 22, 226
^) einige geschmacklose bilder wie 4913 „zuhant gelac er als ein stoc
oder als ein erstochen boc" und 6451 „der triuwen muome, der kiusche base"
sind auf rechnung eines bereits zum verfalle sich neigenden dichterischen
geftlhles zu setzen.
Oolther, Tristan. 7
- 98 --
bis 249; id. ztscfa. f. deutsches altertum XVI, pag. 261—368.
ein Sechischer bearbeifcer hat Eilhart 47 — 2833 übersetzt und zwar
nachdem originale, wesshalb der von Lichtenstein construirte
text X. dadurch mehrfache berichtigung enthält, ein fortsetzer
hat in etwas freier weise Gottfried und Heinrich benützt, dieses
werk kann uns also für die kenntniss der altfranzösischen spiel-
mannsversion keinerlei aufschlüsse . geben , da es aus zur genüge
bekanntem deutschem materiale compilirt ist. — ob die italienischen
und spanischen prosaromane (cfr. Michel I, pag. XVI — XVII)
irgend welche eigentümliche züge enthalten oder was das wahr-
scheinliche ist, blosse Übersetzungen der französischen prosa reprä-
sentiren, kann ich nicht entscheiden, die lösung dieser frage hängt
mit einer genaueren Untersuchung über den französischen roman
selbst zusammen.
Neben den zwei hauptströmungen der Tristansage, der bisher
ins äuge gefassten spielmannsyersion und dem gedichte des Thomas,
scheinen in Frankreich selber noch mehrere keime und ausätze^)
vorhanden gewesen zu sein, die sich aber, yielleicht nur zufällig,
nicht entwickelt haben, vielleicht auch verloren giengen und nur
noch in schwachen spuren uns bekannt sind, hierher zu rechnen
ist der von uns ausgeschiedene zweite teil der sog. Berolfragmente.
im französischen prosaromane werden die abenteuer an Markes
hofe in einer sonst unerhörten form berichtet, cfr. oben pag. 58 — 59.
möglicherweise wurzelt auch dieses bereits in der alten Spielmanns-
dichtung und ist nicht blosse erfindung des romanschreibers. es
bestehen dann einzelne kleinere teile, welche sich nirgends unter-
bringen lassen und denen darum Selbständigkeit zugestanden werden
muss. vielleicht sind es Überreste und fragmente von grosseren
bearbeitungen, oder aber nur ansätze zu solchen, einzelne lais,
welche durch der grossen mannigfaltigkeit der sage begründet sind.
Michel II, pag. 149 — 157 teilt ein hierher gehöriges abenteuer
aus dem Donnez des Amanz mit. Tristan von der Bretaigne
zurückgekehrt ahmt im garten vogelstimmen nach, um dadurch
Isolde ein zeichen zu geben, durch ein rasche, kühn entschlossene
1) cfr. L. Sudre, les alluaions a la legende de Tristan, Born. XV,
pag. 549—557.
- 99 -
tat folgt Isolde dem rufe, diese episode könnte man allenfalls als
eine fünfte Zusammenkunft neben den bei Eilhart berichteten vieren
(cfr. oben pag. 89 ff.) auffassen, am Schlüsse wird auch offenbar
auf die narrenyerkleidung angespielt: 165 rere se fit dreit cume
fol barbe, gemuns, chef e col, e bricun se feseit clamer, ewe de
bro sur sei geter. in französischer,^) italienischer, spanischer und
englischer Überlieferung erscheint eine besondere version von Tristans
tode, welche neben der gewöhnlichen in umlauf war. sie liegt
der bekannten spanischen romanze zu gründe (Michel I, pag. XYII
ferido esta don Tristan de una muy mala lanzada, dierasela el rey
SU tio que zeloso del estaba). sie wird ferner erzählt im englischen
romane Malory's morte d'Arthur (besser le grand Artus); die stelle
abgedruckt bei Michel II, pag. 204. im französischen romane Melia-
dus de Leonnoys sah Meliadus, der vater Tristans im träume den
könig Marke ^qui feroit destoc en boutant son neuen, si que luy
mettoit lespee iusques a la croix parmy le eorps, Michel II, pag. 205.
cfr. auch Hagen, minnesinger IV, pag. 554, 576 f., 578. der
könig hat Tristan verräterischer weise verwundet, der sterbende
drückt die königin fest an sich und so bricht beiden das herz.
Marke erscheint hier ganz in der unedlen und hinterlistigen weise,
wie im romane (cfr. oben pag. 46). auch hieraus erhellt, wie
der stoff bei den spielleuten ausnehmend beliebt war und auf die
mannigfaltigste weise bearbeitet wurtfe.
Das resultat unserer Untersuchung lässt sich in folgende worte
zusammenfassen: im XII. Jahrhundert hat sich in Frank-
reich eine sehr ausgedehnte und umfangreiche version
der Tristansage gebildet, es wurde mehrfach der ver-
such gemacht, eine gesammtbearbeitung des Stoffes zu
liefern, als solche einzelnen versuche, denen allen ein
und dasselbe material zu gründe liegt, haben die uns
überkommenen bearbeitungen des Berol, des französi-
schen prosaromanes, Eilharts, Ulrich's von Türheim
^) die handschriften des französischen prosaromanes haben alle diese
Version des Schlusses mit ausnähme des mscr. 103 der bibl. nat., aus dem
XV. Jahrhundert stammend, welches auch die grundlage für Ae drucke
bildet und darum fast einzig bekannt ist.
7*
— 100 —
und Heinrich's von Freiberg zu gelten, die versuche
sind, was die composition des stoffes anlangt, iii un-
gleicher weise als mehr oder weniger gelungen zu be-
zeichnen, was uns erhalten ist, ist nicht erschöpfend: die zahl
solcher versuche kann aus dem vorhandenen materiale nicht be-
stimmt werden, alle auf dieser version beruhenden dich-
tungen zeigen entschiedene Verwandtschaft, es finden
kreuzungen nach allen richtungen hin statt, wenn z. b. Heinzel
pag. 377 und Lichtenstein pag. CXLV ff. ähnlichkeiten zwischen
dem Thomasgedichte und Eilhart notiren, so erklärt sich dies am
einfachsten daraus, dass in Eilharts vorläge motive aus der spiel-
mannsversion benützt wurden, welche auch in das Thomasgedicht
übergiengen. in einzelnen wenigen fallen (cfr. oben pag. 91)
liegt Interpolation vor. wir haben also nicht bruch-
stücke und teile eines grösseren gedichtes vor uns.
ein formell ganz fertiges und abgeschlossenes ge-
dieht hat die spielmannsversion nicht gezeitigt,
eine künstlerische, bleibende form ist ihr, soweit aus dem materiale
ersichtlich, nicht geworden, nirgends finden wir scharf hervor-
tretende besonderheiten und individualitäten. man darf dem-
nach nicht von einer version des Berol reden, und
die Version nicht an einen bestimmten dichter-
namen anknüpfen, am besten mag der name spiel-
mannsversion passen, denn sie ruht in den bänden
mehrerer dichter, ein kunstepos wird seinem ausgeprägten
individuellen character gemäss in viel höherem grade sich conser-
viren. beim volksepos schaltet der Jongleur mit dem stoffe freier
und zahlreiche Varianten einerseits, die sich paraUel entwickeln,
und immerwährende neubearbeitungen, remaniements andererseits
sind hier häufig, aus dem reichtum der Überlieferung lässt sich
entnehmen, dass beim französischen Jongleur die entwicklung und
ausbildung der sage zu suchen ist. wenn im keltischen die epische
ausbildung bereits bis zu einem gewissen grade gediehen wäre, so
müsste der kern fester und deutlicher gewahrt und für uns noch
erkenntlich sein.
— 101
DRITTES CAPITEL.
Die höfische Version, das Thomasgedicht.
Wir hatten im yorhergehenden zu wiederholten malen bei der
betrachtung des bretonischen Sagenkreises auf die analogie des
national^französischen hinzuweisen, der sich ebenfalls unter der
pflege der Jongleurs entwickelt hat. aus der betrachtung der
Jongleurs selbst und ihres Schaffens und treibens erklärt sich auch
die mannigfaltigkeit, in welcher die stoffe erscheinen, in der form
der gedichte aber ist eine bedeutende differenz yorhanden, indem
die gedichte des bretonischen Sagenkreises, unsere Berolfragmente
nicht die assonirenden oder reimenden tiraden yon zehn- oder
zwölfsilbigen yersen einhalten, sondern achtsilbige reimzeilen mit
doppelreim ; yielleicht war ursprünglich auch strophische gliederung
yorhanden. diese form und der inhalt blieben nicht, wie dies bei
den nationalen epen der fall ist, im dauernden besitze der alten
eigentümer, sondern sie wurden yon den höfischen dichtern annec-
tirt, was nicht ganz ohne kämpf abgieng. das resultat dieser
eroberung ist, dass, während uns die Karolingischen epen noch
ziemlich in der alten gestalt überliefert sind, welche auch im
spätesten remaniement nicht yerdrängt wurde, die epischen
dichtungen des bretonischen Sagenkreises durch
die erzeugnisse einer feineren, höfischen kunst-
richtung abgelöst wurden, welche die älteren Spiel-
mannsdichtungen sehr in den schatten stellten,
durch eine genauere betrachtung der französischen prosaromane,
die allerdings nicht überall so wie bei der Tristansage mit hilfe
anderweitig erhaltenen und fest bestimmbaren materiales angestellt
werden kann, liessen sich yielleicht auch anderwärts ältere yor-
stufen höfischer gedichte erschliessen.
Für die auch sonst yorhandene mannigfaltigkeit der tradition
zeugen yerse wie conte del Graal 28376 — 91, die inyectiyen ent-
halten gegen die menestrels, die yon hof zu hof ziehend die
- 102 —
geschichten in verkehrter weise mit lügen untermischt vortragen,
was die Jongleur einander gegenseitig aus brotneid vorwerfen
(Berol), das macht dann die höfische troubadourclasse ^) insgesammt
den Spielleuten zum Vorwurf, nemlich falschung und Verdrehung
des wahren Sachverhaltes, cfr. Freymond, Jongleurs et menestrels,
Halle 1883.
Neben der spielmannsversion liegt das gedieht des trouvere
Thomas vor. während Heinz el auch noch in neuerer zeit (anz.
f. d. a. VIII, pag. 212 ff.) an seiner alten ansieht festhält, dass
Thomas nicht die ganze Tristansage, sondern nur einen teil der-
selben behandelt habe, so ist doch durch die eingehenden Unter-
suchungen Kölbings (die nordische und die englische Version der
Tristansage I und II, pag. XVIII— XXVI), welchen sich noch
Vetter (la legende de Tristran d'apres le poeme fran^ais de Thomas
et les versions principales qui s'y rattachent, Marburg 1882) und
Röttiger (der Tristan des Thomas, ein beitrag zur kritik und
spräche desselben, Göttingen 1883) zugesellen, der beweis erbracht,
das Thomas in seinem gedichte die gesammte sage behandelt hat.
unter Verweisung auf die angeführten arbeiten gehe ich auf diese
frage nicht näher ein. ich betrachte sie als endgültig erledigt,
zum gedichte des Thomas gehören neben den französischen frag-
menten (ed. von Michel, bd. II und III, ferner Villemarque,
ein Cambridger fragment*) im arch. des miss. scientifiques tom. V,
^) in dem bereits der höfischen Sphäre angehörigen liede von Tristans
narrheit (mscr. Douce) wird vom spielmann, vom Jongleur mit wenig achtung
gesprochen, obwol die ganze sage und zumal dieses lied sich ganz ihm
verdankt, indem Yseut sagt: «certes eist fol, eist jugleres il est divins u
enchanteres* M. II, pag. 116, vers 561 — 2.
2) es entsprechen bei Gottfried die verse 18216 ff.; in der saga
cap. LXVII. die saga stimmt insofern noch genauer zum fragmente, als
der zwerg hier den könig führt, ein zug, der bei Gottfried fehlt, da sich
die saga hier mit dem fragmente deckt und später mit Thomas und zwar
bis zu wörtlicher Übereinstimmung, so erweist sich schon dadurch allein
das fragment als zum selben gedichte gehörig, und kann Thomas nicht wie
Heinzel will, erst dort sein gedieht begonnen haben, wo die französischen
fragmente anfangen, jedoch gehört das fragment nicht zur selben redaction
wie die bei Michel abgedruckten texte : dort wird die königin wie bei Gott'
fried Ysolt genannt, hier heisst sie Yseut, wie in den Berolfragmenten.
— 103 —
pag. 97 f., das den abschied Tristans und Isoldes schildert und
zu Gottfried stimmt) die Tristramsa^a ok Isondar, das englische
gedieht Sir Tristrem, Gottfried und ein niederdeutsches fragment
(herausgegeben* von Lambel, Germania XXVI, pag. 356 ff. und
Titz, z. f. d. a. XXV, pag. 248 ff.), ^der kleine fund gewinnt
dadurch ein erhöhtes interesse, weil er uns zum ersten male künde
gibt Yon der existenz eines deutschen gedichtes, das den bei Gott-
fried von Strassburg fehlenden schluss der Tristansage im wesent-
lichen nach derselben tradition behandelte, der die quelle Gottfrieds,
der nordischen saga und des englischen gedichtes folgte, während
bekanntlich die fortsetzer Gottfrieds trotz gegenteiliger Versicherung
sich an die tradition Eilharts hielten*', Lambel a. a. o. pag. 361.
es handelt sich nur darum, dass man bei den ausländischen bear-
beitungen dasjenige in abzug zu bringen versteht, w&s von dem
betreffenden bearbeiter selbständiges hinzugebracht wurde, um da-
durch auf das französische gedieht zu kommen, wir haben
uns hier mit der frage zu beschäftigen, welche
Stellung das gedieht des Thomas in bezug auf
etwa vorhandene quellen und auf die besprochene
Spielmannsversion einnimmt, eine längere stelle des
gedichtes, welche wir hier folgen lassen, gibt uns die nötigen
anhaltspuncte.
Michel II, pag. 40 ff. Thomas 835—884:
Seignurs, cest cunte est mult divers;
e pur 90 s'uni en mes vers
e di en tant cum est mester
e le surplus voil relesser,
ne vol pas trop en uni dire:
ici diverse la matyre.
entre ceus qui solent cunter
e de le cunte Tristan parier,
il en cuntent diversement.
Ol en ai de plusur gent,
asez sai que chescun en dit
e 90 que il unt mis en escrit;
mes sulum 90 que j'ai oy,
- 104 —
n'el dient pas sulum Breri,
ky solt les gestes e les cuntes
de tuz les reis, de tuz les cuntes
ki orent este en Bretaigne.
ensarquetut de cest ovraingne,
plusurs de noz granter ne Yolent
90 que del naim dire ci solent
ke femme Eaherdin dut amer.
li naim redut Tristan navrer
e entuscber par grant engin.
quant ot afole Eaherdin
par cest plaie e par cest mal,
enveiad Tristan Guyemal
en Engleterre pur Ysolt.
Thomas {90 granter ne volt
e si volt par raisun mustrer
que i9o ne put pas esteer.
eist fust par tut la part coneuz
e par tut le regne siuz
que del amur ert parviners
e envers Ysolt messagers.
li reis Ten haeit mult forment,
guaiter le feseit a sa gent;
e coment pust-il dune venir
sun servise ä la curt oflPrir
al rei, al baruns, al serjanz
cum fust estrange marcheanz
que hume issi coneuz
n'i fud mult tost aperceuz?
ne sai coment il se gardast,
ne coment Ysolt amenast.
il sunt del cunte forsveise
e de la verur esluingne,
e se 90 ne volent granter
ne voil-jo vers eus estriver;
tengent le lur e jo le men:
la raisun s*i provera ben.
— 105 —
Michel III, pag. 81, vers 682—701:
Tumas fine ci sun escrit;
ä tuz amanz saluz i dit,
as pensis e as amerus,
as emvius, as desirus,
as enveisiez, as purvers;
ä tuz ces ki orunt ces vers
i dit nal ä tuz lor voleir.
le milz ai dit ä mun poeir
la verur,
si cum jo pramis al primur;
e diz e vers i ai retrait.
pur essample issi ai fait,
pur Testone embelir,
que as amanz deive plaisir, *)
e que par iieus poissent trover
choses ü se puissent recorder:
aveir em poissent grant confort
encuntre change, encontre tort,
encuntre paine, encuntre dolur,
encuntre tuiz engins d'amur!
•
Kaum hat sich ein mittelalterlicher dichter sonst irgendwo so
genau und detaillirt über sein verfahren ausgesprochen als hier
Thomas, es geht aus diesen versen hervor, dass
Thomas einer ausgedehnten und vielseitigen Über-
lieferung gegenüber stand, nemlich der reich ent-
wickelten spielmannsversion« es gab eine mündliche und
^) Gottfried scheint in der einleitung auch gedanken aus dem Schlüsse
des Thomasgedichtes aufgenommen zu haben, der rat, den er 97 ff. und
auch sonst noch weiter ausgeführt gibt:
«ein senelichez msere
daz trlbe ein senedsere
mit herzen und mit munde
und senfte s6 die stunde**,
stimmt im wesentlichen ziemlich zu dem, was die Schlussworte bei Thomas
besagen.
- 106 -
eine schriftliche Überlieferung, welche er gekannt und studirt hat.
in der spielniannsversion fanden wir, dass Berol einmal ganz
gelegentlich gegen einen schiefen zug polemisirte; Thomas aber
erklärt sich gleich gegen eine ganze scene, verwirft sie als un-
richtig und ergeht sich in kritischen Vermutungen über deren
möglichkeit oder Unmöglichkeit. Thomas steht als schaffender
dichter mit bewusster freiheit über seinem stoife, den er einer
verschiedenartigen prüfung und beurteilung unterzieht, die indi-
viduelle, subjective absieht des dichters kommt in seinen Worten
zum ausdruck. „eine gewisse freiheit in behandlung des poetischen
Stoffes ist Thomas jedenfalls zuzuerkennen, darauf weist auch die
bemerkung des nach Wortes, in welchem Thomas sich als zweck
seiner bearbeitung Verschönerung der sage aufstellt pour l'estorie
embelir. wo er nicht eingriff, wird er das wahre und beste aus
der Überlieferung gesucht haben, alle* diese zeichen einer selbst-
ständigen arbeit würden die herübemahme einzelner episoden aus
einer bereits vorhandenen poetischen form nicht unmöglich machen",
Heinzel, z. f. d. a. XIV, pag. 363. für die selbständige tätig-
keit des Thomas haben wir in erster linie das aesthetische
princip festzuhalten, aber im stofflichen War er durch quellen
beschränkt und wir werden seiner eigenen composition
sehr wenig zuschreiben dürfen, wol stand Thomas die wähl
zwischen mehreren bearbeitungen frei, aber die einmal gewählte
quelle bleibt dann auch maassgebend. das material war ein bestimmt
gegebenes: sein Vorgänger war Breri. diesen Breri citirt Thomas
als eine seinem publicum wol bekannte autorität gegen die übrigen
Tristandichter, ein buch hat ihm vielleicht nicht vorgelegen,
wenigstens sagt er nicht, dass Breri ein solches geschrieben, sondern
nur dass er die geschichten am besten gewusst habe. Gaston
Paris (Rom. VIII, pag. 425 — 428) hat die Vermutung ausge-
sprochen, dass dieser Breri identisch sei mit einem bei Girant de
Barri (descriptio Kambriae cap. XVII) genannten barden Bled-
hericus. die cymrischen barden waren ja auch die bewahrer von
authentischen genealogien. Breri ist nur eine leichte änderung
der im französischen Bleri vorauszusetzenden form, die data rein
an sieh betrachtet, scheint also Paris^ ansieht ganz probabel* aber
es erregt bedenken, einen cymrischen barden als autorität für
— 107 -
dasjenige aufzufassen, wodurch sich Thomas von den andern
dichtungen unterscheidet, nach den oben vorgetragenen ansichten
kann ich mich mit eineir solchen auffassung nicht einverstanden
erklären, ihr zufolge mussten die barden im besitze einer sehr
ausführlichen Tristanversion gewesen sein, mit der man die bereits
in Umlauf gesetzte corrigirte. wenn sich schon gegen die annähme
einer umfangreicheren epischen dichtung auf keltischem boden
bedenken erheben müssen, so ist doch ein solcher fall noch um
vieles zweifelhafter, man könnte bei jeder vom gewöhnlichen
abgehenden form eines französischen Tristangedichtes dies aus
keltischen quellen geschöpft ansehen, der ganze reichtum der
französischen sagenentwicklung fallt auf diese weise ins keltische
gebiet und das halte ich für schlechterdings unmöglich, wir
müssen für Thomas eine quellenmässige behandlung der
Tristansage voraussetzen, und zwar natürlich in französischer
Sprache, welche in vielen stücken sich von der spielmannsversion
unterschied, obwol auch sie ursprünglich auf demselben boden*
erwachsen war, nemlich eine Jongleurbearbeitung repräsentirte.
Breri hat ihr gegenüber vielleicht eine ähnliche, nur noch schärfer
markirte Stellung eiugenommen, als Berol in der spielmanntversion.
das „en uni dire*^ bedeutet, wie G. Paris a. a. o. pag. 427
erklärt, inmitten widersprechender Varianten eine
logische und zusammenhängende erzählung. sie ist
nach des Thomas ansieht in dieser beziehung vol-
lendetler als die vorher besprochenen, seinem inhalte
nach ist das gedieht ein besonderer zweig, welcher selbständig
neben den andern hergeht, es ist also nicht etwa aus der
andern hervorgegangen, wenn auch allerdings in den
letzten ausgangspuncten identisch, so sind die beiden zweige im
einzelnen unter einander doch ziemlich unabhängig, irgendwelche
principielle unterschiede zwischen der spielmannsversion und dem
Thomasgedichte in bezug auf inhalt sind nicht vorhanden. Bossert,
Tristan et Iseult pag. 174 — 5 verzeichnet die abweichenden züge
der beiden Versionen. F. Compart, die sagenüberlieferung in den
Tristanepen Eilharts von Oberg und Gottfrieds von Strassburg
gibt nur eine inhaltsangabe und sei hier bloss der Vollständigkeit
halber erwähnt, die diiferenzen sind nur ganz äusserlicher natur;
— 108 —
personen der einen Version fehlen in der andern, so Tinas und
Rual, Tristran li naim bei Thomas und Nampotenia^) der spiel*
mannsversion. Nampotenis ist übrigens auch ein zwerg (cfr. 854
90 que del naim dire ci solent ke femme Kaherdin dut amer
Michel II, pag. 40). es alterniren ganze scenen, wie Verurteilung
and eidschwur, diese züge sind gleichberechtigt, es ist schwer
zu bestimmen, welches etwa der ältere davon ist. aber aus ein-
ander geflossen können sie auch unter keinen umstanden sein, in
bezug auf das wunderbare und märchenhafte scheint die Thomas-
Breriversion teilweise auf nüchternerem boden zu stehen (cfr. auch
Bossert a. a. o. pag. 131 — 134 le merveilleux des poemes de
Tristan), es mangeli ihr der zug von der schwalbe und dem
goldhaar, manchmal sind die redactionen auch nicht ganz über-
einstimmend in dieser beziehung. so hat einmal Gottfrieds vorläge,
wol als die jüngere,- einen altertümlichen zug getilgt, den die
vorlagen der Tristramsaga und des Sir Tristrem noch besassen,
cfr. Eölbing, Tristramsaga pag. LVI. die künste des zwerges
betrachtet 6ottfi-ied 14248 mit skepsis gegenüber, Michel I,
pag. 18, vers 285—295, Eilhart 3399—3402, 3624. die scene
mit dem feeuhündlein Petitcrew ist aber erst von dieser version
eingeführt worden; wir haben hier ein schlagendes beispiel dafür,
wie äusserlich und lose die scenen teilweise dem gesammtcomplex
gegenüber sich stellen. Petitcrew wurde erst spät in das bereits
fertige gedieht eingeführt, was daraus hervorgeht, dass das hündlein
mehrfach mit dem hunde Husden, der in der spielmannsversion
eine so schöne rolle spielt und der auch in unserer version von
anfang an vorhanden war, in coUision gerät, was sogar, dem sonst
hierin wenig feinfühligen Gottfried auffallt, 'wesshalb er einmal
ausdrücklich bemerkt 16663 Hiudanen, nicht Petitoren; im eng-
lischen gedieht werden beide hunde mehrfach neben einander auf-
geführt 2467 — 8, 2841. gerade in dieser episode aber finden sich
Züge aus keltischer sage, das rein accidentelle des keltischen
dementes in der Tristansage tritt dadurch deutlich zu. tage. —
^) die Nampotenissage ist yielleicht ursprünglich eine zwergensage,
wo erzählt wurde, dass ein weib in der macht eines zwerges steht, der sie
mit gewalt entführt hat, und nun wiederum von ihrem geliebten befreit
wird. cfr. aber oben pag. 26 anm.
— 109 —
.man könnte auf den gedanken geraten, die scene mit Isoldes eid-
sehwar sei an stelle der Verurteilung getreten, da ja letztere
namentlicb wegen Isoldes auslieterung an die siechen sehr hässlich
ist. aber dem stehen andere erwägungen gegenüber, nemlich dass
die eidscene, die ja auch in einer ursprünglicheren spielmanns-
form überHefert ist (cfr. oben pag. 88), ebenfalls sehr roh
und cynisch behandelt werden kann, andererseits lässt sich die
gerichtsscene, wie bei Heinrich von Freiberg in einer weise be-
handeln, dass das verletzende fast völlig getilgt wird, bei Rual
könnte man denken, er sei darum eingeführt worden, um dem
beiden einen in allen ritterlichen künsten und gesellschaftlichen
formen wol bewanderten erzieher zu geben, wäre dies der leitende
gesichispunct gewesen, dann hätte man darum keine neue person
zu erfinden gebraucht, sondern es lag nahe, alles das auf Gouver-
nail zu übertragen, nach stoff und inhalt also sind die Versionen
einander parallel und gleichberechtigt.
Anders gestalten sich die Verhältnisse, wenn wir speciell
das gedieht des Thomas betrachten, hier treten wir
in eine neue Sphäre ein, und das meiste, was zu
loben kommt, ist wol des Thomas eigenes ver-
dienst, und die quelle wird ihm hiefür keine vorarbeiten geboten
haben, während in der spielmannsversion der stil ziemlich ruhig
und conform hinfliesst, ohne dass individuelle merkmale zu tage
treten, so macht sich bei Thomas sofort eine ganz eigenartige
ausdrucksweise bemerkbar, welche darin besteht, dass die gedanken
nicht nur einmal ausgesprochen werden, sondern mehrfach variirt
wiederholt werden, einmal geht es bis zu fünffacher repetition
1257: ore i perge s'unques m^ama. quanque m'ad fait poi me
valdra, s'al busuingn ne moi volt aler, cuntre tel dolur conseiler.
que me valdra la sue amur se ore me defalt en ma dolur? ne
sai que Tamiste me valt s'ä mun grant besuing ore falt. poi m'ad
valu tut sun confort s'ele ne m'ale (Heinzel conj. ait = adjuvat)
cuntre mort. ne sai que Tamur ait valu se aider ne moi volt ä
salu. über Thomas' stil cfr. Heinzel, mehrfach in seiner abhandlung
z. f. d. a. XIV, und Preuss, Strassburger Studien I, pag. 1 — 75;
obwol letztere arbeit sich nur auf Gottfried's stil bezieht, so fallen
dabei doch mehrere Seitenblicke auf Thomas z. b. pag. 16, 32, 75.
— 110 —
■
solche Wiederholungen sind ungemein häufig, Heinzel pag. 370«
es prägt sich hierin der individuelle dichter aus, welcher vor allem
gedanken in einer reicheren form zu entwickeln versucht und sich
nicht mehr mit der kurzen, einfachen, objectiven schilderungsweise
begnügt, die den gedichten der Jongleurs eigentümlich ist. in den
ziemlich ausgedehnten liebesklagen und reflexionen tritt ein lyrisches
element stark in den Vordergrund, für den dichterischen wert
einer so ganz der Verherrlichung der liebesidee geweihten sage ist
diese psychologische Vertiefung vom allergrössten werte, erst in
diesem Stadium vermag die sage sich recht zu der höhe zu ent-
wickeln, welche ihr den rühm gesichert hat. der höfische kunst-
dichter ist dem spielmann gegenüber im besitze eines mittels, das
für ihn quelle einer völligen neugestaltung werden konnte, aus
der kenntniss der kunstlyrik fliesst der epischen behandlung eine
fülle directer und indirecter neuer gedanken zu. so einfach an
und für sich die mittel der liebeslyrik sind, so sind sie doch einer
unglaublichen modulation und variirung &hig und werden immer
auf den leser einen zauber auszuüben vermögen, ich will hier
nur beispielshalber zwei falle herausgreifen, aus denen hervorgeht,
wie die herrschenden, typischen anschauungen in die lyrischen
partieen übergehen konnten. Cambridger fragmente: «nos cors
partir ore convient, mais Tamor ne partira nient." Michel II,
p^. 58, 1241 „noz cors feseient desevrer, mais Tamur ne porent
oster ''. dieser gedanke ist sehr viel variirt, belege aus der lyrik
bei Mätzner, afz. gedichte pag. 132. Michel II, pag« 89
melz volt murir a une faiz ke tut dis estre si desiraiz, e melz
volt une faiz murir ke tut tens en peine languir; belege dieses
gedankens aus der lyrik Mätzner a. a. o. pag. 146. es soll damit
nicht gesagt sein, dass derartige stellen aus gedichten entlehnt
seien, so wenig wie entsprechende stellen, die sich in der proven-
9alischen, altitalienischen, altfranzösischen und mittelhochdeutschen
dichtung finden, notwendig directe Übersetzungen sind, aber es ist
die genaue bekanntschaft des dichters mit solchen
geistesproducten, welche ihn befähigt, selber in
ähnlicher richtung tätig' zu werden, und solches ist
bei Thomas in ganz bedeutendem maasse der fall, die spielmanns-
version vertritt eine ganz fatalistische auffassung der tatsachea:
— 111 -
der trank wird geirunken und alle schuld und Verantwortung fclllt
einzig auf ihn zurück, dessen sind sich die liebenden auch sehr
wol loewusst. die arge äusserlichkeit der auffassung zeigt sich
darin, dass die Wirkung des trankes sich nur auf eine gewisse zeit
erstreckt, im. franzosischen texte Michel I, 2107, 2110 — 1, 2115
nur auf drei, nach Eilhart 2283, 2288 auf vier jähre, nach dem
Thomasgedichte aber (Tristramsaga pag. 56, 10 f. Gottfried
12185 f.) verstrickt minne alle sinne derartig mit kraft, «daz si
unerloeset wären in allen ir jären^. höchst unpoetisch ist es, dass
während des waldlebens die liebenden für die macht ihrer liebe
sich entschuldigen und busse tun, cfr. 1346 sire par foi, que ele
m'aime en bone foi vos n^entendez pas la raison qu'el m'aime c'est
par la poison. ge ne me puis de He parter. 1376 sire por Deu
omnipotent, il ne m^aime pas, ne je lui fors par un herbe dont
je bui et il en but ce fut pechiez.* da klingen die worte Tristans
bei Gottfried 12498 — 12506 denn doch anders, sehr bedeutsam
wird der unterschied bei der Schilderung des waldlebens, im fran-
zösischen texte M i c h e 1 I, 1239-1266, 1315-1394, 1491 — 1799.
es werden hier allerlei dinge erzählt, aber die Schilderung des
liebesglücks ist sehr dürftig ausgefallen 1328: aspre vie meinent
et dure. tant s^entr'aiment de bone amor Tun por Tautre ne seut
dolor. =s Eilhart 4546 sie hätin ein leben herte in dem wilden
walde her unt die schone Isälde. idoch was in daz ein kinder
spei, wan sie hätin da bl vroude vel von der grözen minne. durch
das gerade hier urgirte hervortreten der äusserlichkeit des trank-
motives wird die scene noch viel trockener und dürrer, dem
gegenüber halte man das prächtige gemälde des minnelebens im
walde bei Gottfried, das, wenn auch teilweise von Gottfried ver-
schönert, doch in der hauptsache als die Schöpfung des Thomas
zu bezeichnen ist. die Vorgeschichte der eitern Tristans war in
der spielmannsversion ebenfalls vorbanden, wurde aber mit einem
sehr kurzen berichte abgefertigt, im französischen prosaromane
ist sie ganz entstellt, eigentlich weggefallen und durch anderweitige
erfindungen ersetzt, bei Thomas erscheint sie in breitester aus-
führung und zumal hier ist das lyrische dement mehr als sonst
irgendwo hervortretend, dieses Vorspiel erfüllt vom ganzen minne-
zauber und doch in seinem ausgange tief ergreifend und tragisch
— 112 —
ist für den poeidschen gesammteindruck der Tristansage von der
grössten bedeutung. vielleicht auch darf nicht bloss die neue
schöne form, in der der stoff erscheint, als des Thomaa werk
betrachtet werden, sondern wurde yon ihm zuweilen auch ein zug
enisprechend mit absieht umgeändert, in der spielmannsTersion
findet eine Vereinigung zwischen Tristan und Isolde Weisshand
am ende dennoch statt, cfr. Eilhart 7072—3, Ulrich pag. 574 — 5,
Heinrich 5962 — 72. in der Thomasversion, wo Tristan sich die
bUdniase seiner geHebien anfertigen U.B8, winl nirgends erwähnt,
dass die andere Isolde^) wirklich seine frau geworden wäre, das
verhältniss gewinnt ungemein an idealem gehalte, wenn Tristan
der blonden Isolde die treue wahrt. ^) in denjenigen scenen,
welche sich gleichmässig in beiden hauptversionen finden, ist bei
Thomas in wort und ausdruck alles derbe und anstossige fast
durchweg getilgt worden, und einem verfeinerten, edleren ge-
schmacke rechnung getragen, die bewunderungswürdige feinheit
und decenz im ausdrucke Gottfrieds (Heinzel, ztsch. f. österr.
gymnasien 1868, pag. 548—9) hat er wol auch zum grössten
teile seinem Vorbild entnommen, auffallend ist der merkwürdig
rohe von Isolde gebrauchte ausdruck Michel II, pag. 13, 273
le nes vus en deust trencher. aus solchen ausdrücken, die auf
eine niedere Sphäre hinweisen, aus den versen 1379—1406, welche
die politische und mercantile Stellung Londons schildern, aus dem
verhältniss des kürzeren Douce 1811 — 1818 gegenüber Sueyd 638
bis 681, glaubte Heinzel auch hier auf ursprüngliche einzelne
teile schliessen zu dürfen, auf zwei hauptstücke.. Röttiger, der
1) cfr. Michel II, pag. 159, 1253:
itant aim Ysolt la räine
qua vostre serur remaint mecbine.
^) ein sehr interessanter unterschied tritt auch am Schlüsse hervor,
in der spielmannsversion sagt Isolde einfach, das segel ist schwarz E. 9378 ff
es wurde in der quelle eben einfach die tatsache erzählt, es war ein irrfcum,
wie in der Theseussage. dagegen handelt in dem Tfaomasgedicht Isolde
aus eifersucht. auch Ulrichs und Heinrichs vorlagen scheinen sich auf dem
standpnncte der spielmannsversion befunden zu haben, wenigstens drückt
sich Heinrich 6368 ff. sehr vorsichtig aus. der französische roman, der ja
aber in bezug auf den schluss ein sehr junges machwerk ist, hat ein ähn-
liches motiv wie das Thomasgedicht verwertet.
~ 113 —
der Tristran des Thomas pag. 10 ist bezüglich des zuletzt ei*-
wähnten puuctes, nemlich bezüglich des Verhältnisses der yerse
in Sneyd und Douce entgegengesetzter ansieht, dass Douce gegen-
über Sneyd kürzte, nicht dass Sneyd die wenigen worte von
Douce breiter ausgeführt habe, man dürfte sich am ehesten der
ansieht zuwenden, dass die verschiedenen redactionen des Thomas-
gedichtes in ungleicher weise unter dem einflusse der spiel-
mannsversionen standen und mehr oder weniger residua von den
letzteren enthielten. über die arbeitsweise des Thomas hat
sich bereits Heinzel pag. 376—7 dahin ausgesprochen, dass
der plan der erzählung ein viel einheitlicherer sei
als bei Berol, wenn gleich auch hier noch einzelne episoden
sich auslösen, zu einer straif gegliederten, vollkommen organischen
und logischen einheit der handlung hat es die Tristansage aber
auch hier nicht gebracht, solches ist in der mittelalterlichen
litteratur überhaupt nur sehr selten anzutreffen, es fehlte dem
dichter an der hiezu nötigen kraft der subjectiven energie, welche
sich über den stoff stellt und ihn nach strengen regeln bemeistert,
wenn wir die von K öl hing angestellten Untersuchungen über das
gegenseitige verhältniss der drei hauptbearbeitungen, die aus der
Thomasversion geflossen sind, ins äuge fassen, so ergibt sich, dass
trotz vielen und nicht unbedeutenden differenzen
doch das ganze episode für episode, zug um zug
stimmt, nirgends Verwirrung der reihenfolge ein-
riss, welche auf die vorläge zurückzuführen wäre,
es sind drei redactionen eines und desselben ge-
dichtes, es begreift sich, dass bei einem so beliebten thema
ein grosses .gedieht sehr oft abgeschrieben und bearbeitet wurde
und dass bei solchem verfahren eine anzahl von abweichungen
sehr wol erklärlich sind, es besteht aber ein ganz ungeheurer
unterschied zwischen den aus der Thomasversion und den aus der
spielmannsversion geflossenen bearbeitungen. auch wenn wir den
bear heitern der letzteren noch so viel freiheit zugestehen wollten,
so werden sich doch die werke niemals auch nur annähernd unter
einem ähnlichen gesichtspuncte vereinigen lassen, wie die der
Thomasversion, eben weil hier kein bestimmter ausgangspunct
vorliegt, auf grund des allgemeinen Stoffes der spiel-
Golther, Tristan. 8
~ 114 -
mannsyersion haben sich mehrere einzelne, bearbei*
tungen entwickelt: von dem gediohte des Thomas aber
gab es zahlreiche redactionen. es begreift sich hieraus,
warum wir von einer version des Thomas sprechen
müssen, weil sie eben in einem sehr individuell ausge-
prägten gedichte besteht, dagegen können wir die
andere Version der Tristansage nur ganz allgemein als
die spielmannsversion bezeichnen, weil in ihr kein in-
dividueller kunstdichter schöpferisch aufgetreten ist.
Thomas ist unstreitig der bedeutendste name, dem wir be-
gegnen, sein werk muss als ein bahnbrechendes und zugleich
sehr vollendetes kunstwerk betrachtet werden, wenn wir die
gedichte als solche neben einander halten, dann muss man freilich
Gottfried vor Thomas den preis zuerkennen, aber seine aufgäbe
war auch eine viel leichtere, da ja die vorli^^e bereits vollendet
war. den process, welchen Thomas mit seiner vorläge vornahm,
dieselbe dichterische Verarbeitung liess dann Gottfried seinerseits
dem Thomas angedeihen. bei zweifacher läuterung muss noch
reineres und klareres gold aus dem tigel fliessen.
E^ war im französischen noch eine bearbeitung der Tristan-
sage vorhanden, die ähnlich dem Thomasgedichte den Stempel eines
individuellen dichters, Chrestien von Troyes trug.
In der einleitung zum Gliget (bei Holland, Gbrestien von
Troyes, eine litteraturgeschichtliche Untersuchung, Tübingen 1854)
sagt er: eil, qui jßst d'Erec et d'Enide — del roi Marc et d'Ysalt
la blonde mscr. Gange 73, d'Yseut la blonde mscr. 6987. in einem
liede (Holland ä. a. o. pag. 232) erwähnt er des Tristan:
ainques dou buvraige ne bui,
dont Tristans fu enpoissoiinez,
car plus me fait amer, que lui
fins cuers et bonne voulentez.
Wir finden hier die form Ysalt, entsprechend der Eilhartischen
tsalde. dieselbe begegnet auch im mscr. Bern von Tristans narrheit
Ysiaut = Ysialt. die fragmente der spielmannsversion haben Yseut^)
^) die proyenzalischen troabador haben fast alle die form Iseut; es
scheint also eine version der spielleute und nicht das Thomasgedicht unter
— 115 —
wie dos zweite manuscript des Cliget. Yseut == Yselt. es ist
unrichtig Iseult zu schreiben, wie Bessert in seiner abhandlung.
es wäre gerade, wie wenn man die form der Übergangszeit z. b. aultre
statt altre oder autre bevorzugen wollte, demnach haben wir für
die spielmannsversion zwei formen Ysalt, Yselt, Ysaut Yseut an-
zusetzen, der roman schreibt natürlich Yseult. die zweite form,
welche im Thömasgedichte erscheint, ist Ysolt oder Ysout
(im Donnez des Amanz z. b. Isoud). die formen des englischen
gedicbtes Ysonde und der Trisiramsaga Isond erfordern für deren
vorläge die lesart Ysoud; das u wurde als n verlesen, ähnlich im
englischen Bohant für die namensform Boalt, Roaut aus Hruodwalt,
Moraunt aus Morault. die namensform des Chrestiengedichtes
deckt sich also genau mit der spielmannsversion. in dem liede
zeigt sich eine sehr äusserliche, fast mechanische auffassung des
liebestrankes. hieraus sind wir zu dem Schlüsse berechtigt, dass
Chrestien von Troyes in seinem gedichte einen andern zweig der
sage behandelt hat, als Thomas, was ja auch ganz natürlich
scheint, da es doch seltsam wäre, wenn zwei dichter dieselbe
quelle und ziemlich unter denselben Verhältnissen, nemlich um
sie aus einer niederen Sphäre in die feinere, höfische, gesellschaft-
liche zu erheben, tractirt hätten, die spielmannsversion war ihrer
viel grösseren einfachheit halber nachmals besser geeignet in prosa
aufgelöst zu werden, als das formvollendete Thomasgedicht, wie
wir ja am beispiele unseres deutschen aus Eilhart geflossenen
prosaromanes ersehen, der das Gottfriedische gedieht gar nicht
berücksichtigt, in Frankreich mag dem noch der umstand zu
hilfe gekommen sein, dass auch die spielmannsversion zur höfischen
umgearbeitet wurde. Chrestien ist ein einfacherer erzähler, ein
viel weniger bedeutender dichter als Thomas, aus den Vorstufen,
die wir für seinen Tristan nachzuweisen im stände sind, zeigt sich,
ihnen bekant gewesen zu sein, nur Bartolemeu Zorgi "hat Izoi, Peire de
Corbiac Isolt. der roman de Renart Meon II, pag. 96 hat die form Iset,
was auch auf Iselt zurückgeht, es ist aber nicht zu verschweigen, dass
sich die form Yseut auch in redactionen des Thomasgedichtes belegen lässt,
cfr. oben pag. 102 anm. einmal bei Michel II, pag. 60, vers 1283 Yselt.
vielleicht nur druckfehler? — Bartsch irrt also, wenn er (Germ. Studien I, 126)
behauptet, die französischen texte kennen so wenig wie Gottfried oder seine
nachfolger die form Isalde sondern nur Isold, Isöt, Iseut, Iseult.
— 116 —
wie wenig man berechtigt ist, ihn als den eigentlichen schöpfet
dieser epen, der womöglich der keltischen idiome fähig seinen stoff
erst mühsam zusammensuchte, zu bezeichnen und es wird sich bei
den übrigen nicht anders verhalten, cfr. oben pag. 31 if. obwol
das Chrestiengedicht in directen Zusammenhang mit der spielmanns-
Version^) zu bringen ist, so darf man doch Keineswegs mit Gisli
Brynjülfsson (saga af Tristram ok Isönd, Kjöbenhavn 1878,
pag. 382 — 3) die bei Michel I abgedruckten sog. Berolfragmente
als bruchstücke des Chrestiengedichtes ansehen, erwägungen über
spräche, form und stil verbieten durchaus eine solche annähme.
Die deutschen Tristanbearbeitungen sind genugsam bekannt,
für das italienische und spanische ist nur wenig zu bemerken, und
das notwendige findet sich in der einleitung bei Michel I und
Hagen, minnesinger IV. auf die nordischen bearbeitungen wollen
wir hier anhangsweise noch einige blicke werfen, einerseits um
festzustellen, ob wir aus dem materiale nicht noch einige rück-
Schlüsse auf das französische gewinnen können, andererseits um
die eigenartige behandlung des stoiFes unter den hier obwaltenden
Verhältnissen zu verfolgen, denn während man sonst mit den
Übersetzungen sich begnügte, und nur ganz verschwindende ausätze
zu einer selbständigen dichterischen neubearbeitung des stoffes sich
zeigen, so liegen die dinge hier etwas anders, neben der Trlstram-
saga, welche eine 1226 angefertigte Übersetzung des Thomas-r
gedichtes repräsentirt, existirt noch eine zweite isländische
^) auch G. Paris (Rom. XV, pag. 699 und 602) bringt das gedieht des
Chrestien mit der spielmannsYersion in Verbindung, er hält sogar'den fran-
zösischen prosaroman für eine nachahmung desselben, man könnte auch
die frage aufwerfen, ob nicht vielleicht Heinrich, dessen gedieht ja den
andern gegenüber eine sehr bemerkenswerte feinheit aufweist, dem Chrestien-
gedicht folgte? jedenfalls müssten sich aber in derjenigen version, welche
man für Chrestienin ansprach nimmt, züge nachweisen lassen, durch welche
sie eine besondere Stellung unter den andern einnimmt, für den Lancelot
hat 'Paris (Rom. XII, 485 if.) den nachweis erbracht, dass Chrestiens gedieht
in den prosaroman verarbeitet wurde, während man früher irrtümlich die
prosa für die quelle hielt, aber beim Tristan liegen die Verhältnisse etwas
anders und gerade der in frage kommende teil, der schluss, erregt insofern
bedenken, als er sich fast ganz mit Eilhart deckt. Chrestien müsste die
vorläge Eilharts oder eine sehr nah verwandte darstellung bearbeitet haben.
— 117 —
Tristansage, welche Bry njülfsson annaler for nordisk oldkyndighed
og historie 1851, pag. 4 fF. edirt hat. die handschrift stammt
aus dem XV. Jahrhundert, und die sage selbst ist jedenfalls eine
sehr späte bildung. ein kurzer vergleich zeigt, dass die stofflich
übrigens sehr abweichende sage auf die norwegische Übersetzung
zurückzuführen ist und der gedanke ganz fern gehalten werden
muss, als hätten wir es auch hier mit einer Übersetzung zu tun,
welche uns einen sonst nicht bekannten zweig vermittelt. Tristans
njutter heisst Blenzibly, was aus Blensinbil der saga hervorgieng;
der name Bringven erscheint in einer richtigeren form und dadurch
erweist sich Bringvet der saga als offenbarer fehler, den die vor-
läge des isländischen werkes nicht enthielt, bei Thomas lautet
die form Brengien,^) im englischen gedieht Brengwain und Bring-
wain. Biring erzieht Tristan, er wird geraubt und an einen
mächtigen vikinger verkauft, der ihn endlich an der küste von
England aussetzt. Biring, der seinen pflegesohn in vielen ländern
gesucht hat, kommt als bettler nach England und wird von Tristram
mit grosser freude aufgenommen, dies entspriclit vollkommen der
geschichte mit Hröaldr-Rual und kommt in der spielmannsversion
überhaupt nicht vor. am Schlüsse bittet ein zweiter Tristram aus
Jakobsland den helden um hilfe gegen seine sieben brüder. es
ist demnach der schluss der Thomasversion, nicht das abenteuer
mit Nampotenis. die Umarbeitung wurde sehr frei und flüchtig
gemacht und der bearbeiter hat aus eignem ermessen hie und da
rein erfundene züge hinzugefügt, der Tristan feindliche marschall
in Irland wird Kaei genannt, aus nordischer sage ist der zug,
dass der wunde Tristan seine 60 schiffsgenossen mit einander
kämpfen lässt, bis nur er . allein noch am leben ist. die schwarze
Isolde ist die Schwester der jarle Sigurdr und King, es macht
den eindruck, als ob der bearbeiter stellenweise rein nur nach
dem gedächtniss gearbeitet habe, die ereignisse der beiden reisen
Tristans nach Irland sind bunt durcheinander gewürfelt. Tristan
wird von Engres, dem Irenkönige, der an Morolis stelle getreten
ist, verwundet, dass ein splitter in seinem haupte stecken bleibt,
das wird doch sonst überall von Morolt berichtet, nach Isoldes
^) Brenguein, Michel 11, pag. 64, 1161.
- 118 —
reinigungseid bis zum Schlüsse findet sich eine lücke, die hierher
gehörigen ereignisse sind weggefallen, derartige isländische bear-*
beitungen romantischer stoffe, welche ursprünglich iu Norwegen
übersetzt worden waren, finden sich auch sonat, cfr. Kölbing,
Germania XVII, pag. 193 — 197. wichtig aber ist, wie das Gottes-
urteil erzählt wird (Annaler p. 60): en pö bar svo til, at |»au
gengust ä möti a einu straeti, adr |)au skyldu til skfrslunnur fara.
Hildifonsus het biskup i Vallandi, sa er skirsluna gerdi. en um
dag einn |>ä er {>au ridu, |»a vard fyrir {)eim eitt mikit diki, Qk
la 1 dikinu hestr Isoddar drottnfngar; f)a kom ^ar at einn stafkarl
ok kipti henni upp ä bakkann, ok bar svo til at hon steig yfijr
hann. Ok er hon kom i Valland, |>a finnu |>au biskup, ok bad
hon sik svo skfra vera, at sa .einn stafkarl hefdi henni neer komit,
annarr enn böndi hennar, er kipti yfir dikit; ok eptir j^essi sögu
gerdi biskup henni skirslu ok verdr hon vel skir. die scene ist
also nicht so erzählt, wie sie in dem gediehte des Thomas steht,
sondern die scenerie ist eine andere und das eisentrageu föUt weg,
es ist die darstellungsweise der spielmannsversion. die scene be^
gegnet uns auch sonst in der isländischen litterätur, in der Grettis-
saga, cfr. oben pag. 14 f. noch einen zug aus der Tristansage
fanden wir in der Gaungu Rolfssaga, cfr. oben pag: 16. Hrolfr
wirbt, wie Tristan für Marke, für den jarl |>orgnyr um Ingigerd,
die später seine braut wird, auf der fahrt findet sich der inte«^
rassante zug: lägu |>au Hrolfr ok konungsdottir baedi saman hverja
nott, ok nakit sverd i milli J^eirra. Fornaldar sögur III, pag. 303«
die sagen sind zwar an und für sich zum grössten teile ganz
wertlos und erweisen sich auf den ersten blick als sehr späte pro-
ducte. jedoch behalten sie insofern bedeutung, indem aus ihnen
zu entnehmen ist, welches maass von bildung ihre verfertiger
besassen und welche romantische und andere si^en sie vor allen
benützten, der Verfasser der Gaungu-ßolfssaga hatte jedenfalls,
wie derjenige der Grettissaga kenntniss von der spielmannsversion
der Tristansage oder doch wenigstens von episoden aus derselben,
und so ist es auch beim Verfasser der jüngeren isländischen sage
vorauszusetzen, wir dürfen demnach schliessen , dass man auch
die spielmannsversion im norden neben der Übersetzung kannte,
wobei allerdings nicht auszumachen ist, ob. auch sie etwa durch
— 119 —
eine Übersetzung bekannt war, oder ob nur einzelne züge losgelöst
vom Zusammenhang mit dem ganzen in umlauf waren.
Die nordischen Volkslieder haben sich des stoffes
bemächtigt, die isländischen lieder (Islensk fomkvsedi ved Sv.
Grundtvig og J6n Sigurdsson heft I, pag. 186 — 207) ent-
sprechen der norwegischen saga cap. XCVI — CI. der todwunde
Tristan hat nach der lichten Isolde (Isodd bjarta) um heilung aus-
gesandt, blau sollen die segel sein, wenn sie naht, schwarz wenn
sie fern bleibt, ein eigener zusatz des liedes ist, dass Isolde sich
Yom könig Marke die erlaubniss zur fahrt einholt. Tristans gattin,
die schwarze Isolde (Isodd svarta) geht zu Tristan hinein und
meldet ihm, deine schiffe kommen wiederum zum lande, aber
schwarz sind die segel und nicht blau, da wandte sich Tristan
zur Seite und das herz brach ihm vor weh. unterdessen landete
die lichte Isolde, die gloeken läuteten und priester sangen über
seiner todtenbahre. Isolde neigte sieh über seiner leiche und
endete ihr leben, zu beiden Seiten der kirche werden die liebenden
beerdigt, aber hohe bäume wachsen aus den gräbern empor und
vereinigen ihre zweige über dem kirchendache. das lied ist
direct aus der saga geflossen, nur in der saga wird
Isolde Weissband Isodd svarta genannt (cfr. Eölbing, Tristram-
saga einl. pag. XVII). blau soll das segel der freude sein (bla
skulu segl ä skipinu sem hün er ä) cfr. dazu Tristramsaga cap. IG
Kardin sigldi med hvitum ok bläm seglum. im französischen
nur „le blanc sigle unt amunt traif", Michel II, pag. 79, 1700.
aus einer anderen spräche wurde das lied nicht übersetzt und
namentlich ist ein Zusammenhang mit dem gleich beginnenden
anfang (ferido esta don Tristan de una mala lancada =3= Tristran
hadi bardagann vid heidinn hund: I>ar hlaut margur blöduga und
af f>eirra fund) der spanischen romanze, an den die herausgeber
(Isl. fornkvsedi pag. 188) zu denken scheinen, entschieden abzu-
weisen, da diese letztere auf einer ganz verschiedenen sagenversion
beruht, cfr. oben pag. 90. in zweiter linie kommt ein fseröisches
lied in betracht, herausgegeben in der Tristramsaga v. G. Bryn-
jülfsson pag. 366—370, und faeresk anthologi ved. V. ü. Ham-
mershaimb, Kebenhavn 1886, pag. 216 — 222. Tistram und Isin
lieben sich, aber sein vater und seine mutter wollen sie trennen.
- 120 -
sie senden daher Tistram mit einem briefe zum könig von Frank-
reich, entweder soll er seine tochter z,um weihe nehmen, oder den
tod erleiden. Tistram weigert sich, wahrt die treue und stirbt,
darauf zieht Isin sengend ,und brennend nach Frankreich zur räche,
geht zum galgen, an dem Tistram hängt und stirbt an seiner
leiche. es finden sich hier gar keine beziehungen mehr zur eigent-
lichen sage, warum die liebenden getrennt werden sollen, ist
nicht gesagt, vielleicht auch aus dem in den dänischen liedem
genannten gründen, weil sie geschwister sind, der name Isin
erklärt sich als eine abkürzung, indem man Is-odd oder Is-olt-alt
zerlegte und an Is- die enduug -in (Katrfn Kristin) anfügte.^)
die namensform kann nur auf nordischem boden entstanden sein.
Tistram mit ausfall des r an erster stelle ist in den dänischen
liedern häufig, wir werden darum wol an entlehnung
des Stoffes durch dänische Vermittlung zu denken
haben, das heroische ende erinnert an speciell nordische sagen,
an Hagbard's und Signe's geschick. aus der norwegischen
saga und ihrer isländischen Weiterbildung ist das
lied unter gar keinen umständen geflossen, zwei
oder drei verschiedene gruppen von liedern haben wir im dänischen ,
abgedruckt in der Tristramsaga pag. 339 — 362. das erste lied,
erhalten in handschriften des XVL und XVII. Jahrhunderts be-
handelt eine Zusammenkunft der liebenden im rosengarten unter
der grünen linde, die scene selber lässt sich mit keiner der spiel-
mannsversion oder des Thomasgedichtes in directen Zusammenhang
bringen, es ist reine erfindung des Volksliedes, die überlieferten
namensformen sind Thisterum, Thistrum, Thistrun, Thistronn,
Tistrum, Thristum, Tristum, Thristronn, Thristrom. es ist dies
ohne zweifei eine reminiscenz an die stelle der Tristramsaga
cap. XVI en f pessu mäli er trist hryggr en hum er madr ok
^) das fseröische lied ist somit a\if die ganz richtige alte form des
namens gekommen, jedoch unbewusst. die Zerlegung lehnt sich an ver*
wandte namen an, vorzüglich an den in den liedern häufigen namen Is-mal.
Isin findet sich im fseröischen aber auch als masculinum, als abkürzung von
Isungr, so in den liedern, die zum Sagenkreise Dietrichs von Bern gehören,
cfr. f. anthologie ed. Hamraershaimb pag. 223 (fsin eigir eina borg) und
pag. 237.
— 121 —
var |)Yf snuit nafni bans, at fegra atkvasdi er Tristam enn Tristhum.
man hat es hier vielleicht mit einem erklärungsversuche des nor-
wegischen möncbes selber zu tun, denn im romanischen ist meines
Wissens eine solche erklärung u^nerhört. jedenfalls hat sie anklang
gefunden und ohne dass sonst eine spur übrig geblieben wäre,
einfluss auf die bildung des dänischen namens ausgeübt. Isolde
aber heisst Isallt, Issallt, Isalt, Isolt, Isoldt, Isbal (a. a. o. pag. 340
anmerk.). in der sage lautet die form Isodd oder Isond. dem*
nach weist der name auf die spielmannsversion und
zwar auf durch deutschen einfluss vermittelte,
etwa prosaische bearbeitungen des Eilhartgedichtes,
die zweite gnippe schildert, wie Tristan und Isolde, welche nach
einigen liedern geschwister sind, sich nicht finden sollen, aber
dennoch treffen sie an des kaisers hofe zusammen, frau Kritnold
will sie vergiften, muss aber den trank selber trinken, und Tristan
entführt am ende die geliebte, auch hier ist jeder Zusammenhang
mit der sage gelöst, nur noch die namen sind vorhanden, alles
andre ist erfindung und mischung mit den verschiedensten sagen-
elementen, z. b. Grimhild mit dem tränke ist eine reminis'cenz an
die Niflungensage, näheres Gisli Brynjülfsson a. a. o. pag. 333.
Von den nordischen liedern ist also nur das is-
ländische aus der Übersetzung des Thomasgedichtes
geflossen, die andern beruhen auf reiner erfindung
und stammen aus einer späteren zeit, es geht aber
aus ihnen hervor, dass unterdessen deutsche bear-
beitungen in Dänemark und auf den Faer0ern be-
kannt geworden waren, die in Norwegen angefertigten Über-
setzungen romantischer sagen sind zum grössten teil nur in
isländischen abschriften und teilweise auch bearbeitungen er-
halten, während sie in Norwegen bald verloren gegangen zu
sein scheinen, es ist daher leicht erklärlich, warum wir gerade
ein isländisches lied aus der Übersetzung hervorgehen sehen,
noch in isländischen märchen zeigt sich deutlich eine
erinnerung, wenn auch nur in den erhaltenen namen. der stoff
gehört zu den märchen* von den bösen Stiefmüttern, bei Jon
Arnason, islenzkar fjodsögur og aefintyri II, pag. 315 und 320
finden sich zwei märchen: sagan af Fertram og Isöl björtu, die
- 122 —
nebenbulerin heisst fsöl blakka; und sagan af Tistram og Isöl
björtu; hier heisst die nebenbulerin Isöta svarta. Fertram ist nur
eine rariante, wie aus der anmerkung pag. 319 hervorgeht: fl|)vi
ymist er hün köllud, eins og her, eda sagan af Isöl björtu og
Isol svörtu, eda af Fertram og Isoddu, eda Tistram og Isöl björtu,
eda Tistram og Isoddu, og mun päd alt vera sama sagan. ^
Ein blosses spielen mit den hochberühmten namen geht schon
in ältere zeit hinauf, indem in der |>idrekssaga^) cap. 281 der
jarl Harpengn eine frau hat mit namen Isold oder Isodd, ihr söhn
heisst Tistram, Tristram oder Tilstram.
Noch bleiben zwei neuere erschein ungen zu besprechen,
dänische prosaromane. cfr. darüber auch E. Nyrop,
Romania VIII, pag. 280 — 1. für die sagengeschichte bieten die
romane wenig interesse. es ist nur von interesse, zu beobachten,
wie der stoflf noch einmal wahrscheinlich erst im letzten jähr*
hundert von Deutschland aus in die dänische spräche übergieng.
die notizen über ausgaben verdanke ich einer gütigen mitteilung
-Kälund's aus Kopenhagen, das eine der dänischen Volksbücher,
das bis in die jüngste zeit aufgelegt wurde (Kopenhagen 1857),
trägt den titel: historie om herr Tristan og den smukke Isalde,
som oplevede stör glöde med hinanden, og hvorledes de fik en hei
s0rgelig ende, das erste capitel trägt die aufschrift: hvorlunde
kong March af Kumeval formaeles sin s0ster Blankeflor med kong
Ribalin af Leonois. es ist dies eine Übersetzung des deutschen
prosaromanes. an zweiter stelle kommt ein Volksbuch zu nennen,
das auch noch bis in die jüngste zeit aufgelegt wurde (Kopen-
hagen 1876, Bergen 1879), mit dem titel: en tragisk historie om
den sedle og tappre Tistrand, Hertugens s0n af Borgundien, og
den skj0nne Indiana, den störe Mogul keyserens datter af Indien,
die ersten ausgaben scheinen vom ende des vorigen Jahrhunderts
zu datiren und das ganze elaborat wird nicht früher gesetzt werden
dürfen, ^les noms et les lieux de la scene sont ainsi fortement
defigures, mais neanmoins notre recit suit tres bien dans tous les
^) cap. 417 ff. führt Hertnid's gattin ebenfalls den namen Isold. die
erklärung Sarrazins ztschr. f. vergl. litteraturgesch. bd. 1, 1887, pag. 265 — 6,
welche hierin mehr als ein blosses äusseres spiel des zufalls mit den namen
erkennen will, kann ich nicht annehmen.
— 123 —
details les versions primitives et semble se rapproeber tantöt de
Thomas, tantöt de Berol Nyrop a. a. o. 281. das Volksbuch
schliesst sich aber vollständig an den roman an. einige züge sind
weggefallen, z. b. das haar, das die schwalbe bringt, aber trotzdem
sind worte und scenen, die nur auf dieser basis eigentlich ver-*
ständlich sind, stehen geblieben, z. b. prosaroman (6d. Pf äff
pag. 32): und die weil er also in dem bad sass und die fraw vor
ym umgieng, gedacht er bey dem har, das er mit ym gefürt het,
das sy die fraw wer, die er s&chte, und ward io ym^selbs schmollen,
des nam die schön Isald war, und gedachte; wes lachet dieser?
ich weiss doch nichts, das ich geton hab. aber ich solt ym sein
Schwert haben gewischte, im dänischen Volksbuch (ausg. von 1792,
pag. 28): og som hun stod og ordinerede alle ting, taenkte Tistrand
ved sig selv, om hun vidste, at jeg er den, der draebte Kunchin,
fik jeg ikke saa stör opvartning, og med det samme loe han. auf
dieses hin holt auch hier Indiana das scbwert. also es ist nur ein
anderer grund unterschoben, züge der geschmacklosesten und
albernsten erfindung sind häufig, aber am ärgsten ist die mora-
lisirende tendenz; tugend überwindet alles, auch die liebe, das ist
der grundgedanke des Verfassers, niemals geniessen Tistrand und
Indiana auch nur im geringsten einen Schimmer von liebesglück.
es ist im höchsten grade lächerlich und absurd, wie alle scenen
des Eilhartgedichtes (am Schlüsse finden sich aber grosse kürzungen)
erzählt werden und dabei die liebe, das einzig lebende und treibende
motiv der sage, eliminirt wird, nur einmal zeigt sich auch be-
kann tschaft mit der höfischen version, indem nach der Verurteilung
und dem waldleben auch noch die eisenprobe erzählt wird. Tistrand
muss als gottesurteil einen kämpf mit wilden thieren bestehen!
das Gottesurteil passte natürlich der tendenz "sehr gut, denn die
vollkommen reinen und schuldlosen werden dadurch wunderbar
gerechtfertigt, man darf also nicht etwa an einen durch irgend-
welche Zwischenglieder vermittelten Zusammenhang mit der Berol-
version denken, wo ja auch Verurteilung und reinigungseid ver-
einigt sind, abgesehen von allem andern ist es hier die eisenprobe,
dort aber nur der reinigungseid.
Der poetische wert der Tristansage, welcher sie weit über
die gewöhnlichen ritterromane, einen Iwein, Erec etc. stellt, liegt
— 124 —
in dem glücklichen umstände beschlossen, dass wirklich ein grund-
gedanke, die liebe, durch das ganze sich hindurchzieht, so konnte
es gelingen, die ganz willkürlich und zufällig zusammengeraffte
menge Ton einzelnen abenteuern und episoden zu einer wirklichen
einheitlichen dichtung zu vereinen und der sage somit einen
bleibenden poetischen wert zu sichern, während die übrigen romane
des bretonischen kreises, soweit sie nicht gerade dem ernsteren
genre der Gralssage angehören, hierauf keinen anspruch machen
können, die episodßn können einzeln interessiren, aber in der
gesamtheit sind sie gehaltlos.
Akademische Buchdruckerei von F. Straub in MQnchen. ^ ^^
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MAR 1 1965
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